Berufliches Mentoring – ein Weg zum Einstieg in den Arbeitsmarkt

Luisa Seiler von SINGA Deutschland gUG auf dem openTransfer CAMP #Patenschaften am 4. November 2017 in Leipzig

Die Möglichkeit, den beruflichen Wiedereinstieg zu schaffen, ist sehr wichtig für die Integration von Geflüchteten. Hier setzt SINGA an. Luisa Seiler stellte das Modell „berufliches Mentoring“ vor und diskutierte mit den Sessionteilnehmenden die Chancen und Herausforderungen.

Viele Geflüchtete, die nach Deutschland kommen, haben bereits ein abgeschlossenes Studium oder Berufserfahrungen. Nichtsdestotrotz fällt es ihnen schwer, Arbeit zu finden. Das liegt an der Sprachbarriere und administrativen Hürden, aber auch an mangelnder Vernetzung. SINGA bringt daher Einheimische und Geflüchtete, die über ähnliche berufliche Fähigkeiten und Interessen verfügen, im Rahmen eines beruflichen Mentorings zusammen. Über vier Monate treffen sie sich regelmäßig und versuchen, den Geflüchteten den beruflichen Wieder- oder Neueinstieg zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt es Workshops, beispielsweise wie man einen Lebenslauf verfasst oder Online-Karrierenetzwerke nutzt. Auch die Mentorinnen und Mentoren erhalten vorbereitende Workshops, etwa zum Thema Berufsorientierung.

Eine Frau erklärt gestikulierend einen Sachverhalt.

Rosinenpickerei oder ein Programm mit Wirkung?
Bereits 160 Teilnehmende wurden seit 2016 vernetzt. Pro Gruppe kommen jeweils ca. 30 Tandems zusammen. 2/3 der Geflüchteten haben nach dem Mentoring einen Job oder Praktikumsplatz erhalten. Zwar steigen die meisten auf einem niedrigen Berufslevel ein, aber oftmals ist dies nur der erste Schritt, um beruflich weiterzukommen. So nahmen zum Beispiel auch Bankkauffrauen und -männer oder Buchhalterinnen und Buchhalter am Programm teil. Einige haben zunächst ein Praktikum bei einem Wirtschaftsprüfer absolviert, bevor sie dann ihren früheren Beruf wieder aufnehmen konnten. Voraussetzung hierfür ist aber ohnehin meist, dass das Sprachniveau entsprechend hoch ist. Auch Mentorinnen und Mentoren profitieren von dem Programm. 80 Prozent von ihnen wissen am Ende mehr über die Situation der Geflüchteten und 65 Prozent haben ihre Leadership- und Kommunikationsfähigkeiten gestärkt. Darüber hinaus lernen sich im Rahmen des Programms Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern kennen und bauen ein aktives Netzwerk auf.
SINGA wird allerdings oft nachgesagt, dass sie sich die „Rosinen“ herauspicken, also die gut Qualifizierten. In der Diskussion kam zur Sprache, dass bis zu 95 Prozent der Geflüchteten keine formell nachweisbaren Qualifizierungen haben. Und für diese gibt es wenig Angebote im beruflichen Mentoring. Auch wenn in diesem Bereich der Bedarf hoch ist, waren sich die Teilnehmenden einig, dass es Mentoring-Programme wie SINGA ebenfalls braucht. Denn auch hochqualifizierte Geflüchtete brauchen Unterstützung beim beruflichen (Wieder-) Einstieg.

Unternehmen als Türöffner?
Während SINGA seine Mentorinnen und Mentoren zu Beginn eher über Stiftungen und ihre Alumni-Netzwerke akquiriert hat, sucht die Organisation inzwischen immer mehr den Kontakt zu Unternehmen, um weitere Mentorinnen und Mentoren zu finden. Die Vermittlung von Geflüchteten in die Unternehmen hingegen findet wenig statt. Die gleiche Erfahrung haben auch die „Joblinge“ gemacht, die ebenfalls ein Berufsmentoring anbieten. Das Sozialunternehmen „Rock Your Life!“ hat in München ein Modellprojekt mit REWE gestartet, bei dem die Übernahme von den Jugendlichen durch den Konzern tatsächlich geklappt hat. Ein Grund hierfür könnte sein, dass das Programm als Ausbildungsrekrutierungsprogramm aufgebaut war.

Wie geht es weiter?
SINGA Deutschland möchte weiter wachsen – geografisch (nach Sachsen-Anhalt), aber auch qualitativ will die Organisation noch besser werden, um noch mehr Mentoringpaare unterstützen zu können. Momentan arbeiten sie an einem Algorithmen-Programm, welches das Matching vereinfachen soll. Allerdings, das bestätigten auch andere Mentoringprogramme wie die Schülerpaten Deutschland, kann ein Algorithmus das persönliche Matching nicht vollständig ersetzen. Er kann es aber vereinfachen.

http://singa-deutschland.com

Foto: Thilo Schmülgen / opentransfer.de

Julia Meuter

Julia Meuter arbeitet als Leiterin Transferberatung bei der Stiftung Bürgermut. Zuvor war sie bei der EVPA tätig und leitete beim Bundesverband Deutscher Stiftungen das „Social Franchise Projekt“ sowie „Effektn –Methoden erfolgreichen Projekttransfers“. Sie hat ein umfangreiches Wissen zu Fragen der systematischen Skalierung von Gemeinwohllösungen und ist Autorin zahlreicher Publikationen und Praxis-Ratgeber zum dem Thema.

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