Patenschafen brauchen Netzwerke – wie kann das funktionieren?

1:1! Im Sport ist dies ein enttäuschendes Ergebnis. Für Patenschaften ist es ein bewährtes Erfolgskonzept: Menschen sind ganz direkt für Andere da – begleiten sie zur Ausländerbehörde, zum Spielplatz oder in die Oper. Patenschaften wirken. Und Patenschaften haben viele Gesichter. Weil die Beziehungen so persönlich und vielfältig sind, brauchen sie professionelle Unterstützung. Und zwar nicht nur durch ein Projekt – sondern von Vielen. Mehr Netzwerke wagen, lautet deswegen unsere Devise für die neue Projektphase von openTransfer #Patenschaften!

Seit 2017 setzen wir uns für Paten- und Mentoringprojekte ein. Mit dem Fokus auf Projekte mit und für Geflüchtete, waren wir in Ostdeutschland unterwegs, um mit Barcamps, Online-Seminaren, Workshops, einer Expedition und einem E-Book die Vernetzung, Verbreitung und Qualifizierung von Projekten zu unterstützen. Ein Highlight war unser Barcamp im Dezember 2018 in Berlin:

In zwei Jahren openTransfer #Patenschaften haben wir beeindruckende Projekten und innovative Ideen kennen gelernt. Wir haben Organisationen getroffen, die Ressourcen teilen und gegenseitig von Kooperationen profitieren. Doch wir haben auch gemerkt: Es geht noch mehr!

Dies zeigt auch eine Wirkungsanalyse, die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt wurde. Dort gaben 46 Prozent der Befragten an, dass ihnen die Konkurrenz unterschiedlicher Projekte und Träger vor Ort Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Freiwilligen mache. Konkurrenz ist verständlich, kann aber auch dazu führen, dass Projekte die Chance verpassen, gemeinsam weiter zu kommen. Sei es dadurch, dass sie sich Räume teilen oder gemeinsame Qualifizierungen anbieten – oder sich in Netzwerken zusammenschließen.

Netzwerke lohnen sich

Dort, wo kooperiert und vernetzt wird, zeigt sich: Es lohnt sich! Um Paten-, Mentoring-, und Tandemprojekte langfristig zu stärken, setzen wir mit unserer Arbeit dieses Jahr einen Fokus auf Netzwerke und Kooperationen. Wir wollen gute Beispiele aufzeigen, vorhandene Strukturen unterstützen und dort, wo es noch keine Netzwerkstrukturen gibt, dazu anregen, solche zu gründen. Außerdem erweitern wir unseren Projektschwerpunkt regional und inhaltlich – ab 2019 setzen wir uns deutschlandweit und für alle Paten-, Mentoring und Tandemprojekte ein.

Gute Beispiele gibt es viele – an welchem orientiere ich mich?

Mentoring und Patenschaften bewähren sich seit der Odyssee, in der Telemachos, Sohn des Odysseus, von Mentor beraten wurde. Telemachos ist nun der Name eines überregionalen Fachnewsletters des Netzwerks Berliner Kinderpatenschaften. Doch trotz altbewährter Wirkung der 1:1-Beziehungen haben sich Netzwerke erst in den letzten Jahren etabliert.

Das liegt unter anderem daran, dass es immer mehr Patenprojekte gibt. In den letzten Jahren sind mehr Geflüchtete nach Deutschland gekommen, die nun eine Patenschaft oder Mentoringbeziehung eingehen möchten. Doch auch für andere Zielgruppen gibt es zahlreiche neue Initiativen: Alleine die Projektdatenbank der Aktion zusammen wachsen zählt inzwischen 900 Projekte deutschlandweit.

So wird immer deutlicher: Ohne Netzwerke geht es nicht. Die gegründeten Netzwerke sind so unterschiedlich, wie die Projekte, die zu ihnen gehören. Mal klein, mal groß, mal mit hauptamtlicher oder ehrenamtlicher Koordination, auf eine bestimmte Patenzielgruppe festgelegt oder übergreifend – es gibt viele Modelle und viele unterschiedliche Wege zum Erfolg.

Eines der ersten Netzwerke war das Brandenburger Netzwerk Gesunde Kinder, das 2006 ins Leben gerufen wurde, um Familien in Brandenburg zu unterstützen. Unter Schirmherrschaft und Finanzierung des Bildungsministeriums in Brandenburg ist das Netzwerk in 20 weitere Regionalnetzwerke untergliedert. Auch an anderen Orten entstanden große Netzwerke: Wie die Familienpaten Bayern, die an über 40 Standorten wirken.

Doch auch kleine Zusammenschlüsse können eine große Wirkung entfalten: Gemeinsam in Wiesbaden, beispielsweise, vernetzen nur sieben regionale Projekte, die Tandems für Geflüchtete vermitteln. Neben großen, landesweiten Netzwerke, haben sich auch in kleineren Städten, wie auch in Ratingen oder Rüsselsheim, Zusammenschlüsse gebildet, um Patenschaften zielgerichtet zu unterstützen.

Graswurzelnetzwerk oder Regelfinanzierung von Anfang an

Auch in der Gründung und Finanzierung der Netzwerke zeigt sich die Vielfalt, mit der Vernetzung möglich ist: Während das Netzwerk Berliner Kinderpatenschaften 2012 aus einem ehrenamtlichen Stammtischen heraus entstand und seine Arbeit immer noch ohne Regelfinanzierung stemmt, arbeitet der Hamburger Mentor.Ring seit Langem hauptamtlich. 2008 fand auf Initiative der Ehlerding Stiftung ein erstes Treffen statt, seit 2009 organisiert der Mentor.Ring den Fachkongress „Hamburger Mentoring-Tag“. Andere Netzwerke sind bei kommunalen oder landesweiten Regierungsorganisationen oder bei Freiwilligenagenturen angedockt. Ein Beispiel ist das Patenschaftsnetzwerk Halle, das seit 2011 von der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V. koordiniert wird. Wieder andere Netzwerke, wie der Runde Tisch Patenschaftsprojekte in Marburg, wurden von einzelnen Projekten ins Leben gerufen, die sich dachten: Wir brauchen dringend mehr Austausch.

Inspirationen – auch über Landesgrenzen hinweg

Seit ein paar Jahren werden Paten-, Mentoring- und Tandemprojekte auch durch bundesweite Programme unterstützt, zum Beispiel durch die Aktion zusammen wachsen. Diese unterstützt seit 2008 Patenschafts- und Mentoringprojekte für Kinder und Jugendliche und ist beim Bundesfamilienministerium angesiedelt. Seit drei Jahren fördert das Ministerium außerdem Projekte finanziell – innerhalb von zwei Jahren konnten von den Projekten im Bundesprogramm Menschen stärken Menschen über 50.000 Patenschaften vermittelt und begleitet werden. Ein Erfolg, der weitergeführt werden soll: Jetzt hat das Programm seinen Schwerpunkt erweitert und fördert nun Chancenpatenschaften, um besonders Kinder und Jugendliche zu unterstützen und für mehr Teilhabegerechtigkeit zu sorgen.

Auch ein Blick über die nationalen Grenzen inspiriert zur Gründung eigener Netzwerke. Zum Beispiel der Blick in den angelsächsischen Raum, wo das Konzept des Mentoring viel weiter verbreitet ist, als in Deutschland. Dort haben sich Organisationen sogar landesübergreifend zusammengeschlossen: Zum Befriending Network, das über 170 Mitgliederorganisationen in Schottland und England umfasst. In Deutschland ist das noch Zukunftsmusik.

Angebote von openTransfer #Patenschaften: Beratungen und Schulungen

Gute Beispiele für Netzwerke gibt es viele – wir möchten diese Ansätze sichtbar machen und unterstützen. Mit altbewährten und neuen Formaten unterstützen wir Sie mit openTransfer #Patenschaften auch in diesem Jahr. Am 27. Februar 2019 beginnen wir mit Expertenchats. Unter dem Namen „digital diskutiert“ laden wir Expertinnen und Experten ein, um Ihre Fragen zu ganz unterschiedlichen Themen im Bereich Patenschaften und Mentoring zu beantworten. Der Expertenchat bietet direkte Beratung und Austausch ohne hohe Anfahrtskosten. Außerdem planen wir auch in diesem Jahr wieder Online-Seminare ein, in denen Praktikerinnen und Praktiker Einblicke in verschiedene Themen der Projektarbeit geben.

Gute Beispiele zeigen und verbreiten

Dürfen wir vorstellen: Gute Beispiele! In unserem Online-Magazin präsentieren wir nicht nur Best Practices der Netzwerk- und Kooperationswelt, sondern bieten Paten- und Mentoringprojekten auch ganz praktische Tipps für Ihre Arbeit. Ab Sommer 2019 können Sie in das Magazin hineinlesen.

Wer neben lesen auch reisen möchte, ist außerdem herzlich eingeladen, an unserer Expedition teilzunehmen und Paten- und Mentoringprojekten in einer anderen Stadt über die Schulter zu blicken. Zwei Tage des Austausches, des voneinander Lernens und der Kooperation. Die Expedition findet voraussichtlich im Herbst 2019 statt. Und natürlich gibt es kein Jahr ohne ein openTransfer CAMP! Auch das ist für den Spätsommer geplant. Um über unsere Projekte auf dem Laufenden zu bleiben, tragen Sie sich bitte hier in unsere Mailingliste ein.

Was macht eine gute Patenschaft oder eine gute Kooperation aus? Welche Vorteile haben Sie durch Kooperationen und Netzwerke? Was sind die Herausforderungen? Teilen Sie es gerne hier:

 

Nora Lassahn

Nora Lassahn betreute als Projektmanagerin die openTransfer Akademie und die openTransfer CAMPs. Sie studierte Literaturwissenschaft und Publizistik in Berlin und Verona. Während des Studiums arbeitete sie beim Bündnis für Demokratie und Toleranz, der Einstein Stiftung Berlin und verbrachte ein Semester beim UNHCR in Malaysia. Anschließend verschlug es sie nach Norddeutschland, wo sie die Öffentlichkeitsarbeit eines Netzwerks zur Arbeitsmarktintegration beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein gestaltete.

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