Wie Muttersprachlerinnen und Muttersprachler mobilisieren?
Rosalind Krotschak, David Reuß und Jonas Mayer, Katholische Stiftungsfachhochschule München (KSFH), auf dem openTransfer CAMP Refugees am 30.04.2016 in München
Die Studierendengruppe der Katholischen Stiftungsfachhochschule München (KSFH) belegte ein Blockseminar zum Thema Freiwilligenmanagement im Studiengang Soziale Arbeit. Sie warf die Frage auf, wie Muttersprachlerinnen und Muttersprachler für Willkommenskultur-Initiativen mobilisiert werden können.
Die Studierenden waren sich sicher: München nehme im bundesweiten Vergleich eine besondere Rolle in Hinblick auf die gelebte Willkommenskultur ein. Mit den steigenden Ankunftszahlen von Menschen mit Fluchterfahrung, steige auch die Zahl der Menschen, die den vielen Neuankommenden helfen wollten – beim Ankommen, Orientieren und Bleiben. Im realen wie virtuellen Leben gebe es Initiativen und Plattformen, die auf unterschiedliche Weise dazu beitragen wollen. Willkommen in München sei eine davon und böte eine erste Möglichkeit, sich in diesem Bereich zu engagieren. Zunächst habe die Erstversorgung der ankommenden Menschen im Vordergrund gestanden. Nun müssten langfristige Strukturen aufgebaut werden, die zu großen Teilen weiterhin von freiwillig Engagierten getragen würden.
Haßfurt: Gute Erfahrungen mit Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern
Einen besonderen Stellenwert bilde dabei die Mobilisierung von Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern, die schon länger in Deutschland seien. Spezielle Konzepte und Programme, die deren Erfahrungen und interkulturelle Sprachkompetenz berücksichtigten, gebe es bislang wenige. Eine Vertreterin des Landratsamtes Haßfurt, die selbst Syrerin ist und sieben Sprachen spräche, unterstrich diese Notwendigkeit: Die Muttersprachlerin oder der Muttersprachler verstehe kulturelle Hintergründe anders als Menschen, die lediglich dolmetschten. So könnten Muttersprachlerinnen und Muttersprachler eine vermittelnde Funktion einnehmen. Dazu gehören auch die richtige Interpretation von Gesten und Mimik, die in unterschiedlichen kulturellen Kontexten ganz verschiedene Sachen bedeuten würden. In Haßfurt jedenfalls seien sehr gute Erfahrungen mit der Einbindung von Menschen gemacht worden, die schon länger in Deutschland lebten. So hälfen sie neuankommenden Geflüchteten bei der Orientierung und erhielten dafür eine Aufwandsentschädigung.
Onlineplattform zur Vermittlung von ehrenamtlichen Dolmetscherinnen und Dolmetscher
Die Studierenden stellten außerdem eine Onlineplattform vor, die Geflüchtete und Sprachmittlerinnen und -mittler vernetzen möchte: ref.connect. Auf diesem Weg könne eine Begleitung zu Behörden oder zum Arzt unbürokratisch organisiert werden. Dabei sei es vor allem wichtig, dass die jeweiligen Sprachmittlerinnen und -mittler wirklich nur übersetzten, nichts in das Gesagte reininterpretierten oder beratend tätig würden. Mit einer entsprechenden Suchmaschinenoptimierung (SEO) könnten solche Onlineangebote gut gefunden werden.
Die Erfahrung in Haßfurt zeige, dass die Ausgangslagen jedoch sehr unterschiedlich sein können. So beherrschten viele der Geflüchteten aufgrund von nur wenig Schulbildung nicht immer Fremdsprachen oder sprächen sehr unterschiedliche Dialekte des Arabischen. Als sinnvoll hätten sich daher neben Deutschkursen auch Arabischkurse erwiesen, denn ein großes Problem ist, dass manche Menschen keine Schriftsprache erlernen könnten, was wiederum den Umgang mit den deutschen Behörden erschwere.
Insgesamt wurde betont, wie wichtig es sei, Muttersprachlerinnen und -sprachler einzubinden – innerhalb und außerhalb der Unterkünfte für Geflüchtete. Ein Patentrezept wie die Menschen mobilisiert werden könnten, sei dabei noch nicht gefunden worden. Tendenziell laufe viel über den persönlichen Kontakt sowie engagierte Menschen, die merkten, wie viel Positives sie mit ihrer oft unbezahlten Arbeit bewirken würden.
Foto: Andi Weiland / openTransfer.de
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