Teach First – Bildungsprogramme verbreiten trotz Föderalismus

„Teach First“ ist ein Angebot an herausragende Uni-Absolventen geben: erst unterrichten, dann der eigentliche Karrierestart. Entstanden in den USA, schickt das Programm in Deutschland seit 2009 Fellows an so genannte Brennpunktschulen, also dorthin, wo besonders viele Schülerinnen und Schüler von Bildungsungerechtigkeit betroffen sind. Überzeugungsarbeit muss auf unterschiedlichen Ebenen in der Schulverwaltung geleistet werden. Aufgrund des ausgeprägten Bildungsföderalimus‘ beginnt diese Arbeit in jedem Bundesland aufs Neue.

 

Sebastian Kummetz leitet das Regionalbüro in Nordrhein-Westfalen, koordiniert dort die weitere Verbreitung und bereitet den Sprung nach Bremen vor. Er erzählt, dass – im Gegensatz zum Qualifizierungs- und Begleitprogramm für die Fellows – bei der Verbreitung keine Standardisierung möglich ist. In jedem Bundesland gilt es, die richtigen Ansprechpartner zu identifizieren, alle Stakeholder zu informieren, zu überzeugen und für sich zu gewinnen. Ein Social Franchise wäre aufgrund der fehlenden Standardisierung nicht denkbar.

Als besonderes Problem hat sich herausgestellt, dass ein Programm wie Teach First im Finanzierungskanon der Schulverwaltung nicht vorgesehen ist. So müssen häufig spezielle Töpfe aufgelegt werden, was besonders aufwendig und wenig nachhaltig ist. Sehr viel einfacher ist es, bestehende Töpfe anzuzapfen wie Budgets, über die die Schule selbst verfügen kann. In diesem Fall entstehen auch weniger Verteilungskämpfe, da kein Geld der Lehrerfinanzierung angegriffen wird.

Als Erfolgsfaktoren haben sich herausgestellt:

Türöffner. Bei der Gründung von Teach First Deutschland hat sich als besonders vorteilhaft herausgestellt, dass die Gründer sehr gut vernetzt waren. Man musste nicht als „nobody“ starten, sondern hatte Zugänge zu Entscheidern in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Heute übernehmen große Förderer wie die Deutsche Post diese Rolle und unterstützen die Organisation nicht nur finanziell.

Beziehungsmanagement. Neben den Türöffnern ist es entscheidend, wichtige Entscheidungen, die etwa in Gremien fallen, akribisch vorzubereiten. Dazu gehört es vor allem,  im Vorfeld Kontakte aufbauen, alle Stakeholder mit ins Boot zu holen, Überzeugungsarbeit zu leisten.

Politische Fürsprecher. Fürsprecher in der politischen Sphäre sind wichtig, sollten aber sorgsam ausgesucht werden und über eine Mehrheit – etwa in einem Landesparlament – verfügen. Nimmt sich eine kleine Partei dem Anliegen an, kann es passieren, dass es aus rein politischem Kalkül keine Chance auf eine breite Unterstützung hat.

Transparenz. Geht man auf politische Entscheider zu, sollte die Verwaltung auf dem Laufenden gehalten und in die Überzeugungsarbeit eingebunden werden. Werden Anliegen beispielsweise regierungsseitig an die Verwaltung runtergereicht, wird die Bereitschaft gering sein, sich mit besonderem Elan der Sache zu widmen.

Denkprozesse anstoßen. Im Idealfall gelingt es, Mitglieder der Verwaltung für einen gemeinsamen Denkprozess zu gewinnen, etwa darüber, wo man Finanzierungsquellen erschließen kann. Diese kreativen Denkaufgaben mögen nicht zu den eingeübten Verfahren in der Verwaltung gehören.

Das Lehrvideo zur Skalierungsstrategie von Teach First:

Henrik Flor

Diplom-Politologe, absolvierte nach dem Studium ein Verlagsvolontariat und betreute danach für eine Kommunikations-Agentur verschiedene Kunden aus der Buchbranche. Er leitete bis 2021 den Bereich Redaktion & Konzeption bei der Stiftung Bürgermut, baute dort das digitale Engagement-Magazin Enter auf und war von Anfang an bei der Entwicklung von opentransfer.de dabei. Nach einer Station bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, leitet er die Kommunikation bei der Stiftung Bürgermut.

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