CAP-Märkte — Wachsen mit Gebühren

Die CAP-Märkte sind eine Lebensmittelkette, die derzeit rasant wächst. Sie bieten mit ihren Märkten dort eine Nahversorgung, wo keine anderen Anbieter mehr vertreten sind. Die Märkte beschäftigen zu einem großen Teil Mitarbeiter mit Behinderungen. Das System finanziert sich über ein ausgeklügeltes Franchise-Modell und konsequentes Coaching.

 

Einnahmequellen: Gebühren der Projektnehmer

Rolle des Projektnehmers: zahlt Franchise-Gebühren

Nachhaltigkeit: solide Finanzierung, solange die Projektnehmer erfolgreich wirtschaften

 

Die Lebensmittelmärkte bieten Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz, der nah am ersten Arbeitsmarkt angesiedelt ist. Die Angestellten sind nicht mehr auf die Kombination von geringem Werkstattlohn und Sozialhilfe angewiesen. Im Sinne einer echten Inklusion sind sie bei der täglichen Arbeit ganz selbstverständlich in Kontakt mit Kunden und anderen Mitarbeitern.

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Die Märkte stellen eine Nahversorgung dar, die vor allem Menschen ohne Auto entlasten. Die niedrigen Regale sind auch für Senioren gut erreichbar, die extra breiten Gänge erleichtern den Einkauf zusätzlich. Lieferservices versorgen zudem Menschen mit eingeschränkter Mobilität.

Auf diese Weise werden gleich mehrere Vorteile miteinander kombiniert: die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, die lokale Nahversorgung, die Reduzierung des Verkehrs sowie die Unterstützung lokaler Wirtschaftskreisläufe.

 

Praktische Behindertenhilfe

Im Social-Franchise-Modell der CAP-Märkte tritt die GDW Süd als Franchise-Geber auf. Die GDW SÜD — Genossenschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Süd eG bietet seit 1985 Menschen mit Behinderungen Beschäftigungsmöglichkeiten. Sie ist eine Genossenschaft anerkannter Einrichtungen der Behindertenarbeit mit rund 26.000 Mitarbeitern an 178 Werkstattstandorten in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland. Ziel und Zweck der GDW SÜD ist die langfristige und zukunftsorientierte Sicherung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung.

Der Name CAP enthält einen Bestandteil des Wortes „handicap“, der Claim „der Lebensmittelpunkt“ verbindet die Begriffe „Lebensmittel“ und „Mittelpunkt“ im Sinne eines Zentrums des Lebens.

Das Interesse daran, nach einem Pilotversuch in Herrenberg, das Konzept zu übernehmen, war groß. Derzeit gibt es 98 Märkte in ganz Deutschland, deren Verkaufsflächen bei 300 bis 1.500 m2 liegen und die einen Umsatz von 121 Millionen Euro (2011) erwirtschaften. Zwei Drittel der 1.200 Beschäftigten leben mit einer Behinderung.

 

Social Franchise als Skalierungsmodell

Beim Social Franchise wird ein Konzept mittels einer vertraglichen Vereinbarung an lokale, unabhängige Organisationen weitergegeben. Rechte und Pflichten des Projektgebers und der Projektnehmer sind also detailliert festgelegt.

Dabei bleiben die Gestaltungsspielräume groß. Kunden sollen das Gefühl haben, dass der lokale CAP-Markt „ihr“ Markt ist. Jeder Markt wird an die lokalen Gegebenheiten angepasst. Größe, Sortiment etc. unterscheiden sich.

Franchise-Nehmer sind in der Regel Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie profitieren von der Übernahme des Konzepts dadurch, dass sie ein bewährtes Modell adaptieren sowie von einer gut eingeführten Marke. An dieser Stelle kommt ihnen ein Vertrauensvorsprung zugute, und sie sparen ganz praktisch Werbekosten. Der Franchise-Nehmer profitiert direkt von den Erfahrungen, die bei der Etablierung der existierenden Märkte gesammelt wurden. Dies ist deshalb besonders wichtig, da die meisten Betreiber keine Erfahrungen im Lebensmittelbereich mitbringen.

Die Anfangsinvestitionen liegen bei rund 800.000 bis 1.000.000 Millionen Euro. Diese werden von den Franchise-Nehmern übernommen. Zusätzlich werden Franchise-Gebühren an die GDW Süd entrichtet. Sie liegen aktuell bei 0,6 Prozent des Umsatzes für die Beratungsleistungen sowie 0,1 Prozent für anteilige Werbekosten. Die GDW Süd hilft außerdem dabei, geeignetes Personal zu finden und zu schulen.

 

Besonderheiten

Die Betreiber versammeln sich jährlich, um über die Organisationsentwicklung zu sprechen. Dieser Beirat hat direktes Mitspracherecht. Viele der Mitglieder sind Teil der genossenschaftlich organisierten GDW Süd und haben auf diese Weise direkten Einfluss auf dessen betriebliches Handeln. Ein Merkmal, das CAP von klassischen Franchises unterscheidet.

Das Franchise-Modell funktioniert auch beim Wissenstransfer als wechselseitiger Prozess: Die GDW Süd gibt Know-how an die Betreiber weiter und empfängt andererseits auch Know-how, das an der operativen Front entsteht. Dieses wird bei der GDW Süd verdichtet und an alle Betreiber wieder zurückgespielt.

 

Vorteile

Das Franchise-Modell eignet sich vor allem für Projekte, die selbst substanzielle Einnahmen erwirtschaften und von diesen dann einen Teil an den Franchise-Geber zurückfließen lassen. Sie profitieren von einem etablierten, gut dokumentierten Geschäftsmodell und umfangreichen Beratungsleistungen im Vorfeld, während der Eröffnung und des laufenden Betriebs.

 

Herausforderungen

Eine der Herausforderungen beim Social Franchise ist der hohe Professionalisierungsgrad, der von der Mutterorganisation verlangt wird. Sie hält die Fäden in der Hand, kümmert sich um das Qualitätsmanagement, Branding, Marketing und die Fortentwicklung. Wer in diesen Bereichen keinen herausragenden Service bietet, wird nur schwer Franchise-Nehmer gewinnen oder halten.

 

Foto: Thinkstock

 

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Henrik Flor

Diplom-Politologe, absolvierte nach dem Studium ein Verlagsvolontariat und betreute danach für eine Kommunikations-Agentur verschiedene Kunden aus der Buchbranche. Er leitete bis 2021 den Bereich Redaktion & Konzeption bei der Stiftung Bürgermut, baute dort das digitale Engagement-Magazin Enter auf und war von Anfang an bei der Entwicklung von opentransfer.de dabei. Nach einer Station bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, leitet er die Kommunikation bei der Stiftung Bürgermut.

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