IT-Lösungen für den Projekttransfer

Organisationen, die wachsen stehen oft vor der Herausforderung, die Zusammenarbeit mit den Projektnehmern zu meistern. Kommunikation, gemeinsames Wissens- und Projektmanagement, Wirkungsmessung, sowie zusätzliche Aufgaben zur Koordinierung des Netzwerks – es gibt im Transfer viele Herausforderungen, bei denen digitale Tools helfen können. Allerdings gibt es hiervon so viele, dass der Überblick leicht verloren gehen kann. Wir haben uns daher mit Ben Brich von Humanitarian Logistics Organisation e.V. zusammengesetzt und mit ihm darüber gesprochen, welche Möglichkeiten es gibt und wie du die richtige für dich finden kannst.

Mit seinem Verein unterstützt er die Logistik von gemeinnützigen Organisationen. Da spielen IT-Lösungen natürlich eine wichtige Rolle. Aufgrund eigener Bedarfe hat er sich außerdem mit einer Gruppe von Programmierern und gemeinnützigen Organisationen zusammengetan, um die Community Version der Open Source Lösung „Odoo“ für den gemeinnützigen Sektor weiter zu entwickeln. Mehr dazu aber später. Denn bevor du dich mit möglichen Lösungen beschäftigst, ist es wichtig, sich mit den eigenen Bedarfen auseinandersetzen, erklärt Ben.

Der erste Schritt: Bedarf klären

Es gibt viele Anbieter, die dir bei allen möglichen Herausforderungen helfen können. Damit sie aber wirklich auf deine Bedarfe und die deiner Transferpartner passen, solltest du dir ein paar Fragen stellen:

  • In welcher Hinsicht wirst du mit deinen Partnern zusammen arbeiten? Geht es nur um Kommunikation oder werdet ihr zum Beispiel auch gemeinsame Projekte durchführen oder Wissen teilen? Was muss das Tool folglich abdecken? Denke dabei nicht nur an das „Jetzt“, sondern auch an die Zukunft.
  • Wie verändert sich deine Arbeitsweise? Gibt es eine Herausforderung, wie etwa eine komplexere Buchhaltung, die durch das digitale Tool gelöst werden soll?
  • Wie spezialisiert muss die Lösung sein? Wer ein spezialisiertes Verfahren hat, braucht vielleicht auch ein spezialisiertes Customer Relationship Management (CRM)“), welches unter Umständen noch nicht existiert oder erst entwickelt werden muss.

Wenn du die Antworten auf diese Fragen kennst, kannst du dich umschauen, welche Software Lösungen für deine Bedarfe anbietet. Geht es zum Beispiel nur um Kommunikation, reicht eventuell schon eine team collaboration Lösung, wie „Slack“ aus, für das reine Kontaktmanagement reichen Adressbuchangebote in der Cloud usw. Oft wird aber eine Software für viele verschiedene Aufgaben benötigt. Gerade zu Beginn entscheiden sich Organisationen für verschiedene Anbieter, die jeweils auf eine Aufgabe abzielen. Hier solltet ihr euch allerdings im Klaren sein, dass dies ein übergeordnetes Reporting und Zusammenspiel der Tools erschwert.

Ein Beispiel: du benutzt ein Tool für das Accounting, ein anderes als CRM System und noch eins für das Eventmanagement. Nun müssen die Daten aber oft miteinander verbunden werden. So müssen die Teilnehmenden einer Veranstaltung zum Beispiel in das CRM System eingetragen werden. Einige Softwarelösungen  bieten hierfür bereits Schnittstellen „out oft he box“  an, bei der Mehrheit der Tools ist das aber meist nicht der Fall. Somit muss die Übertragung der Daten also entweder manuell passieren oder du steckst Arbeit hinein, um eine Schnittstelle zu programmieren.

Proprietäre Lösungen vs. Open Source

Grundsätzlich musst du dir auch immer die Frage stellen, ob du eine proprietäre oder eine Open Source Software nutzen möchtest. Eine proprietäre Software ist nicht offen. Das heißt, der Quellcode kann nicht verändert werden. Sie „gehören“ einem Unternehmen. Dafür bieten sie Services, wie Training, Implementierung und die Fehlerbehebung an. Beispiele hierfür sind Salesforce, Podio, Dropbox und so weiter. Hier liegen die Vorteile auf der Hand: ihr braucht euch einfach nur anzumelden und schon geht es los. Bei einigen kann und muss man das Programm noch ein wenig anpassen, aber das Grundgerüst steht. Sie bieten außerdem in der Regel einen sehr guten Support an und es gibt im Internet jede Menge Tutorials, die es sich anzuschauen lohnt. Da der Quellcode aber nicht offen ist, kannst du die Programme nicht voll und ganz auf deine Bedarfe anpassen bzw. musst dies als meist teuren Service beim Anbieter selbst oder einem Partner in Auftrag geben. Anders ist das bei Open Source Lösungen. Auch hier gibt es natürlich Angebote, die schon programmiert sind. Aber sie sind so angelegt, dass der Programmcode offen zugänglich ist, jeder diesen weiterentwickeln und die Tools implementieren kann. Voraussetzung hierfür  sind entsprechende IT Kenntnisse oder ein Dienstleister der diese entsprechend als Service anbietet. Gerade wenn spezielle Prozesse abgebildet werden sollen, bietet Open Source viele Möglichkeiten. Deine Entscheidung solltest du auch in Hinblick auf die entstehenden Kosten treffen. Viele Proprietäre Anbieter sind auf den ersten Blick sehr kostengünstig. Einige bieten gemeinnützigen Organisationen sogar kostenfreie Lizenzen an. Hier solltest du aber genau hinschauen, denn häufig gilt das nur für eine bestimmte Anzahl von Lizenzen. Bei Salesforce etwa können gemeinnützige Organisationen bis zu 10 Lizenzen kostenfrei erhalten. Gerade bei der Skalierung kann man hier aber bald an seine Grenzen stoßen. Bei Open Source gibt es solche Begrenzungen nicht. Per Definition dürfen hier keine Lizenzgebühren verlangt werden. Dafür zahlst du zu Beginn die Implementierung sowie den Support und eventuelle Weiterentwicklung. Das mag auf den ersten Blick teurer als eine proprietäre Lösung erscheinen. Plane aber auch schon in die Zukunft und überlege, wie hoch die Kosten mit der steigenden Anzahl an Projektnehmern wachsen werden. In den meisten Fällen ist Open Source dann doch die kostengünstigere Lösung. Ganz ohne Risiko sind sie aber nicht. Denn sie werden stetig weiterentwickelt und so muss man sich als Organisation entscheiden, ob man diese Entwicklungen mitgehen möchte, um auf dem neuesten Stand zu sein. Auch werden immer wieder Projekte eingestellt, so dass es zu prüfen gilt, wie lange die Software schon existiert und wie aktiv die Community darum herum ist.

Der richtige Zeitpunkt, sich mit IT-Lösungen zu beschäftigen

Eine Herausforderung im Transfer kann sein, dass die Software nicht mit der Organisation skaliert. Das führt im besten Falle zu Chaos und mehr Arbeitsaufwand, im schlimmsten Falle gehen dir dadurch wichtige Daten oder Wissen der Projektnehmer verloren. Daher ist es wichtig, sich schon frühzeitig darüber Gedanken zu machen. Dennoch solltest du nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen. Das heißt, zunächst sollte klar sein, was du brauchst (siehe oben), bevor du dich auf den Weg machst. Für den Übergang kann es auch erst einmal Sinn machen, eine Cloud-Plattform einzuführen, damit du und deine Projektnehmer Daten und Dateien teilen und eure Arbeit strukturieren könnt. Aber Vorsicht: das Geschäftsmodell vieler Cloud-Lösungen basiert darauf, dass die Nutzer irgendwann über ihr gesamtes Daten-Universum online verfügen und ein Umzug aller Daten viel zu nervig wäre. Man denke da nur an Google oder aber auch Microsoft. Schlimmer noch bei Salesforce oder ähnlichen CRM-Anbietern ist die Extraktion der Daten oft mit viel manuellem Aufwand verbunden. Im schlimmsten Falle kommen, wenn du den Absprung nicht früh genug planst, wie oben beschrieben weitere Kosten auf dich zu, sobald die Anzahl der Nutzer über die der kostenfreie Lizenz hinausgeht.

Alternativen zu den bekannten Anbietern

Klar, Google und Dropbox kennt fast jeder. Auch Slack und Trello sind bei vielen mittlerweile bekannt. Doch es gibt auch Alternativen, von denen viele noch nicht gehört haben, die du dir aber unbedingt anschauen solltest. Eine CRM System ist zum Beispiel CiviCRM, das für den Non-Profit-Sektor entwickelt wurde. NextCloud und OwnCloud sind Alternativen für Dropbox. Diese kann man genau wie Dropbox bei verschiedenen Anbietern fertig implementiert mit monatlichen Serverkosten bestellen und zahlt so für die Nutzung und nicht für die Nutzer. Für den Anfang sind diese Anwendungen auf jeden Fall eine gute Lösung. Doch du solltest dir weiterhin über die Prozesse Gedanken machen und irgendwann auf eine Software umsteigen, die zum einen für eine unbegrenzte Anzahl von Usern nutzbar ist und dir die Möglichkeit bietet, möglichst alle Anwendungen zu vereinen. Der Übergang muss natürlich nicht direkt auf einmal passieren. Wer mehrere Tools nutzt, kann diese nach und nach umstellen.

Eine Lösung hierfür bietet die Community Version von Odoo, die Open Source Software, welche die Humanitarian Logistics Organisation momentan mit einer Community ehrenamtlicher Entwickler und gemeinnütziger Organisationen weiterentwickelt. Odoo ist eine Open Source Management Suite für Unternehmen. Grundsätzlich sind viele der Module auch für auch für Non-Profits relevant, wie etwa CRM, Buchhaltung, Projektmanagement. Darüber hinaus gibt es bei Non-Profits aber auch andere Anforderungen, zum Beispiel in Bezug auf die verschiedenen Geschäftsbereiche, wo Kosten in wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und ideellen Bereich geteilt werden müssen, oder in Bezug auf Spenden und Mitgliedermanagement. Ziel ist es, eine IT-Lösung zu schaffen, die auf die Anforderungen von Non-Profits angepasst ist und die Nutzung so leicht wie möglich macht. Dazu gehören neben einer besseren Dokumentation auch bestimmte Voreinstellungen. Wenn du zum Beispiel das Spendenmodul integrierst, kannst du direkt angeben, um welche Spenden es sich handeln wird. Das Grundgerüst steht bereits. Nun geht es darum, weitere Features zu entwickeln. Hier kann sich jeder beteiligen und zum Beispiel angeben, welche Funktion er oder sie noch braucht. Die Kosten der Programmierarbeiten können anschließend unter den Organisationen geteilt werden, durch ehrenamtliches Engagement oder Fördergelder gedeckt werden. Wenn du Lust hast, Odoo zu nutzen, dich an dem Projektbeteiligen möchtest oder noch mehr Infos zu anderen Tools und deren Implementierung hast, melde dich gerne bei Ben (b.brich@humanilog.org).

Welche IT-Lösungen nutzt du bereits für deine Skalierung? Was sind deine Erfahrungen? Welche Herausforderungen hast du? Teile sie gerne mit uns.

Julia Meuter

Julia Meuter arbeitet als Leiterin Transferberatung bei der Stiftung Bürgermut. Zuvor war sie bei der EVPA tätig und leitete beim Bundesverband Deutscher Stiftungen das „Social Franchise Projekt“ sowie „Effektn –Methoden erfolgreichen Projekttransfers“. Sie hat ein umfangreiches Wissen zu Fragen der systematischen Skalierung von Gemeinwohllösungen und ist Autorin zahlreicher Publikationen und Praxis-Ratgeber zum dem Thema.

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