Freudenberg Stiftung: Zukunftslabor Ost

Daniel Richardt von der Freudenberg Stiftung auf dem openTransfer CAMP #Zusammenhalt am 17. Januar 2020 in Halle (Saale)

Die Initiative Zukunftslabor Ost will demokratisches Engagement sichtbar machen und eine Zukunftsvision für die ostdeutschen Bundesländer entwickeln. In der Session diskutierten die Teilnehmenden Problemwahrnehmungen und Handlungsansätze zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Ostdeutschland.

Die im baden-württembergischen Weinheim beheimatete Freudenberg Stiftung setzt sich seit ihrer Gründung für eine starke demokratische Zivilgesellschaft ein und unterstützt gemeinnützige Organisationen, die den sozialen Zusammenhalt und die demokratische Kultur in Ostdeutschland stärken. So hat die Freudenberg Stiftung maßgeblich am Aufbau der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) mitgewirkt. Auch die Amadeu Antonio Stiftung ist eine Ausgründung der Freudenberg Stiftung.

Fotocredit: Jörg Farys | openTransfer.de

Auf die Frage, warum ein spezielles Engagement in Ostdeutschland notwendig sei, erklärte der Sessiongeber, dass es bedeutend mehr Fördergeber:innen in Westdeutschland gäbe. 30 Jahre nach der Wende gehe es darum, effektive und gute lokale Ansätze in Ostdeutschland sichtbar zu machen. Was nicht funktioniere: ein 1:1-Transfer von West nach Ost.

Start eines ergebnisoffenen Prozesses

In letzter Zeit sei eine gestiegene Bereitschaft von Stiftungen zu erkennen, sich in Ostdeutschland zu engagieren und strategische Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft einzugehen, so Sessiongeber Daniel Richardt. Diesen Prozess möchte die Freudenberg Stiftung begleiten und hat dafür zusammen mit der Cellex Foundation und den RAAs Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern die Initiative Zukunftslabor Ost ins Leben gerufen. In verschiedenen Veranstaltungen sollen Vertreter:innen von Stiftungen, Politik und Verwaltung zusammengebracht werden, um demokratisches Engagement sichtbarer zu machen, gemeinsam weiterzudenken und vor allem eine Zukunftsvision zu entwickeln. Der ergebnisoffene Prozess startet mit einem zivilgesellschaftlichen Hearing unter dem Titel „Oh wie Ostdeutschland“ am 30. März 2020 in Dresden.

Ostdeutsche Problemwahrnehmungen und Handlungsansätze

Im Verlauf der Session wurde zunächst in „Murmelgruppen“ und anschließend in der gesamten Runde Problemwahrnehmungen und Handlungsansätze beim Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt in Ostdeutschland gesammelt und diskutiert.

Problemwahrnehmungen:

  • schlechte Infrastruktur und kaum kulturelles Leben (im ländlichen Raum)
  • geringes Vertrauen in Institutionen
  • Kinderbeteiligung (noch) nicht da
  • schlechtere sozio-ökonomische Bedingungen und wenig wirtschaftliche Sicherheit
  • weniger stabile formelle Engagement-Strukturen
  • fehlende / andere Erfahrungen mit Engagement
  • die Leute sind engagiert, aber nicht unbedingt in Strukturen eingebunden
  • stärker ausgeprägte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
  • Verunsicherung / gefühlte Unsicherheit durch politische Stärke der AfD
  • Menschen haben das Gefühl, nicht gehört worden zu sein
  • fehlende Selbstwirksamkeitserfahrung
  • mangelnde Bereitschaft zum Perspektivwechsel – einige Menschen fühlen sich mit ihrer Meinung nicht willkommen
  • Heimatverlust (biografische Brüche)

Handlungsansätze:

  • Die Leute wollen dort, wo sie leben, Verknüpfungen schaffen
  • vor Ort etwas machen und daraus Strukturen / Verstetigung entwickeln
  • Ergebnisoffenheit, Vorurteilsfreiheit im Kontaktaufbau, „Zuhören“, Anknüpfungspunkte finden
  • nächste Generation mit ins Boot holen, bevor sie sich abgehängt fühlt
  • nichtstaatliche Förderung demokratiefördernder Projekte / Initiativen
  • politische Bildung stärken
  • Kinderbeteiligung ausprobieren
  • Perspektiven schaffen und entwickeln
  • Stärkeerfahrung – Bewusstsein gesellschaftliche Transformationsprozesse gestalten zu können

In der Gruppe wurde diskutiert, ob es sich bei den gesammelten Problemen eher um Symptome oder Ursachen handelt, ohne dass die Runde hier zu einem Konsens kam. Einig war man sich aber darin, dass es nicht darum gehen dürfe, Probleme geografisch aufzuteilen. Stattdessen lohne es sich, auch über Potenziale zu reden, die bestimmte Herausforderungen mit sich bringen. So böten viele Gegenden in Ostdeutschland viel Raum für Entfaltung und Möglichkeiten zum Experimentieren.

Zur Präsentation

https://www.freudenbergstiftung.de

https://www.zukunftslabor-ost.de/

Fotos: CC BY-NC-SA 2.0 / Jörg Farys I openTransfer.de

Sebastian Gillwald

Sebastian Gillwald ist Geschäftsführer bei der Stiftung Bürgermut. Er leitet dort die Projekte openTransfer und openTransfer #Patenschaften. Er hat Politik & Verwaltung und Anglistik/Amerikanistik an der Universität Potsdam sowie Europawissenschaften an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder studiert. Anschließend arbeitete er für eine Kommunikationsagentur und ein gemeinnütziges Online-Portal für Flüchtlingshilfe und soziales Engagement in Potsdam.

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