Franchise – das Business-Konzept erreicht den sozialen Sektor

Im kommerziellen Sektor ist Franchising als Verbreitungsstrategie längst etabliert. Im gemeinnützigen Sektor hält das Konzept inzwischen unter dem Namen Social Franchise Einzug. Der Erfolg einiger Social-Franchise-Konzepte zeigt, dass dies durchaus funktioniert.

 

McDonald’s, Burger King & Co. – diese Unternehmen werden in der Regel mit dem Begriff Franchise in Verbindung gebracht. Sie sind die „big player“ in der weltweiten Franchisewirtschaft. Doch wer ein wenig genauer hinschaut, erkennt, dass sich allein in Deutschland etwa 1.000 Franchiseanbieter  am Markt befinden. Neben der Gastronomie sind der Fantasie bei den einzelnen Branchen keine Grenzen gesetzt:  Einzelhandel, Dienstleistungen, Hotellerie, Fitness, Handwerk, Gesundheitswesen – selbst im Bereich der Landwirtschaft wird derzeit über die Entwicklung von Franchisemodellen nachgedacht.

Der Grund liegt auf der Hand: Franchise schafft Synergien durch Arbeitsteilung zwischen dem Franchisegeber und seinen Partnern, den Franchisenehmern. Arbeitsteilung kann große Erfolge hervorbringen, da die Beteiligten sich auf ihre „Jobs“ konzentrieren können. Der Franchisegeber stellt das Konzept zur Verfügung und entwickelt es laufend weiter, während der Franchisenehmer es vor Ort umsetzt. Franchise heißt damit auch Multiplikation von standardisierten Abläufen innerhalb von Geschäftsmodellen. Das ist, was der Endkunde in der Regel mit den eingangs genannten Unternehmen in Verbindung bringt. Und genau das zeichnet auch den Erfolg von Franchisenetzwerken aus.

Das Grundprinzip ist dabei selbstverständlich auch auf andere Lebensbereiche übertragbar. Das gilt allen voran für den sozialen Bereich, in dem sich in den vergangenen Jahren – weltweit – zahlreiche Social-Franchise-Konzepte etabliert haben. Sie multiplizieren im Non-Profit-Bereich Projekte, die gemeinwohlorientiert sind, die also beispielsweise Herausforderungen in sozialen Brennpunkten adressieren. Mehr noch: mit dem Einzug der sozialen Komponente  ist der Grundstein für eine  Erweiterung des Franchisegedankens gelegt worden, aus der nicht geahnte Potenziale erwachsen. Und gerade an dieser Stelle wird so etwas Wertvolles multipliziert, dass es einem weiteren Ausbau sowie einer Professionalisierung der Angebote bedarf.

Was sind also die Erfolgsfaktoren des Franchisings?

Die Grundlage – eine erprobte Idee mit Alleinstellung

Franchise heißt nicht, Wachstum mit der „Copy-and-Paste“-Methode umzusetzen.  Im kommerziellen Franchising scheitern immer wieder Konzepte an fehlenden Alleinstellungsmerkmalen bzw. Wettbewerbsvorteilen. Da ist es – überspitzt formuliert – nicht ausreichend, den 23. Anbieter im Bereich Pizza-Delivery oder das 9. Konzept im Bereich der Frauenfitness auf den Markt bringen zu wollen. Wer nicht attraktiv und erkennbar gegenüber Endkunden ist, wird es auch nicht gegenüber potenziellen Franchisnehmern sein.  Franchise heißt im optimalen Fall für sämtliche Bereiche: Umsetzung und Etablierung von innovativen Ideen, die bestehende Märkte durcheinander zu bringen in der Lage sind. So geschehen z.B. im Bereich des Zoofacheinzelhandels, wo Franchiseanbieter (wie z.B. Fressnapf/Futterhaus/Zoo&Co) den Markt revolutioniert haben. Essenzielle Grundlage für die Expansion ist dabei ein über mindestens 12 Monate oder länger geführter Pilotbetrieb. Für alle Franchiseanbieter gilt jedoch: Bitte keine vorschnelle Multiplikation und sich Zeit nehmen für die Pilotierung. Diese bedeutet, Erfahrungen mittels der Wettbewerbsvorteile zu sammeln. Und Franchisenehmer erwarten beim Einstieg gerade diese Erfahrungen, auf denen sie ihren eigenen Erfolg aufbauen.

Zufriedenheit schafft Bindung und Erfolg

Wer Franchisenehmer wird, will also in der Regel Erfolge produzieren. Das kann ökonomischer Erfolg genauso sein wie eine entsprechende positive Wirkung durch ein Social-Franchise-Konzept. In dem Moment jedoch, in dem Existenzen auf Franchisepartnerschaften aufbauen, steht die Umsatzgenerierung für den Unternehmer im Vordergrund. Das unterscheidet allerdings Franchiseunternehmer nicht von klassischen Unternehmern, die ihren Betrieb komplett „auf eigene Faust“ führen. Wir haben darüber hinaus gelernt, dass es neben dem ökonomischen Erfolg durchaus auch eine weitere Dimension für den Geschäftserfolg  – speziell in Franchisesystemen – gibt.  Diese Dimension zielt auf das Beziehungsgeflecht innerhalb des Franchisesystems selbst ab und wurde unlängst im Rahmen einer Studie durch das Institut für Franchising & Cooperation (F&C) an der Universität Münster untersucht:

Je höher die Zufriedenheits- und Bindungswerte der Partner bzw. die Beziehungsqualität der Franchisepartner, desto besser die ökonomischen Kennzahlen (wie z.B. Umsatzwachstum, Franchisepartnerwachstum) und damit auch die Erfolgsaussichten für die Franchisepartner. Daraus erwachsen folgende Erkenntnisse:

  1. Die Beziehung zwischen Globalzufriedenheit und Partner-Veränderung bzw. Umsatz-Veränderung ist eindeutig.
  2. Dasselbe gilt für die Beziehung zur Zentrale: Die vorhandene Beziehungsqualität wirkt sich direkt aus auf Partner-Wachstum und Umsatz-Wachstum. Ohne eine gute Beziehungsqualität zwischen Franchisepartner und Zentrale gibt es kein nachhaltiges Wachstum bzw. Systeme mit guter Beziehungsqualität wachsen deutlich stärker. Positive Globalzufriedenheit, eine hohe Beziehungsqualität, geschäftlicher Erfolg, Franchisepartnerwachstum und Umsatzwachstum bedingen sich gegenseitig.

Es kommt also auf die Beziehung an. Franchisegebern, denen das Verhältnis zu ihren Partnern wichtig ist und diese Partnerschaft leben, bieten auch eine erfolgreichere Existenz an.

Übertragbarkeit auf Social-Franchisekonzepte

Gemeinhin gilt im kommerziellen Franchising, dass der Antrieb des Franchisenehmers wesentlich in seiner Selbständigkeit  und der damit verbundenen Investition liegt. Es spornt ihn an, an einem „Return on Investment“ zu arbeiten.

Im Social Franchising hingegen liegt der Anreiz im Erreichen einer gemeinsamen Leistung, die dem maximalen sozialen Nutzen und dem gesellschaftlichem Fortschritt dienen soll. Für Franchisesysteme im Non-Profit- Bereich gilt es – genauso wie für Franchisesysteme im kommerziellen Bereich – attraktive Konzepte – in Form von Projekten oder Dienstleistungen – zu gestalten, um die passenden Partner zu gewinnen. Die richtigen Franchisenehmer können eine große Strahlkraft auf das gesamte Franchisesystem haben bzw. zum Gelingen und zum Erfolg einer gemeinsamen Leistung beitragen.  Insofern ist ein klares Partnerprofil erforderlich, an das sich der Franchisegeber im Optimalfall auch konsequent hält.

Der Erfolg von Franchisekonzepten entspringt – wie oben erwähnt – aus einem Mix aus Geschäftserfolg und Bindung der Partner an die Zentrale.  Gerade dem letzten Punkt kommt eine immens große Bedeutung zu: Bindung wird durch eine enge Betreuung und Kommunikation, durch die Erzeugung eines „Wir-Gefühls“  sowie auch und gerade durch professionelle Betreuung in Krisenzeiten hervorgerufen.

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Foto: Thinkstock

Wie unterschiedlich Franchisekonzepte im sozialen Bereich aussehen können, illustrieren die Beispiele CAP Märkte und wellcome. CAP Märkte sind Lebensmittelmärkte, die dort eröffnen, wo die großen Ketten kein ausreichendes Potenzial sehen. Sie ermöglichen nicht nur Menschen mit Mobilitätseinschränkung eine Nahversorgung. Darüber besteht das Gros der Beschäftigten aus Menschen mit Behinderungen, die hier nahe am ersten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung finden. Rund 100 CAP Märkte gibt es inzwischen in Deutschland. Franchisegeber ist die GDW Süd, Franchisenehmer sind Einrichtungen der Behindertenhilfen. Die GDW Süd berät schon im Vorfeld potenzielle Franchisees intensiv und unterstützt auch den laufenden Betrieb mit eigenen Experten, die monatlich die Märkte besuchen. Anders die wellcome gGmbH, die kleine Teams von Freiwilligen organisiert, die jungen Familien nachbarschaftlich bei der Kinderbetreuung hilft. 250 lokale Gruppen gibt es inzwischen in Deutschland. Jeder neue Standort – Partner vor Ort sind oft Einrichtungen der Jugendhilfe – profitiert von den vorbereitenden Maßnahmen der Zentrale in Hamburg. Zusätzlich werden regelmäßig Rücksprachen gehalten, bei größeren Problemen interveniert. Fällig wird dafür eine geringe Jahresgebühr, die vor Ort beispielsweise aus Kleinspenden generiert wird.

Fazit

Die Organisation eines Franchisesystems ist eine Herausforderung, die viele professionell meistern. Sie wird jedoch auch gelegentlich unterschätzt.  Was auf den ersten Blick einfach wirkt („mal wie McDonald’s expandieren“) ist beim näheren Hinsehen mit sehr vielen Aufgaben und auch Kapital verbunden. Die Social-Franchise-Szene ist noch vergleichsweise jung. Das ist gut, da jetzt der richtige Zeitpunkt ist, diese Szene stärker untereinander zu vernetzen, damit sie voneinander lernen kann. Wie oben bereits gesagt, die Potenziale sind riesig. Genauso wie die auftretenden Synergien. Und am Ende sind sich das kommerzielle Franchising und das soziale näher, als viele denken.

Links:

https://www.opentransfer.de/2875/video-podcast-cap-markte-mit-social-franchise-zum-erfolg/

https://www.opentransfer.de/2860/video-podcast-wellcome-hilfe-fur-junge-familien-per-social-franchise/

Torben Leif Brodersen

Torben Leif Brodersen, geb. 1975, ist studierter Politikwissenschaftler und startete 1996 als Assistent in der CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein. Bereits seine nächste Station im Berliner Bundestagsbüro führte ihn zum Thema Franchise. Seit 2003 ist Torben Leif Brodersen Geschäftsführer des Deutschen Franchise-Verbandes e.V. (DFV). Seit 2004 ist er im Vorstand der European Franchise Federation (FFF) und der World Franchise Council (WFC).

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