Workshop: Mentor:innen gesucht! Akquise-Strategien für Patenschaftsorganisationen

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die mentale Gesundheit des Einzelnen sowie auf die Gesellschaft und damit zusammenhängende Veränderungen, zeigen sich auch in der Patenschafts- und Mentoringarbeit. Die Akquise von ehrenamtlichen Mentor:innen und teilweise auch von Mentees ist für viele Organisationen deutlich schwieriger geworden seit Beginn der Pandemie. 

An diesem Workshop-Tag haben wir gemeinsam analysiert, inwiefern sich die Motivation von ehrenamtlich Engagierten mit der Pandemie verändert hat. Die Teilnehmenden haben sich mit anderen Koordinator:innen über verschiedene Akquise-Strategien ausgetauscht und ihre Learnings geteilt.

Dokumentation:

Impuls: Mentor:innen finden und binden – Strategien und Herausforderungen von ArbeiterKind.de

Wir befinden uns in einer Zeit des Wandels, was insbesondere die Corona-Pandemie und alle damit einhergehenden Veränderungen zutage gebracht haben. Nicht nur alles um uns herum befindet sich im Wandel, sondern auch wir selbst und wie wir unser tägliches Leben gestalten wollen. Bei vielen To-dos und stetiger Erreichbarkeit: Was macht ehrenamtliches Engagement attraktiv? Gibt es Unterschiede von früher und heute? Und wenn ja, wie müssen wir einlenken?

Lisa Maria Dziobaka von ArbeiterKind.de hat in ihrem Impuls aus ihrer Projektpraxis über eigene Akquise-Strategien, Herausforderungen und Learnings berichtet.

Zunächst hat Lisa einen Einblick in die Organisation ArbeiterKind.de gegeben. Die Organisation wurde 2008 als Internetportal gegründet und hat sich seitdem zur deutschlandweit größten Organisation für Studierende der ersten Generation entwickelt.

Ziel von ArbeiterKind.de ist es, Studierende dabei zu unterstützen Herausforderungen zu meistern, wie Informationsdefizite, Ängste und Vorurteile, keine Erfahrungen oder Vorbilder in der Familie. Auf diese Weise soll das Potenzial von jungen Menschen gefördert werden. Bei ArbeiterKind.de engagieren sich vor allem Menschen, die selbst in der ersten Generation studieren oder studiert haben und somit als Vorbild dienen und ihre Erfahrungen teilen.

Engagementbereiche: Veranstaltungen für Schüler:innen durchführen, 1:1 Mentoring (Unterstützung von Ratsuchenden), Gruppenorganisation und Vernetzung 

Herausforderungen: Durch Corona gab es viele Veränderungen und die ArbeiterKind.de-Community hat sich verändert. Daher stellt sich aktuell die Frage: Wie kann der Teamspirit wieder aufleben?

Neue Entwicklungen: Neue digitale Angebote sind während der Pandemie entstanden, wie z.B. offene digitale Treffen

Wie können Ehrenamtliche reaktiviert werden?

  • direkte Ansprache durch Telefonate
  • Zoom-Austausch
  • persönliche Treffen 
  • Ortsgruppen zusammenbringen und Gemeinschaftsgefühl stärken
  • Veranstaltungen für Engagierte planen

Ehrenamtliche binden: Bleib dabei!

  • Erstkontakt immer mit persönlichem Treffen verbinden und Menschen von Beginn an gut abholen und aufnehmen
  • Best Practices innerhalb des Netzwerkes teilen und vermitteln: „Ihr seid Teil von etwas Großem“
  • Weiterentwicklungsmöglichkeiten hervorheben: Engagierte verwenden einen Engagementnachweis und können dies für Stipendien nutzen: Ehrenamt ist nicht nur geben, sondern „du bekommst auch etwas zurück“
  • Webinare und Online-Workshops finden regelmäßig statt & informieren über die Arbeit von ArbeiterKind.de und geben auch ganz praktische Einblicke & Tipps rund um das Studium und den Einstieg ins Arbeitsleben
  • Präsenztreffen wirken sich stärker auf die Bindung aus als digitale Treffen

Hier findet ihr Lisas Präsentation.

Referentin:

Lisa Maria Dziobaka ist Bundeslandkoordinatorin der spendenfinanzierten, gemeinnützigen Organisation ArbeiterKind.de in Nordrhein-Westfalen. Sie unterstützt die vielen Ehrenamtlichen in NRW, die mit ihren eigenen Geschichten und Erfahrungen Mut zum Studium machen. Als Bergmannstochter ist sie ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Sie hat als erste in ihrer Familie studiert und kennt die vielen Hürden, die es zu meistern gilt, wenn man nicht aus einem akademischen Umfeld stammt. Sie möchte junge, mutige Menschen dabei unterstützen, ihren Weg zum Studium und darüber hinaus zu gehen. Manchmal sind die Steine im Weg nur Kohlebrocken, die helfen, das Feuer am Laufen zu halten. Glück auf!

Workshop: Akquise von Ehrenamtlichen: Motivation und Strategien für die Zukunft

Programme, die auf ehrenamtlichem Engagement beruhen sind in starkem Maße abhängig von gesellschaftlichen Veränderungen. Dies macht sich auch in der Gewinnung und Beziehungsarbeit mit Ehrenamtlichen bemerkbar. Ausgehend von den Zukunftsszenarien der Studie „Zivilgesellschaft 2031“ wurden in diesem Workshop Ansätze erarbeitet, wie Handlungsstrategien aussehen können, um auf Veränderungen im Ehrenamt zu reagieren.

Wiebke Doktor vom Conversio Institut hat den Blick in die Zukunft geworfen: Welche Trends gibt es in der Ansprache und Akquise von Ehrenamtlichen? Welche Entwicklungen sind jetzt schon spürbar?

Zu Beginn haben die Teilnehmenden erst einmal überlegt, was Ehrenamtliche in ihrem Projekt unbedingt mitbringen sollten.

Um Ehrenamtliche zu gewinnen, ist es wichtig sich zu fragen, mit welcher Motivation sich Ehrenamtliche engagieren. Wiebke empfiehlt daher die Ehrenamtlichen in der eigenen Organisation zu fragen, warum sie sich engagieren.

Wichtige Aspekte und Voraussetzungen für die Arbeit mit Ehrenamtlichen:

Wenn Ehrenamtliche gewonnen werden sollen, dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Auch die interne Struktur der Organisation muss darauf abgestimmt werden. Viele Projektkoordinator:innen sind Einzelkämpfer:innen oder arbeiten in sehr kleinen Teams. Daher sollte reflektiert werden: Welche Optionen gibt es die Ehrenamtlichen zu begleiten? Für die Begleitung sind Kompetenzen notwendig (Ehrenamtsmanagement). In der Diskussion kam die Frage auf, wie viele Patenschaften eigentlich von einer Person begleitet werden können?

Tipp: Ein Zeittagebuch führen, um aufzuschlüsseln wie viel Zeit für welche Aufgaben aufgewendet wird und so herauszufinden, wie zeitintensiv die Begleitung ist.

Öffentlichkeitsarbeit – Hilfreiche Tipps

Um wirksame Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Projekt zu machen ist es wichtig, sich bewusst zu machen, wie die eigene Organisation wahrgenommen wird. Was denken andere Menschen über eure Organisation? Mit welchem Image arbeitet ihr, wenn ihr Freiwillige gewinnen wollt?

Die Antworten auf diese Fragen sind hilfreich dafür, um eine Stellenbeschreibung für Ehrenamtliche zu formulieren.

Flyer

  • Wenn Flyer gedruckt werden, müssen sie auch verteilt werden. Daher ist es wichtig sicher zu stellen, wer die Flyer verteilt und wer sich im Anschluss um die Verteilerstellen kümmert. Dabei kann die Kooperation mit anderen Organisationen hilfreich sein, um sich die Verteilerstellen aufzuteilen.

Interne Kommunikation

  • Falls es in der eignen Organisation eine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit gibt, ist es wichtig den Kolleg:innen zu erklären, wie die Ehrenamtswerbung funktioniert und was ihr dafür benötigt.

Zeitschriften und Intranet von Unternehmen

  • In Zeitschriften von Verbänden, Unternehmen, Kund:innenmagazinen oder auch im Intranet von Unternehmen für das eigene Projekt zu werben ist eine gute Möglichkeit, um auch neue Ehrenamtliche zu gewinnen.
  • → Wie kann ich die Medien andere nutzen, um auf mich aufmerksam zu machen?

Briefe

  • Auch die Datenbanken der eigenen Organisation können genutzt, um einen Ehrenamtsaufruf per Brief zu verschicken, sofern dies mit den Datenschutzbestimmungen vereinbar ist.
  • Bei kirchlichen Trägern kann ein Flyer dem Gemeindebrief beigelegt werden.

Newsletter

  • Im Newsletter der eigenen Organisation oder von anderen Organisationen und Unternehmen einen Ehrenamtsaufruf veröffentlichen.

Persönliche Ansprache

  • Infostände bei Messen oder großen Veranstaltungen: Überlegt euch vorher, wann Menschen an einem Stand stehen bleiben? Wenn ihr hinter einem Tisch steht, ist es schwieriger Kontakt zu potenziellen Interessierten aufzunehmen. Hilfreicher kann es sein mit einem Bauchladen unterwegs zu sein oder an einem Stehtisch zu stehen.

Plakate

  • Plakate sind sinnvoll im Rahmen einer Kampagne, bei der mehrere Medien gleichzeitig genutzt werden oder in einem Wartebereich, in dem sich die Zielgruppe aufhält.

Homepage

  • Euer Projekt und die Möglichkeit sich ehrenamtlich zu engagieren sollte auf der Homepage eurer Organisation schnell gefunden werden können.
  • Homepage-Check: Wo findet man euch auf der Homepage? Wie lange dauert es bis zur Ehrenamtswerbung zu kommen?

Corporate Volunteering

  • Corporate Volunteering ist für Organisationen oft die anstrengendste Art der Zusammenarbeit mit Unternehmen, da es oft unterschiedliche Erwartungen von beiden Seiten gibt. Wenn sich daraus allerdings eine Partner:innenschaft zwischen Organisation und Unternehmen entwickelt, kann dies sehr hilfreich sein.

Um Ehrenamtliche zu gewinnen, ist es zudem hilfreich sich mit Analysen und Prognosen zu ehrenamtlichem Engagement auseinanderzusetzen und auf den Ergebnissen basierend individuelle Strategien für die eigene Organisation zu entwickeln. Dafür lohnt sich ein Blick in folgende Studien:

Studie: „Ehrenamtliches Engagement von Menschen in der zweiten Lebenshälfte während der Corona-Pandemievom Deutschen Zentrum für Altersfragen (2021)

Studie: „Zivilgesellschaftliches Engagement im Jahr 2031 von Zivilgesellschaft in Zahlen (ZIVIZ)

In der Präsentation von Wiebke findet ihr die weiteren Inhalte des Workshops. Hier findet ihr eine Sammlung von bewährten Tipps und Strategien der Teilnehmenden, um Ehrenamtliche für ihr Projekt zu gewinnen.

Wiebke Doktor ist Theaterwissenschaftlerin (M.A.) und Fundraising-Managerin sowie Systemische Organisationsentwicklerin. Sie ist Geschäftsführerin des Conversio Instituts berät seit 15 Jahren Organisationen beim Auf- und Ausbau von Fundraising. Sie begleitet komplette Prozesse der Integration von Fundraising in vorhandene Strukturen und hat als Systemische Organisationsentwicklerin dabei immer ein Auge auf ein gutes Zusammenwirken aller Beteiligten. Für den Deutschen Fundraising Verband leitet sie ehrenamtlich die Fachgruppe Kultur.

Eckdaten zum Workshop-Tag:

Zeit: 17. November 2022, 10.00 – 17.00 Uhr

Ort: analog in Essen (Unperfekthaus, Friedrich-Ebert-Straße 18-26, 45127 Essen)


Dieses Angebot hat im Rahmen des Programms openTransfer Patenschaften stattgefunden. openTransfer Patenschaften fördert die Vernetzung, die Verbreitung und den Wissenstransfer von Patenschafts-, Tandem-, und Mentoring-Initiativen bundesweit. Alle Angebote des Programms sind kostenfrei.

Logo des Projektes openTransfer Patenschaften

openTransfer Patenschaften ist ein Programm der Stiftung Bürgermut mit Unterstützung durch das Bundesprogramm “Menschen stärken Menschen” des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Christine Langer

Christine Langer ist bei der Stiftung Bürgermut als Projektkoordinatorin bei openTransfer #Patenschaften tätig. Sie studierte Internationale Entwicklung und Koreanologie in Wien und Seoul (Südkorea) sowie Gender Studies in Berlin (MA Gender Studies). Während ihrem Studium begann sie beim Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) zu arbeiten wo sie nach ihrem Abschluss das Mentor:innen Programm für queere Geflüchtete leitete. Privat engagiert sie sich im Bereich (Queer-)Feminismus und Fußball.