Startnext: Crowdfunding in der Flüchtlingshilfe
Markus Sauerhammer von Startnext auf dem openTransfer CAMP Refugees am 30.04.2016 in München
Was vor einigen Jahren noch weitgehend unbekannt war, ist heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Crowdfunding ist nicht mehr nur eine Finanzierungsoption für hippe Start-ups und nerdige IT-Projekte, sondern längst auch für zivilgesellschaftliche Organisationen und Projekte.
Die Session von Markus Sauerhammer war gut besucht. Der Kreis der Teilnehmenden war, was das Vorwissen über das Thema Crowdfunding angeht, sehr gemischt. Darunter waren Engagierte, die bereits selbst eine Crowdfunding-Kampagne durchgeführt haben, ebenso wie Teilnehmende, die das Instrument Crowdfunding gar nicht kannten. Um alle Teilnehmer abzuholen, begann Markus Sauerhammer mit einer kurzen Vorstellung, was Crowdfunding überhaupt ist, wie es funktioniert, was die Vorteile einer solchen Kampagne sind und was für Erfolgsfaktoren man bei der Erstellung einer solchen berücksichtigen sollte.
„Crowdfunding, ist das nicht irgendwas mit Internet?“
Crowdfunding, so erklärte Sauerhammer, sei im Grunde schnell erklärt. Viele Menschen, die sogenannte „crowd“, finanzierten, im englischen „fund“, gemeinsam eine Idee oder ein Projekt innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens. Erreiche das Projekt oder die Idee innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens das „Fundingziel“, also den Mindestbetrag, den man benötigt, um das Projekt oder die Idee umzusetzen, werde es umgesetzt. Werde dieses Ziel nicht erreicht, gehe das gefundete Geld wieder an jede einzelne Unterstützerin bzw. jeden einzelnen Unterstützer zurück. Die Abwicklung dieses Prozesses finde vollständig im WWW statt und werde von Plattformen wie Startnext übernommen. Neu sei dieses Konzept bei weitem nicht und mit fast 700.000 Nutzern und über 3.500 umgesetzten Projekten allein auf Startnext inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Warum es so gut funktioniere? Weil es einfach, transparent und gut kommunizierbar sei.
„Eine Crowdfunding-Kampagne kann doch nebenbei laufen, oder?“
Damit Crowdfunding erfolgreich sein könne, brauche es allerdings viel Zeit und gute Vorbereitung, so Sauerhammer. Schließlich sei Crowdfunding nicht unbedingt eine einfache Finanzierungsstrategie, mit deren Hilfe man schnell und problemlos viel Geld einsammeln könne. Vielmehr brauche Crowdfunding in erster Linie ein gutes Kommunikationskonzept, den Aufbau einer treuen Community und die Einbettung des Crowdfunding in das übergreifende Finanzierungskonzept. Nur wenn es gelinge, eine Community aufzubauen und zu aktivieren, könne sich das Ganze auch viral verbreiten und weitere Unterstützer finden. Es sei dabei wichtig, sich an ein paar Erfolgsfaktoren zu orientieren:
Acht Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Crowdfunding:
– Kenne deine Zielgruppe! Der wohl wichtigste Punkt. Wen willst du mit deiner Kampagne erreichen?
– Trage dein Projekt in die Welt hinaus! Kommuniziere, was du machst!
– Bringe, was du sagen willst, auf den Punkt!
– Erkläre die Botschaft dahinter! Warum machst du es und was ist deine Motivation?
– Gib deiner Idee ein Gesicht! Zeige dich und dein Team und mache die Idee dadurch greifbarer.
– Wähle gute Bilder und produziere ein gutes Video!
– Definiere ein realistisches Zielbudget!
– Biete drei bis zehn attraktive Dankeschöns!
Erfolgreiche Crowdfunding-Kampagnen im Bereich Refugees
Dass Crowdfunding sehr erfolgreich funktionieren kann, zeigte Sauerhammer gleich anhand mehrerer Kampagnen im Bereich Refugees:
Unterstützung vor Ort
– morethanshelters: neuartige Flüchtlingsunterkünfte
– Pack a bag: Willkommensrucksäcke für Geflüchtete
– GoVolunteer: Matching-App für Helfer und Hilfeprogramme
– ICOON for refugees: Kommunikationshilfe für Geflüchtete
Unterstützung bei der Integration
– Familiar Facades: ein multimediales Kunstwerk
– Über den Tellerrand kochen: Begegnungen durch gemeinsames Kochen und Essen
– Kiron University: Online-Universität für geflüchtete Menschen
– Refugeeswork.at: Arbeits- und Ausbildungsplätze für Geflüchtete
– CUCULA: Verein, Werkstatt und Schulprogramm zugleich. Für und mit Geflüchtete(n) in Berlin
Diskussion: Wie gehe ich mit den Dankeschöns um?
In der anschließenden Diskussion ging es vor allem um die Gestaltung der Dankeschöns oder Incentives, also kleiner Gegenleistungen für unterschiedliche Geldbeträge. Gerade bei sozialen Projekten sei Kreativität gefragt. Eine gute Möglichkeit dabei sei, sich an erfolgreichen Projekten, wie den oben genannten, zu orientieren.
Ebenfalls ein wichtiger Punkt bei der Gestaltung der Dankeschöns sei, sich vorher im Klaren über die Zielgruppe und deren Bedarfe zu sein. Nicht immer sei derjenige, der für das Projekt bezahle auch derjenige, der das Projekt am Ende nutze.
Was ist bei der Finanzierungsstrategie zu berücksichtigen?
Eine weitere Frage zielte auf die verschiedenen Finanzierungsstrategien. Man müsse sich bewusst machen, dass gerade, wenn man mit Stiftungen oder CSR-Abteilungen zusammenarbeite, lange Vorlaufzeiten zu berücksichtigen seien. Die Kiron University zum Beispiel plante ein halbes Jahr im Vorfeld ein. Habe man eine Kampagne dann erfolgreich abgeschlossen, könne es auch sinnvoll sein, eine zusätzliche „Crowd-Donation-Kampagne“ über Plattformen wie betterplace abzuwickeln. Diese funktioniere anders als das zuvor beschriebene „Reward Based Crowdfunding“. Sie sei nicht zeitbeschränkt und erfordere keine Bereitstellung von Dankeschöns. Der Beitrag zur Finanzierung sei eher eine Spende. Beide Finanzierungsstrategien sollten jedoch zeitlich nacheinander und keineswegs zeitgleich ablaufen.
Du bist nicht alleine!
Zum Abschluss der Session ermutigte Sauerhammer die Teilnehmenden, einfach einmal eine Kampagne zu erstellen. Es gebe viele Unterstützerinnen und Unterstützer, die helfen, Kampagnen mit vorzubereiten und auch nach Abschluss beratend zur Seite stehen. Konkret nannte er den Aktivisten Ernst, der sozialen Organisationen im Bereich Flüchtlingshilfe kostenlos in Sachen Crowdcamp berate (karma@crowdcamp.de).
Foto: Andi Weiland / opentransfer.de
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