Workshop: Gute Zusammenarbeit! Wie Organisationen selbst Mentale Gesundheit leben können

Patenschafts- und Mentoringorganisationen mussten ihre Projektarbeit pandemiebedingt in den letzten Jahren immer wieder flexibel an die jeweilige aktuelle Situation anpassen. Auch intern bringen die damit einhergehenden veränderten Arbeitsprozesse Herausforderungen mit sich. An diesem Workshop-Tag ging es darum, welche Strategien und Methoden auf Organisationsebene helfen können, damit Projektkoordinator:innen auch in herausfordernden Zeiten mental gesund bleiben.

Dokumentation

Impuls: Strategien im Umgang mit mentaler Gesundheit bei ROCK YOUR LIFE!

Oliver Erfkämper und Giuliano Groer haben in ihrem Impuls einen Einblick gegeben, wie sie mit dem Thema mentale Gesundheit innerhalb ihrer Organisation umgehen. Dabei ging es insbesondere darum, welche Kommunikationswege, Arbeitsweisen und Strukturen sich dabei als hilfreich erwiesen haben.

Herausforderungen von ROCK YOUR LIFE! Münster:

  • Die Engagierten sind vor allem Studierende. Damit hat die Organisation eine sehr homogene Struktur von Ehrenamtlichen mit heterogenen Studienfeldern.
  • Hohe Fluktuation → hoher Knowledge Management Bedarf → hohe Anforderungen an Onboarding + hohe personelle Unsicherheit
  • Phasische, nicht-parallele Studienverläufe der Beteiligten → schwankende Verfügbarkeiten, die nur teilweise planbar sind
  • Mentale Gesundheit: psychische Belastung während des Studiums + Gefahr von Überforderung & Ausbrennen

Strukturelle Lösungen:

  • Homogenität → Homogenität in der Hierarchie berücksichtigen & Interessen und Fähigkeiten der Engagierten berücksichtigen
  • Knowledge-Management-Bedarf aufgrund der hohen Fluktuation→ Strukturen zum selbstständigen Einarbeiten schaffen + Supervisionsstrukturen
  • schwankende Verfügbarkeiten, die nur teilweise planbar sind → Überblick behalten und die Planung an den Semester-Zyklus anpassen + Verfügbarkeiten regelmäßig überprüfen
  • Wie können Ehrenamtliche vor dem Ausbrennen geschützt werden? → Vermeidung, der “ich muss das machen”-Mentalität + es gibt die Möglichkeit „nein“ zu sagen und Aufgaben abzugeben

Konkrete Lösungen:

Homogenität:

  • Die Rolle im Verein ist Gradmesser des freiwilligen Commitments, nicht der Autorität. → Die Vorstandsmitglieder übernehmen zwar mehr Verantwortung, aber alle sind bei Entscheidungen gleichberechtigt.
  • Durch die hohe Fluktuation entsteht keine Verkrustung der Strukturen. → So entsteht auch keine “natürlich gewachsene” Autorität durch Erfahrung.
  • Stärken der Engagierten erkennen und einbeziehen
  • Weiterentwicklungsmöglichkeiten erkennen → Da es so heterogene Studienfelder gibt, ermöglicht dies sich unter Anleitung anderer in neue Themengebiete einzuarbeiten.


Hohe Fluktuation und Knowledge-Management-Bedarf:

  • Rock Your Life Wiki: vom Dachverband gestelltes Informationstool, für Mission und Vision
  • Notion: auf Organisationseben angelegtes Informationstool für Vorlagen, Abläufe und Organisation
  • Buddy Programm: Einarbeitung neuer Mitglieder durch einen Buddy
  • JOIN: Kick-Off Event vom Dachverband, 1x im Monat um die Motivation zu stärken und sich als Teil eines Netzwerkes zu verstehen → Teilhabe und Identifikation mit der Organisation stärken
  • Kommunikation via Slack: bewusste Abkopplung von WhatsApp zur Vermeidung der Vermischung von Freizeit und Ehrenamt

Schwankende Verfügbarkeiten:

  • Abfrage der Verfügbarkeiten zum Semesterstart + Planung der Vereinsarbeit angelehnt an den Semesterverlauf mit Blick für den studentischen Kalender

Ehrenamtliche vor dem Ausbrennen schützen:

  • Angemessene Balance zwischen Einbindung des Teams in wichtige Entscheidungen und Effizienz der Arbeit → Ehrenamtliche nicht mit kleinteiligen Entscheidungen überlasten
  • Wöchentliche Treffen zum Abstimmen und Beisammensein, um die teaminterne Stimmung zu überprüfen → lockeres Beisammensein
  • Sensibilisierung der Teamleiter:innen für Anzeichen der Überarbeitung
  • Verteilung von Aufgaben durch Teamleiter:innen, um zu vermeiden, dass sich jemand zu viel vornimmt (da einige eher proaktiv ja sagen, andere hingegen weniger schnell, weil sie Angst haben anderen etwas wegzunehmen)
  • Konsequenzlose Umverteilung der Arbeit bei Nichterledigung: Eine Nachricht reicht, die Angabe von Gründe oder Entschuldigung sind nicht nötig.
  • Rücksicht auf Studienverläufe 

Hier findet ihr die Präsentation von Giuliano und Oliver.

Referenten:

Giuliano Groer studiert Psychologie im Master und hat 2018 angefangen, sich bei ROCK YOUR LIFE! an verschiedenen Standorten zu engagieren. Er ist wie Oliver, seit Januar 2022 Vorsitzender.

Oliver Erfkämper studiert an der WWU Rechtswissenschaften und hat bereits einen Bachelor in Politik und Recht. Er ist seit Oktober 2019 bei ROCK YOUR LIFE! und seit Januar 2022 Vorsitzender.

ROCK YOUR LIFE! Münster e.V. ist der münsteraner Ableger des deutschlandweit agierenden Vereins ROCK YOUR LIFE!. Er setzt sich für mehr Bildungsgerechtigkeit ein und ist heute ein europaweit agierender Kompetenzträger für Bildungsarbeit und Potenzialentfaltung. Dies erreicht der Verein durch ein erprobtes Mentoring-Programm, bei welchem er jungen Menschen einen Mentor:in an die Seite stellt. Diese:r begleitet den Mentee über ein Jahr. Diese Mentoring-Beziehung wird begleitet von Coachings und Freizeitaktivitäten. Die Wirksamkeit dieses Programms ist dabei bereits durch das Ifo-Institut untersucht worden.

Workshop: Gut und mental gesund miteinander arbeiten

Die Anforderungen, die die Veränderungen der letzten Jahre an uns stellen, sind immens. Privat, mit der Familie, mit Freunden aber auch im Job und im Ehrenamt. Wie kann dabei auch auf das Team Acht geben werden, damit alle mental gesund bleiben? Welche Methoden und Strategien helfen, um Mitarbeitende gut zu begleiten und in ihrer Praxis zu unterstützen? Welche Schritte müssen Organisationen gehen, um Mentale Gesundheit im Blick zu haben und zu “leben”? Wo bleiben da der Teamspirit und die Motivation? Wie können wir in dieser Situation entspannt, zuversichtlich und voller Energie bleiben, um gute Antworten zu finden? In diesem Workshop mit Beate Haverkamp vom Conversio Institut sind wir diesen Fragen gemeinsam nachgegangen.

Zu Beginn wurde der Titel des Workshops genauer unter die Lupe genommen. Gut und mental miteinander arbeiten – was verbirgt sich dahinter? Dabei wurde deutlich…

  • mental gesund sein, ist die individuelle Ebene
  • gut zusammenarbeiten ist die Organisationsebene

Was ist mentale/ psychische Gesundheit?

Psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung von Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und sozialer Teilhabe.

→ Was muss ich tun, damit jemand zur Hochform aufläuft?

→ Aufgabe von Führungskraft: Wie kann ich die Voraussetzungen dafür schaffen?

Was wird allgemein geraten?

  • Pausen machen
  • Bewegung/aktiv bleiben
  • gesunde/ausgewogene Ernährung
  • Zeit mit Freund:innen & Familie /soziale Kontakte pflegen
  • Digital Detox als Auszeit
  • ausreichend Schlaf
  • über Gefühle reden und um Hilfe bitten
  • neue Fähigkeiten lernen
  • Achtsamkeit üben

Diese Strategien erwarten jedoch nichts vom Arbeitgeber. Sie fördern stattdessen die Selbstoptimierung.

→ Führungskräfte können Menschen nicht motivieren, sondern Räume oder eine Atmosphäre dafür schaffen, dass die Motivation erhalten bleibt.

Wichtig um Räume und eine Atmosphäre zu schaffen, damit die Motivation erhalten bleibt, sind Folgende:

Verstehbarkeit: Was ist mir wichtig? Was brauche ich in meinem Team/ in meiner Arbeitsstelle, um zu verstehen, was die Aufgabe ist?

  • Ansprechpartner:in
  • klare Informationen
  • klare Aufgabenstellung
  • (intrinsische) Motivation
  • Sinnhaftigkeit
  • welches “Werkzeug”
  • Bild vom Ziel
  • geklärte Zuständigkeit(en) → in beide Richtungen

Sinnhaftigkeit

  • Wie?
  • Was?
  • Warum macht eine Organisation etwas? → Wenn diese Frage beantwortet ist, dann sind Mitarbeiter:innen und Ehrenamtliche motiviert
  • Das Warum ist der Kern der Sinnhaftigkeit? → Das Warum ist der innere Antrieb und die Inspiration, das höhere Ziel, dem ich folge
  • Wenn das Warum beantwortet ist, kann ich mit dem “Wie” ganz anders folgen
  • Bei dem Warum geht um Geschichten, die mein Leben geprägt haben

Gestaltbarkeit

  • Wenn ich das Gefühl habe, ich kann nicht gestalten, dann entsteht eine “Jammer-Kultur”.
  • Man kann aber immer handeln und ist nie nur “Opfer”.
  • Wenn ich mich ausgeliefert fühle und mich als Opfer fühle, kämpfe ich oder akzeptiere ich den Zustand.

Auch das Thema Zugehörigkeit ist zentral.

Praktische Übungen

Aikido

Im Anschluss wurde es praktisch mit Aikido-Übungen. Ziel der Übung war zu zeigen, dass die Körperhaltung oft entscheidend ist und man nicht immer kämpfen muss, um zu gewinnen. Im Aikido geht es um das Nutzen von Energie und diese umzuwandeln.

Übung: Übliche ReaktionenGegenteil

Eine gute Übung, um darauf zu kommen, wie man mit einer bestimmten Situation anders umgehen kann, ist sich eine gegenteilige Reaktionsmöglichkeit auf eine bestimmte Situation zu überlegen.

Beispiele dafür sind:

  • weghören — hinhören, Interesse zeigen
  • Problem im Team anbringen — das Problem totschweigen, keine große Sache aus der Situation machen
  • aus dem Weg gehen   — auf eine Person zu gehen

Die Übung verdeutlicht, dass man immer Handlungsmacht hat und anders reagieren kann, um negativen Stress zu vermeiden.

Learnings:

→ Es geht nicht darum nicht viel zu tun zu haben, sondern eher darum, den negativen Stress zu vermeiden.

→ So lange ich in der Rolle bleibe, dass ich gestalten kann und die vier Grundsätze (Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit, Zugehörigkeit, Gestaltbarkeit) berücksichtigt werden, bleibe ich mental gesund.

Referentin:

Beate Haverkamp ist Geschäftsführerin des Conversio Instituts. Sie hat 15 Jahre Leitungserfahrung in sozialen Organisationen und berät im Schwerpunkt bei der Konzeptentwicklung, beim Aufbau von Organisationsstrukturen und Strategieentwicklung, der Teamentwicklung und dem gezielten Aufbau von Strategien zur Spendenakquise.

Sie ist Dozentin an der Fundraising Akademie; außerdem bietet sie prozessorientierte Moderation von Klein- und Großgruppen sowie Fach- und Führungskräfte-Coaching für Einzelpersonen.

Eckdaten zum Workshop-Tag:

Zeit: 23. November 2022, 10.00 – 17.00 Uhr

Ort: analog in Münster (FreiwilligenAgentur Münster, Gesundheitshaus, Gasselstiege 13, 48159 Münster)


Dieses Angebot hat im Rahmen des Programms openTransfer Patenschaften stattgefunden. openTransfer Patenschaften fördert die Vernetzung, die Verbreitung und den Wissenstransfer von Patenschafts-, Tandem-, und Mentoring-Initiativen bundesweit. Alle Angebote des Programms sind kostenfrei.

Logo des Projektes openTransfer Patenschaften

openTransfer Patenschaften ist ein Programm der Stiftung Bürgermut mit Unterstützung durch das Bundesprogramm “Menschen stärken Menschen” des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.


Christine Langer

Christine Langer ist bei der Stiftung Bürgermut als Projektkoordinatorin bei openTransfer #Patenschaften tätig. Sie studierte Internationale Entwicklung und Koreanologie in Wien und Seoul (Südkorea) sowie Gender Studies in Berlin (MA Gender Studies). Während ihrem Studium begann sie beim Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) zu arbeiten wo sie nach ihrem Abschluss das Mentor:innen Programm für queere Geflüchtete leitete. Privat engagiert sie sich im Bereich (Queer-)Feminismus und Fußball.