Gutes einfach verbreiten - page 90

„Geld ist meist nicht das entscheidende Problem beim Wachstum
sozialer Organisationen. Das Nachsteuern des Systems ist viel
schwieriger.“ Dieses Problem kennen beispielsweise die Tafeln in
Deutschland. Bis eine große Unternehmensberatung das bundes-
weite Qualitätshandbuch fertig geschrieben hatte, waren in allen
Winkeln der Republik bereits Tafeln entstanden. Die Folge: Fehler
wiederholten sich, das Rad wurde vielerorts mühsam neu erfunden.
Um Wildwuchs zu vermeiden, nimmt die Hamburger wellcome-
Zentrale die gelegentlichen Alleingänge ihrer Partner sensibel und
selbstkritisch auf. „Neulich hat jemand für sein lokales Team ohne
Rücksprache mit uns eine App entwickelt. Das war für uns ein Zei-
chen, dass wir in diesem Punkt zu langsam waren und offenbar
einen Bedarf in unserem System übersehen haben“, nennt Rose
Volz-Schmidt ein Beispiel. Kurz: Der Begriff Selbstläufer klingt
zwar gut, aber Selbstläufer sind auch gefährlich, wenn stabile Qua-
lität in einem System wichtig ist.
wellcome sieht von außen betrachtet wie ein Selbstläufer aus, ist
aber keiner. Genau das ist das Erfolgsgeheimnis: das ständige
Zusammenspiel zwischen zentra-
ler Steuerung und Praxiserfahrung
an der Basis. Ende 2006 geht Rose
Volz-Schmidt den mittlerweile
fast unvermeidlichen Schritt. Sie
gründet die wellcome gGmbH und
ist fortan Unternehmerin. In den
folgenden drei Jahren avanciert
sie zum Star der Szene. Sie wird
Social Entrepreneur des Jahres der
Schwab Foundation, Ashoka Fel-
low, erhält das Bundesverdienst-
kreuz. Die Bundeskanzlerin bittet
zum Gespräch. Bundespräsident Gauck widmet wellcome sein ers-
tes Benefizkonzert. Rose Volz-Schmidt hat diesen Wirbel nicht
gesucht, aber inzwischen weiß sie ihn zu nutzen.
Herzstück sind die 2.500 freiwillig
engagierten „Engel“.
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