Von der „Projektitis“ zur Infrastruktur

 

 

Uwe Amrhein, Generali Zukunftsfonds und Stiftung Bürgermut, beim open Transfer CAMP am 17.11.2012 in Berlin

 

 

Uwe Amrhein arbeitet für den Generali Zukunftsfonds und kennt deshalb beide Perspektiven, die des Förderers und die der Geförderten. Diese reichen ständig Anträge für zeitlich befristete Projekte ein. Dagegen ist zu überlegen, wie Projekte dauerhaft transferiert werden können.

 

Uwe Amhein, Stiftung BürgermutInfrastrukturförderung statt Projektförderung

Diese Session entstand aus dem Impuls des selbsterlebten „Politikgesprächs“ – sei sie aus staatlicher, stiftungs- und zivilgesellschaftlicher Perspektive: Die Leuchtturm-Förderungen, die zumeist zu Ruinen verkümmern, sorgen für einen immensen volkswirtschaftlichen Schaden durch die Förderung einer Parallelstruktur. In Deutschland werden nur Einzelprojekte gefördert. Es wird Zeit für eine Förderung der Infrastruktur! Die NPOs werden dressiert, in Projekten zu denken und auch so ihre Förderanträge zu formulieren. Um die Overheadkosten zu decken, arbeiten sie von Projekt zu Projekt.
 

Zur Veränderung dieser Fehlstruktur sind die folgenden Punkte wichtig:


  • Die lokale Erprobung sollte stehen, Partner gefunden, das Ausrollen geplant sein und eine Wachstumsfinanzierung (nicht Anschubfinanzierung) beantragt werden.

  • Förderanträge müssen nachhaltig sein. Auch bei einer Absage sollen die Antragsteller ein 3-4-seitiges Schriftstück mit Hinweisen und Verbesserungen für den nächsten Antrag erhalten.

  • Es gibt keine ehrlichen Anfragen bei Förderern, dadurch wird die Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements verhindert; es wird innovationslos.

  • Die Praxis der Fehlbedarfsfinanzierung („Den Zuwendungsbescheid bekommst du nicht, wenn du zusätzlich etwas erwirtschaftet hast.“) widerspricht dem Erfolg des Transfers.

  • Infrastrukturbedarfe müssen ehrlich aufgeschrieben werden, um den Förderer auch über bestehende Parallelstrukturen zu informieren, etwa bei Patenprojekten. Denn es ist volkswirtschaftlich nicht sinnvoll, parallele Projekte zu fördern.

  • Ein Förderungsantrag sollte also durch Ehrlichkeit, Klarheit und Nachhaltigkeit gekennzeichnet sein.

 

Was kann auf der staatlichen Ebene getan werden

Im Rahmen der Trisektoralität soll der Staat für die Daseinsvorsorge zuständig sein; die Zivilgesellschaft ist die Innovation! Die Stiftungen öffnen sich gerade; allerdings ist die öffentliche Hand wichtiger als der Stiftungssektor. Es wäre wünschenswert, staatliche und kommunale Infrastruktur (Räume, Büros, Bibliotheken, Schulen) für die Initiativen nachmittags nutzbar zu machen. Auch nach einem Transfer wird weiteres Geld benötigt. Am besten sei eine ehrliche Angabe, zum Beispiel dass ein Koordinator 500 Euro im Monat benötige.Uwe Amrhein auf dem openTransfer CAMP 2012 in Berlin

 

 

[quote]Wie kann der Wechsel von der Projektförderung zur Infrastrukturförderung umgesetzt werden?[/quote]

 

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Fotos: Holger Groß

 

 

Uwe Amrhein

Uwe Amrhein hat die Stiftung Bürgermut gemeinsam mit dem Stifter Elmar Pieroth aufgebaut und ist heute ehrenamtlicher Vorstand. Hauptamtlich arbeitet Amrhein als Leiter des Generali Zukunftsfonds. Zuvor war er Referatsleiter Presse und Information beim hessischen Main-Kinzig-Kreis und Chefredakteur einer lokalen Tageszeitung in der Rhein-Main-Region. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements gehört seit Jahren zu seinen Arbeitsschwerpunkten.

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