„Jedes Kind zählt!“

Schüler:innnen stärken – gegen den Corona-Blues

Bild I: Auf dem Foto ist ein Kind zu sehen, dann an einem Schreibtisch sitzt. Das Kind hat ein Headset auf und vor ihm steht ein Tablet auf dem Schreibtisch. Im Tablet sind zwei Video-Kacheln zu sehen. Das Kind ist in einem Video-Call.
Quelle: Kinderhelden

Im Bildungsprojekt „Deine Lernbox – alles drin für Schülerinnen und Schüler in der Metropolregion Rhein-Neckar“ kooperieren die BASF und die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH, um Kinder und Jugendliche in der Pandemie zu unterstützen und Bildungsgerechtigkeit zu fördern.

Zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 war im Team „Gesellschaftliches Engagement“ der BASF in Ludwigshafen schnell klar: „Wir brauchen dringend ein Projekt, um das sich durch die Corona-Pandemie verschärfende Bildungsungleichgewicht in unserer Region abzumildern“, erzählt Teammitglied Petra Jahn-Stahnecker. „Natürlich gab es das Problem Bildungsungerechtigkeit für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche vorher schon, aber durch Corona, durch Schulschließungen und Homeschooling hat es sich schlagartig stark verschärft“, so die Mitarbeiterin des Unternehmens, dem es wichtig ist, allen in der Region gesellschaftlich ein „guter Nachbar“ zu sein. Der regionale Fokus des neuen Bildungsprojekts sollte auf Ludwigshafen und Mannheim liegen.

Ärmel hochkrempeln – auf dem Weg zum Projektdesign

Um das Projekt bedarfsgerecht zu planen, initiierte die BASF im August 2020 einen digitalen Expert:innenworkshop, den sie zusammen mit der Stiftung Bürgermut entwickelte und an dem Vertreter:innen der Kommunen, Lehrer:innen und andere Fachleute teilnahmen. Auf Basis der Ergebnisse lud das Unternehmen zu einem digitalen Designsprint ein, bei dem die Projektideen konkretisiert wurden. „Dann war klar: Wir brauchen jetzt dringend eine schlagkräftige Organisation, die uns hilft, das umzusetzen“, berichtet Jahn-Stahnecker. Bei einem Pitch bewarben sich verschiedene Organisationen – den Zuschlag bekam die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH (MRN), die im Dezember 2020 mit der Arbeit loslegte.

Erste Angebote im Februar 2021

Dass die ersten Angebote schon zum Anfang Februar 2021 an den Start gehen konnten, ist sicher auch der zupackenden Art von Dr. Melanie Seidenglanz zu verdanken, die das Projekt „Deine Lernbox“ bei der MRN betreut. „Wir sind gestartet mit einer Homeschooling-Hotline, denn zu dem Zeitpunkt waren wieder alle Schulen zu“, berichtet sie. Schüler:innen, die zu Hause keine oder wenig Unterstützung bekommen, konnten dort anrufen und Rat finden, wie sie ihren Alltag strukturieren, Hilfe bei Technikfragen und anderen Problemen erhalten. Ab Februar gab es auch die ersten Mentoring-Angebote.

Fokus und Zielgruppen

Das Programm richtet sich an Schüler:innen im Grundschulalter und in der Sekundarstufe I, also bis zum Alter von 17 Jahren, die in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) und Mannheim (Baden-Württemberg) in besonderen Problemlagen wohnen oder dort zur Schule gehen. „Das sind die Sozialräume 4 und 5, also Stadtteile, die besonders belastet sind“, erklärt Seidenglanz. „Wir wenden uns mit dem Programm dorthin, wo es schon vor der Pandemie Bildungsungleichheiten gab, die durch Corona noch mal verstärkt wurden. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir das Projekt auch auf andere Orte übertragen wollen, aber sehr gezielt und sukzessive.“ So sind inzwischen auch einige Schulen aus dem Umland im Rhein-Neckar-Kreis und aus Viernheim (Hessen) dabei, außerdem gibt in Rheinland-Pfalz schon einzelne weitere Angebote. Der Fokus des Projektes ist weiterhin auf die Großstädte Mannheim und Ludwigshafen mit ihren besonderen Herausforderungen gerichtet.

Bild II: Auf dem Foto ist ein kleiner Junge und eine erwachsene Frau zu sehen. Beide stehen nebeneinander an einer Tischtennisplatte und haben einen Tischtennisschläger in der Hand. Die Frau zeigt mit ihrem Arm auf etwas und scheint dem Jungen etwas zu erklären.
Quelle: Kinderhelden

Stetig wachsendes Angebot

Rund 650 Schüler:innen werden durch die Angebote zurzeit erreicht, Tendenz stetig steigend. „Nach und nach sind immer mehr Träger hinzugekommen, inzwischen sind wir bei neun Trägern und 25 Schulen, an denen das Programm läuft“, freut sich Seidenglanz. Die Schulen werden von den Kommunen ausgewählt: „Unsere kommunalen Partner wissen besser als wir, wo der Bedarf am größten ist“, erklärt sie.

Neue Angebote werden von der MRN GmbH geplant und passende Träger angesprochen. Wer dazustößt, entscheiden MRN und BASF gemeinsam mit einem Lenkungskreis, dem neben Vertreter:innen beider Unternehmen auch Fachleute aus Politik und Verwaltung sowie wissenschaftliche Begleiter:innen der Universität Mannheim angehören. Als weiterer Förderer ist inzwischen die MLP Finanzberatung dazugestoßen, allerdings in kleinerem Umfang als die BASF, die das Programm hauptsächlich finanziert.

Fünf Säulen des Programms

„Deine Lernbox“ gründet sich auf fünf Säulen: Mentoring, Sprachförderung, Nachhilfe, Empowerment und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Dabei kooperiert das Projektteam mit Trägerorganisationen, die die Umsetzung einzelner Module übernehmen.

Im Bereich Mentoring sind zurzeit mit drei Trägern die meisten Partner im Boot – alle mit 1:1-Mentoring-Angeboten und ehrenamtlichen Mentor:innen. Seit Beginn bietet die Kinderhelden gGmbH hybrides Mentoring für Grundschulkinder an – im Sommer 2021 ging es sogar eine Weile analog. Die Auswahl der Mentees erfolgt für das Modul Grundschüler:innen-Mentoring zum Beispiel durch die Klassenlehrer:innen. Aktuell laufen hier 60 Patenschaften, die auf ein Jahr angelegt sind, aber auch länger andauern können. Für die Mentor:innen-Rekrutierung haben BASF und MRN breit geworben – über Ehrenamtsbörsen, an Hochschulen und in Unternehmen, die im Umkreis der jeweiligen Partnerschulen liegen. Auch viele BASF-Mitarbeitende sind in dem Projekt ehrenamtlich aktiv geworden. 

Im Bereich Sprachförderung gibt es ein Angebot für Sprachförderklassen, an dem die gesamte Klasse mit ihren Klassenlehrer:innen teilnimmt. Es richtet sich an Kinder neu zugewanderter Familien. Angeboten wird kein klassischer Deutschunterricht, sondern ein Medientraining, in dessen Rahmen die Schüler:innen lernen, was sie interessiert: Podcasts zu aufzunehmen, Videos zu schneiden und zu präsentieren – und dabei eben auch nebenbei Deutsch zu lernen.

In der Säule Empowerment geht es um ganzheitliches Lernen und den Aufbau mentaler Stärke. „Also darum, den Kindern ein gutes Gefühl zu geben. Das Selbstbewusstsein zu stärken, sich wieder mal aufrichten und sich klarmachen: Hey, ich kann was!“, erklärt Melanie Seidenglanz. „Diese Säule ist uns sehr wichtig. Sie ist vielleicht nicht so typisch für ein Bildungsprogramm, normalerweise geht es um Wissen und Stoff. Es ist aber in der Pandemielage wichtig, ganzheitliches Lernen in den Blick zu nehmen.“ Es sei ja viel ausgefallen, was die Kinder sonst mental stärkt – zum Beispiel Kunst-, Musik- und Sportunterricht. „Es ging nur um die Hauptfächer und darum, Stofflücken zu schließen. Aber mentale Stärke aufzubauen, ist eben auch wichtig.“ Die Empowerment-Säule umfasst daher Sport- und Bewegungsangebote, Feriencamps, zum Beispiel ein Ausflug in den Kletterwald, mal über die eigenen Grenzen gehen, Dinge ausprobieren, die sich die Kinder sonst nicht trauen.

Für die Säule Nachhilfe arbeitet das Programm mit einem Anbieter zusammen, dessen Angebot auf einer Lernkaskade basiert: Ältere Schüler:innen bringen jüngeren etwas bei und profitieren selbst von Studierenden, die sie unterstützen.

Neu hinzu kommt ab August 2022 die Säule Bildung für nachhaltige Entwicklung. Hier kooperiert das Programm mit dem Acker e.V. und will Gemüseklassen initiieren. Gemeinsam bauen die Schüler:innen in der Schule Gemüse an, sehen es wachsen und verspeisen es dann auch zusammen. So können sie sich mit den Themen Landwirtschaft, gesundes Essen und Lebensmittel(-Verschwendung) auseinandersetzen.

Bild III: zeigt einen Jungen im Grundschulalter mit seinem Mentor, die vor einem Springbrunnen posieren.
Quelle: Kinderhelden

Perspektiven – Corona und die Folgen

An sich war das Programm „Deine Lernbox“ auf drei Jahre angelegt. Petra Jahn-Stahnecker von der BASF sagt: „Ursprünglich hatten wir mal gedacht, dass wir die Schulen in der Akutphase von Corona unterstützen. Aber mittlerweile ist uns klar, dass wir nachhaltig denken müssen. Corona wird im Bildungsbereich langfristige Folgen haben.“ Wenn die BASF nach drei Jahren Projektlaufzeit aussteigt, ist das Ziel, dass andere Förderer das Projekt weiterführen. Und dass sich das Projekt verstetigt, dann zunehmend weniger mit dem Fokus auf Corona und mehr mit unterschiedlichen Unterstützungsangeboten für Schüler:innen der Region.

Ganz schön viel Flexibilität erforderlich

„Es ist das agilste Projekt, das ich bisher geleitet habe“, sagt Melanie Seidenglanz. „Jeden Tag was Neues! Wir haben einen kleinen Feuerlöscher, bräuchten aber eigentlich eine Riiiiesen-Feuerwehrstelle mit vielen Löschzügen, damit wir auf den Bedarf adäquat reagieren können. Deshalb bin ich froh, dass nun endlich auch Bundes- und Landesprogramme starten.“ Petra Jahn-Stahnecker ergänzt: „Uns war von Anfang an klar, dass unser Projekt ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Aber jedes Kind, jede:r Jugendliche, die wir unterstützen können, zählt!“

Artikel: Benita v. Behr

Die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH (MRN) mit Sitz in Mannheim wurde 2006 gegründet. Ihre Gesellschafter sind neben dem Verband Region Rhein-Neckar und dem Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar e.V. die Industrie- und Handelskammern Rhein-Neckar, Pfalz, Darmstadt sowie die Handwerkskammern Mannheim und Rhein-Main. Im Zusammenspiel mit diesen und vielen weiteren Akteuren koordiniert die Regionalentwicklungsgesellschaft die Projektarbeit in den Bereichen Digitalisierung und Verwaltungsvereinfachung, Energie, Innovationsförderung, Mobilität, Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit und Kultur. Darüber hinaus leistet die MRN durch Standortmarketing und Öffentlichkeitsarbeit einen wichtigen Beitrag, Rhein-Neckar zu positionieren und bekannt zu machen.


Christine Langer

Christine Langer ist bei der Stiftung Bürgermut als Projektkoordinatorin bei openTransfer #Patenschaften tätig. Sie studierte Internationale Entwicklung und Koreanologie in Wien und Seoul (Südkorea) sowie Gender Studies in Berlin (MA Gender Studies). Während ihrem Studium begann sie beim Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) zu arbeiten wo sie nach ihrem Abschluss das Mentor:innen Programm für queere Geflüchtete leitete. Privat engagiert sie sich im Bereich (Queer-)Feminismus und Fußball.

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