Stiftung Bürgermut: Was braucht’s für einen gelungenen Transfer?

Julia Meuter, Stiftung Bürgermut, auf dem openTransfer CAMP am 30.03.2019 in Frankfurt/Main

Projekttransfer ist kein Selbstläufer. Es gibt viele Herausforderungen bei der Verbreitung des eigenen Projekts. Eine klare Strategie und einschlägige Kompetenzen im Team sind nur zwei von mehreren Gelingensbedingungen, die in der Session zusammengetragen wurden.

Es gibt viele Organisationen, die ein Projekt erfolgreich vor Ort umsetzen. Häufig erhalten sie Anfragen aus anderen Städten, die Interesse daran haben, das Projekt zu übernehmen. Julia Meuter von der Stiftung Bürgermut berät und begleitet seit mehreren Jahren soziale Organisationen dabei, ihre erfolgreichen Projekte in die Fläche zu bringen. Sie beschreibt Projekttransfer als Verbreitung eines Angebots in andere Städte und Regionen. Lokale Partnerorganisationen setzen das Konzept vor Ort um. Doch bevor die Skalierung beginnt, sollte man sich Gedanken darüber machen, wie man sein Projekt transferieren und mit welchen Partnern man wie zusammenarbeiten möchte. Denn: Projekttransfer ist kein Selbstläufer! Es braucht eine klare Strategie, um ein Projekt erfolgreich groß zu machen.

Aber was ist – ganz allgemein – der Vorteil von Projekttransfer? Allen voran geht es darum, die Wirkung des eigenen Projekts zu erhöhen. Gerade wenn man mit seinem Projekt auch einen systemischen Wandel anstrebt, entwickelt man durch eine Verbreitung eine viel größere Hebelwirkung. Projekttransfer bietet aber auch die Chance, sich mit den eigenen Prozessen intensiv auseinanderzusetzen und diese zu optimieren, wie Julia Meuter hervorhob.

Zwei Frauen sitzen auf Stühlen, eine spricht und gestikuliert mit den Händen.
CC BY-NC-SA 2.0 / Andi Weiland / openTransfer

Modelle der Verbreitung

Julia Meuter stellte zunächst einige idealtypische Modelle der Verbreitung vor. Die offene Verbreitung ist die schnellste Möglichkeit, ein Projekt in die Fläche zu bringen. Es gibt keine rechtliche Bindung zwischen den Projektpartnern und in der Regel wenig Austausch. Ein Social Franchise basiert hingegen auf einer vertraglichen Beziehung mit klaren Vorgaben, die von beiden Projektpartnern eingehalten werden müssen. Der regelmäßige Kontakt und Austausch hilft, das Projekt erfolgreich durchzuführen und weiterzuentwickeln. Ein Beispiel für ein erfolgreiches Social-Franchise-System ist Rock Your Life!, eine gemeinnützige Bildungsinitiative aus München, die Schüler:innen aus sozial oder familiär benachteiligten Familien an Mentor:innen vermittelt. Die Verbreitung erfolgt über studentische Vereine, die von der Zentrale in München unterstützt werden.

Bei dem dritten Modell, der Filialisierung, wird der Transfer über rechtlich gebundene Ableger durchgeführt. Der gemeinnützige Verein Chancenwerk mit Sitz in Castrop-Rauxel setzt sich bundesweit für faire Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen ein und unterstützt diese in ihrer schulischen und individuellen Entwicklung. Da das Projekt nicht so leicht zu standardisieren ist, hat sich Chancenwerk für eine Verbreitung über ein Filialsystem entschieden und ist mittlerweile in sieben Bundesländern aktiv.

Herausforderungen und Gelingensbedingungen beim Projekttransfer

Nicht jeder Transfer gelingt oder ist so erfolgreich wie erhofft. Folgende Herausforderungen hat die Gruppe gemeinsam erarbeitet:

  • Ressourcen, Bedingungen und Akzeptanz vor Ort
  • die richtigen Ansprechpartner:innen finden
  • fehlender Austausch und fehlende Netzwerke
  • gesättigter Markt
  • fehlende Ressourcen, um das Projekt so kommunizieren zu können, dass es auch angenommen wird.
  • „Not-invented-here-Syndrom“ – Organisationen entwickeln lieber ihre eigenen Projekte, anstatt ein erfolgreiches und getestetes Modell zu übernehmen.
  • Konkurrenzgedanke
  • Wissen wird nicht richtig aufgearbeitet.
  • Overhead-Kosten werden in der Regel nicht finanziert.
  • Wahl des richtigen Transfermodells
  • keine ausreichende Planung


Neben vielen Herausforderungen, die der Transfer eines Projekts mit sich bringt, hat die Gruppe auch Gelingensbedingungen für eine Verbreitung des eigenen Projekts gesammelt:

  • Kenne deine Wirkung und überlege dir, wie du sie darstellen kannst!
  • Entwickel ein Geschäftsmodell und einen Businessplan!
  • Bau dir ein Netzwerk aus Unterstützer:innen und Multiplikator:innen auf!
  • Entwickel dein Projekt kontinuierlich und bedarfsorientiert weiter!
  • Tausche dich regelmäßig und auf Augenhöhe mit deinen Projektpartnern aus!
  • Setze auf flache Hierarchien und einen kooperativen Ansatz!
  • Bleib flexibel und optimiere dein Projekt und deine Abläufe regelmäßig!
  • Vergiss die Öffentlichkeitsarbeit nicht!
  • Ergänze dein Team um Kompetenzen für die strategische Planung!


https://www.buergermut.de/
https://opentransfer.de/

Sebastian Gillwald

Sebastian Gillwald ist Geschäftsführer bei der Stiftung Bürgermut. Er leitet dort die Projekte openTransfer und openTransfer #Patenschaften. Er hat Politik & Verwaltung und Anglistik/Amerikanistik an der Universität Potsdam sowie Europawissenschaften an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder studiert. Anschließend arbeitete er für eine Kommunikationsagentur und ein gemeinnütziges Online-Portal für Flüchtlingshilfe und soziales Engagement in Potsdam.

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