Fairnopoly – Wachstum durch Crowdfunding finanzieren
Wie kommt man nur an das liebe Geld? Eine Frage die am Ende immer wieder umtreibt. Ob man nun ein reines for profit Unternehmen, eine non profit Organisation ist oder als Sozialunternehmer zwischen den Seilen tanzt, die Finanzierung der Unternehmung ist ein bedeutender Erfolgsfaktor. Ernst Neumeister von dem Sozialunternehmen Fairnopoly hat in seiner Session interessante Einblicke in die Welt des Crowdfunding gegeben.
Fairnopoly hat sich hohe Ziele gesetzt. Als fairer Marktplatz will das Start-Up eine Alternative zu den schon bekannten großen Marktplätzen, wie Amazon, darstellen. Fair bedeutet hierbei, dass nur fair gehandelte und gebrauchte Produkte angeboten werden, sowie ein Prozent des Erlöses automatisch an Transparency International abgegeben werden. Für die Finanzierung ihrer Plattform verwendet das Sozialunternehmen auch das Crowdfunding. Dabei kann Fairnopoly auf eine sehr erfolgreiche Kampagne zurückblicken, die sie Anfang 2013 gestartet haben und die weit über den erwarteten Erfolg hinaus geglückt ist. Gerade eben befinden sie sich in Mitten einer zweiten großen Kampagne. Ernst Neumeister, zuständig für das Crowdfunding bei Fairnopoly, gab uns ein paar interessante Einblicke in seine Arbeit und ermöglichte eine weite Diskussion über die Vorgehensweise und die Tücken beim Crowdfunding.
Die Wahl der Zielgruppe
Bevor man sich Ziele und Strategien für eine Crowdfunding Kampagne erarbeitet, sollte man sich Gedanken über die Zielgruppe machen, die man erreichen will. Gerade das Crowdfunding ist auf eine sehr spezifische Zielgruppe ausgelegt, die eine gewisse Affinität zu Online Medien haben sollte. Da nicht nur die Darstellung und meist auch die Kommunikation, sondern auch das Funding selbst online abgewickelt werden.
Neben dieser grundsätzlichen Überlegung besteht auch die Möglichkeit seine Funder besser kennen zu lernen, hat man z.B. schon einmal eine Kampagne verwirklicht. Ein Fragebogen zur Evaluierung der Intentionen des Fundings ehemaliger Kampagnen kann Aufschluss über die eigene Ziel- und Strategiegestaltung geben. Spreche ich mit meinem Projekt eher Menschen an die aus ideellen Gründen funden oder sogar eher Menschen die darin eine Investition sehen. Gerade bei der Kommunikation mit den Fundern ist ein solches Wissen von großer Bedeutung.
Was sind die Ziele des Crowdfunding
Natürlich steht an erster Stelle die Erreichung der finanziellen Mittel zur Verwirklichung seiner Unternehmung. Jedoch steht Crowdfunding nicht nur für Finanzierung von Projekten, sondern ermöglicht auch andere Ziele einer Organisation zu erreichen.
Neben der Aufmerksamkeit die man mit Hilfe etablierter Plattformen erreichen kann, ist gerade der Realitätscheck des eigenen Konzepts dabei ein schönes Nebenprodukt. Oft werden Konzepte im engen Kreis – Familie Bekannte – vorgestellt, von diesen auch als wahnsinnig toll empfunden, jedoch bekommen sie dann in der Realität nicht die gleiche Aufmerksamkeit. Das Echo auf solchen Plattformen kann daher helfen, rechtzeitig Konzeptänderungen vorzunehmen.
Wie sollte eine Crowdfunding Kampagne aussehen: Wichtige Punkte einer Strategie
Neben der passenden Zielsetzung und dem Eignungstest ist vor allem eine passende Strategie zur erfolgreichen Umsetzung von Crowdfunding von Nöten. Gemeinsam mit den Session-Teilnehmern wurden aus dem Erfahrungsschatz heraus Kernstrategien für ein effektives Crowdfunding zusammengetragen:
1. Die Wahl der richtigen Plattform
Für die Wahl der Crowdfunding Plattformen sollte man sich auf schon etablierte Plattformen beschränken. Genannt wurden hierbei hauptsächlich zwei, die auch Fairnopoly bei ihren Kampagnen verwendete und aktuell auch benutzt. Start Next & Indigogo. Dabei handelt es sich einmal um eine deutsche und einmal um eine US-Amerikanische Plattform.
Die Etablierung einer Plattform ermöglicht nicht nur eine gewisse Seriösität sondern auch die Ansprache von Fundern, die man über die eigene PR nicht erreichen kann, oder nicht wusste, dass sie überhaupt zu der eigenen Zielgruppe gehören. Über die Plattform Start Next kamen z.B. 30% der Funder direkt über die Plattform und nicht über die Hauseigene PR zu Fairnopoly.
Neben der Reputation der Plattform ist auch ihr Standort von Bedeutung. So bestehen bei den oben genannten Plattformen jeweils unterschiedliche Rechtssysteme.
2. Aufbau einer guten PR
Eine Community aufzubauen und möglichst im Gespräch zu bleiben ist eine der Hauptaufgaben beim Crowdfunding. In Zeiten der Informationsüberflutung ist gute PR Arbeit nicht mehr wegzudenken.
Einer der wichtigsten Punkte ist dabei die Transparenz. Das Konzept klar darzustellen und die Ziele sowie die Verwendung der Gelder transparent zu gestalten, ist ein Muss für erfolgreiche Crowfunding Kampagnen. Dies kann durch die Einbindung unterschiedlicher medialer Instrumente erfolgen. So kann man mit Hilfe eines Erklärungsvideos einen knappen Einblick geben, der dann durch eine ausführliche textliche Darstellung des Konzeptes begleitet wird. Dieser sollte neben der Darstellung des Konzepts auch die Ziele sowie die Verwendung der Gelder transparent machen.
Gerade wenn man plant seine Organisation mit Hilfe mehrere Crowfunding Kampagnen zu unterstützen ist es sinnvoll auf diese zu verweisen und offenzulegen, was bis dato schon mit diesen Kampagnen erreicht wurde und wo die Reise hingehen soll.
Weitere Tipps für eine Kampagnen die für eine begleitende PR gefallen sind:
- Fortlaufende Kommunikation der Stati
- Schnelle und ehrliche Reaktion auf Kommentare, vor allem auf kritische. Dies bedarf selbstverständlich auch eines nicht zu unterschätzenden personellen Aufwandes
- Presse proaktiv einbinden: Sich nicht nur zurücklehnen sondern ruhig trauen die wichtigen Multiplikatoren gezielt anzuschreiben. Dabei kann es sinnvoll sein gerade über die Blogger zu den Journalisten und somit in die großen Medien zu kommen
- Verwendung informativer Videos, einprägsamen Bildern und gutes Storytelling. „Crowdfunding läuft immer auch über Emotionen!“
- Nutzung von Social Media zur kostengünstigen Erreichung der Zielgruppe
Einige dieser Tipps sind jedoch nicht nur während der Kampagne zu beachten, sondern sollten nach Möglichkeit auch schon vor dem Start der Kampagne Beachtung finden. So wirkt eine schon bestehende Fangemeinde und eventuell schon Funder, die direkt zum Start der Kampagne investieren, als Barrierenbrecher für weitere Funder.
3. Zeitraum der Kampagne
Der Zeitraum einer solchen Kampagne sollte überschaubar sein und sich nicht über ein halbes Jahr hinziehen. Länger als 2 Monate ist wahrscheinlich nicht sinnvoll. Die Erfahrung der Teilnehmer ließ bestätigen, dass gerade in den ersten Wochen und kurz vor Abschluss der Kampagne die meisten Gelder fließen.
4. Das Quäntchen Glück
Zu guter Letzt bedarf es selbstverständlich immer auch eines Quäntchen Glücks um eine erfolgreiche Kampagne durchzusetzen. So hatte Fairnopoly das Glück, dass gerade zu der Zeit ihrer ersten Kampagne der Skandal um Amazon auftrat, durch welchen solche Alternativ Konzepte, wie Fairnopoly eines darstellt, verstärkt Gehör fanden.
Die Tücken des Crowdfunding:
Die Bezahlung des Personals
Die Frage, ob man über Crowdfunding auch das dafür benötigte Personal mit bezahlen kann, wurde in der Runde sehr kontrovers diskutiert.
Auf der einen Seite ist man der Meinung, dass gerade die Transparenz dabei einen Strich durch die Rechnung macht. Die Offenlegung der Verwendung der Gelder und somit auch die direkte Kommunikation, dass damit auch die Gehälter der Projektmitarbeiter finanziert werden, kann schnell zum Nachteil der Kampagne führen. In der Konkurrenz zu anderen Projekten, die bis zu 100% ihres gefundeten Geldes in vielleicht ähnliche Projekte einfließen lassen, kann die eigene Unternehmung schnell seinen Zauber verlieren.
Auf der anderen Seite aber fiel auch die Argumentation, dass eine solche Finanzierungsmöglichkeit definitiv erstrebenswert sei. Was nützt ein tolles Projekt, wenn diejenigen die es verwirklichen sollen, keine Zeit finden diese Aufgabe auch zu bewältigen, da sie damit beschäftigt sind, ihr täglich Brot zu erwirtschaften. Es scheint hier ein Umdenken in der Crowdfunding Community angebracht. Mit Blick auf die USA, in denen die Finanzierung des Personal über Crowdsourcing Gang und Gebe ist, scheint man in eine aussagekräftige Zukunft blicken zu können.
Die Gefahr vor Ideenklau
Sicherlich ist ein solches Unterfangen auch mit einem gewissen Risiko behaftet. So sollte man auf alle Fälle im Blick behalten, dass die geforderte Transparenz auch schnell zum Ideenklau einladen kann. Gerade diese Tatsache macht es unausweichlich sich im vornhinein ein ausgeklügeltes Konzept zu erarbeiten, bevor man an in die Kampagne startet.
Am Ende war es doch, wie so oft, zu wenig Zeit um alle Themen ausführlich auszudiskutieren. Das Thema Crowdfunding scheint ein großes Potential zu haben und ist auf viele offene Ohren gestoßen. Vielen Dank daher an Ernst Neumeister für den transparenten Einblick in seine Arbeit und an alle Teilnehmenden für die spannende Diskussion.
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