Pro bono – da tut sich was

Das Prinzip pro bono schickt sich an, in den nächsten Jahren auch in Deutschland an Fahrt zu gewinnen. Wir sprachen per Skype mit Armin Pialek von der BMW Stiftung Herbert Quandt in San Francisco. Er hatte ein halbes Jahr lang der Taproot Foundation über die Schulter geschaut, dem aktivsten Treiber in Sachen pro bono weltweit.

 

Herr Pialek, warum sind Sie bei der Taproot Foundation in die Lehre gegangen?

Aaron Hurst hat mit der Taproot Foundation eine beeindruckende Organisation auf die Beine gestellt. Sie vermittelt Berufstätige aus ganz unterschiedlichen Bereichen an Non-Profit-Organisationen, damit diese dort kostenlos an ganz konkreten Projekten arbeiten. Vorher läuft ein komplexer Prozess ab, der sicherstellt, dass man die richtigen Leute an die NGOs vermittelt. Auf diese Weise werden von 100 initiierten Projekten derzeit 98 erfolgreich abgeschlossen.

In Deutschland ist die BMW Stiftung Herbert Quandt seit 2012 dabei, das Thema pro bono nach vorn zu bringen. Was es bisher in Deutschland nicht gibt: eine ähnlich effiziente und fokussierte Mittler-Organisation wie Taproot, die ehrenamtliche Fachkräfte mit Non-Profits zusammenbringt. Was lag da näher, als von Taproot zu lernen?

 

Armin

Was haben Sie bei Taproot gelernt?

Zuerst einmal bekam ich die Chance, die Arbeit von Taproot ganz genau kennenzulernen. Ich ging 2012 quasi als Spion in das New Yorker Büro und wollte wissen: Wie werden die Leute qualifiziert? Wie werden die Freiwilligen gemanagt? Wie genau funktioniert das sogenannte Scoping, also die Bedarfsanalyse bei den NGOs? Beim Scoping wird ganz genau geguckt, was die Organisation eigentlich braucht. Oft wird am Anfang nach professionellen Fundraisern gefragt. Wenn man dann ein wenig bohrt, warum das Fundraising nicht funktioniert, kommt man aber auf ganz andere Bedarfe. Man merkt, dass es eigentlich an einem Organisationsentwickler oder einem Grafiker fehlt, der die Werbematerialien überarbeitet. Neben der Bedarfsanalyse werden beim Scoping auch Lösungswege unter Verwendung von Pro-bono-Ressourcen aufgezeigt.

Die Taproot Foundation ist die Blaupause für eine deutsche Pro-bono-Agentur?

Sicher nicht in dem Sinne, dass in Deutschland die Taproot Foundation „nachgebaut“ wird. Dennoch fließt das, was ich kennengelernt habe, mit ein bei der Gründung der ganz jungen „Initiative pro bono für Deutschland — Proboneo“. Geleitet wird das Projekt von Claudia Leißner. Das Seed-Funding kommt von der Phineo gAG, der Auridis gGmbH sowie von der BMW Stiftung Herbert Quandt. Zunächst einmal wurde hier Wissen zum Thema pro bono zusammengetragen und strukturiert. Dann ging es an die Ansprache von Unternehmen und mit diversen zivilgesellschaftlichen Akteuren wie UPJ, startsocial, der bagfa und vielen Non-Profits, um ein Gefühl für den Markt kriegen. Alle Leute, mit denen wir gesprochen habe, waren begeistert von der Idee, dass ein funktionierendes Pro-bono-System entwickelt wird. Die Robert Bosch Stiftung ist der erster Kunde der Initiative. Einige der 150 Organisationen, die zum 150. Geburtstag des Stifters ausgewählt wurden, werden Pro-bono-Dienstleistungen in Höhe von mehreren Tausend Euro erhalten. Weitere Partner, um die Initiative voranzubringen, sind übrigens gern gesehen.

Wie sieht es mit den globalen Plänen aus?

In der BMW Stiftung Herbert Quandt gab es die Überlegung, dass man eine Mittler-Organisation nicht nur in Deutschland braucht, sondern in vielen Ländern. Zusammen mit der Taproot Foundation wurde deshalb 2012 der erste Global Pro Bono Summit durchgeführt. Auf dieser Veranstaltung, die im Frühjahr 2014 in San Francisco wiederholt wird, entsteht gerade ein internationales Netzwerk von Pro-bono-Intermediären. Dort geht es um Fundraising, Bedarfsanalysen, Methodiken, Wirkungsmessung, Skalierung und vieles mehr. Dieser verstreute Erfahrungsschatz wird nun allmählich gehoben und systematisiert. Man muss das Rad schließlich nicht immer wieder neu erfinden. Die vielen Anfragen aus aller Welt bestätigen uns, dass es eine große Bereitschaft gibt, das Thema pro bono voranzubringen. Viele dieser Anfragen landen derzeit bei mir. Es ist dringend nötig, dass wir eine Datenbank aufbauen, in der alle wichtigen Informationen enthalten sind, um mit einer Mittler-Organisation zu starten. Dass ich den Summit mitorganisiere, ist auch der Grund, warum Sie mich gerade in San Francisco erwischen.

Die Fragen stellte Henrik Flor, Stiftung Bürgermut

 

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Henrik Flor

Diplom-Politologe, absolvierte nach dem Studium ein Verlagsvolontariat und betreute danach für eine Kommunikations-Agentur verschiedene Kunden aus der Buchbranche. Er leitete bis 2021 den Bereich Redaktion & Konzeption bei der Stiftung Bürgermut, baute dort das digitale Engagement-Magazin Enter auf und war von Anfang an bei der Entwicklung von opentransfer.de dabei. Nach einer Station bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, leitet er die Kommunikation bei der Stiftung Bürgermut.

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