Wie finden wir Mitstreiter:innen für die Verbreitung unseres Projekts?

Partner:innen oder Umsetzer:innen vor Ort zu finden, stellt viele gemeinnützige Organisationen, die wachsen wollen, vor Herausforderungen – denn in den meisten Fällen klopfen Kandidat:innen nicht einfach an die Tür. Und selbst wenn, ist es extrem wichtig zu prüfen, ob eine Zusammenarbeit Aussicht auf dauerhaften Erfolg hat. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Schritte und strategischen Überlegungen derer es bedarf, um nachhaltige und fruchtbare Kooperationen aufzubauen.

Den richtigen Standort finden

Landkarte in der eine rote Pinnadel steck

Bevor es an die Recherche geeigneter Kandidat:innen geht, solltet ihr euch überlegen, welche Stadt oder Region für die Skalierung geeignet ist. Unabhängig davon, wie sehr der neue Standort eurem Ausgangsstandort ähnelt, ist es sinnvoll, die Pilotierung beziehungsweise den Standort so zu wählen, dass er möglichst repräsentativ für eure potenziellen weiteren Ableger ist. Ihr solltet gut abwägen, welche Kompromisse in Bezug auf das Projekt und etwaige Anpassungen für euch vertretbar sind und welche eher nicht. Auch ist es sehr wichtig, die Erkenntnisse während der Pilotierung zu dokumentieren, regelmäßig zu evaluieren und Konsequenzen für das weitere Vorgehen zu ziehen.

Bedarfs- und Marktanalyse

Sowohl für den ersten als auch für alle weiteren Standorte ist vor allem eines entscheidend: Gibt es vor Ort einen Bedarf an euren Angeboten? Und: Sind dort schon Akteur:innen aktiv, die sich um dessen Deckung bemühen? Eine Bedarfs- und Marktanalyse ist elementar wichtig, weil ihr sicher keine Ressourcen ins Blaue investieren wollt, sondern immer die Wirkung im Blick haben wollt. Um die erwünschten Effekte erreichen zu können, müssen Angebote auf die konkrete Situation vor Ort und die Bedarfe der Zielgruppe zugeschnitten sein. Eine Bedarfsanalyse kann dabei ganz unterschiedliche Wissensbestände zusammentragen: Dies können wissenschaftliche Studien und Sozialdaten der Kommunalverwaltung sein, ebenso wie die Ergebnisse einer systematischen Auswertung von Suchmaschinen-Recherche, Fachzeitschriften, Jahresberichten, Foren, Blogs und sozialen Netzwerken. Auch Umfragen innerhalb der Zielgruppen und Hintergrundgespräche mit Fachleuten können wertvolle Erkenntnisse liefern – und vieles mehr. Eine solche Bedarfserhebung ist eine wiederkehrende Aufgabe – schließlich können sich die Zielgruppen, ihre Bedarfe und mitunter auch das Umfeld ändern. Um entsprechend nachsteuern zu können, sollte es zur Routine werden, entsprechende Daten regelmäßig zu erheben. 

Neben den Bedarfen solltet ihr euch gründlich mit dem Umfeld oder „Markt“ beschäftigen. In sehr vielen Fällen gibt es vor Ort schon Organisationen, die in eurem Themenfeld tätig sind. Neben der Erfassung der Bedarfe bei den Zielgruppen solltet ihr auch diese bereits bestehenden Angebote und deren Lösungsansätze in den Blick nehmen. Neue Aktivitäten oder neue Standorte sollten versuchen, gezielt Angebotslücken vor Ort zu identifizieren und diese zu schließen. Dabei kann es sich sowohl um inhaltliche Lücken als auch um die unzureichende quantitative Abdeckung des Bedarfs handeln.

Partner:innen definieren

Gerade zu Beginn eines Skalierungsvorhabens neigen viele Organisationen dazu, jede:n, der oder die Interesse zeigt, mit offenen Armen zu empfangen. Das ist verständlich. Immerhin ist da jemand, der oder die die gleiche Begeisterung für euer Thema mitbringt. Doch solltet ihr wie bei allen Prozessen der Skalierung überlegt an die Partner:innen-Wahl herangehen und vorab festlegen, mit wem ihr euch eine Zusammenarbeit vorstellen könnt. Es ist sinnvoll, sehr konkrete Kriterien zu formulieren und so die Chance zu erhöhen, dass eine auf Dauer angelegte Kooperation zustande kommt. Entscheidend ist es, die wechselseitigen Erwartungen frühzeitig transparent zu machen.

Aufgrund der lokalen Besonderheiten an anderen Standorten ist es sinnvoll, sich vor Ort Partner:innen zu suchen, die eure soziale Innovation umsetzen – als autarke Organisation oder gemeinsam mit euch. Geht aber nicht davon aus, dass euer Gegenüber automatisch die gleiche Vorstellung von der Zusammenarbeit mit euch hat. Die Aufgabenteilung sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten beider Seiten sollten vorab geklärt werden. Wie ihr die Arbeitsteilung ausgestaltet, kann ganz unterschiedlich aussehen. Die Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit variieren je nach Wirkungskern, Zielgruppe, verfügbaren Ressourcen, Erfahrungswerten und lokalen Rahmenbedingungen.

Text auf weißem Hintergrund: Die 10 häufigsten Fehler bei der Akquise von Partnerinnen für neue Standorte
1. zu viele Kompromisse
2. falscher Interessentinnen-Pool
3. nicht genügend Zeit für ein persönliches Kennenlernen
4. vom ersten Schein blenden lassen
5. schlecht Vorbereitung auf die Vorgespräche
6. zu spezifisches Partnerinnenwunschprofil
7. fehlende Chemie wird ignoriert
8. zu wenig Recherche zu möglichen Partnerinnen
9. schlechtes Erwartungsmangement
10. Trittbrettfahrerinnen

Die eigene Rolle verstehen

Im besten Falle ergänzen euch die Partner:innen und übernehmen die Aufgaben, die entweder idealerweise vor Ort aufgehoben sind und/oder die ihr nicht leisten könnt. Bevor ihr euch überlegt, wer eure Partner:innen sein könnten, lohnt sich daher zunächst der Blick nach innen. Fragt euch: Welche Rolle möchtet ihr als Organisation im Skalierungsprozess einnehmen? Seht ihr euch eher als Ideengeber:innen, Netzwerker:innen, Lehrer:innen? Eure Rolle im Skalierungsprozess hängt vor allem davon ab, was ihr erreichen möchtet, was ihr stemmen könnt und was euch wichtig ist, wie zum Beispiel die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards oder der systemische Wandel. Dieser Blick nach innen ist nicht zu unterschätzen – das berichteten u.a. auch Jörg Schüler von den Digitalen Helden und Linda Wolf von MAPP Empowerment beim Festival der Skalierung.

Systematische Anbahnung

Wenn ein Standort die Kriterien erfüllt, könnt ihr euch an die Recherche nach geeigneten Partner:innen vor Ort machen. Passende Kandidat:innen zu finden ist alles andere als eine triviale Aufgabe – sehr viele skalierende Organisationen tun sich hier schwer. Im besten Fall hat euer Angebot bereits eine gewisse Aufmerksamkeit bekommen und ihr habt die ersten Anfragen erhalten. Unter Umständen könnt ihr euch umfangreiche Akquise-Kampagnen sparen – aber nur, wenn sich auch tatsächlich geeignete Kandidat:innen bei euch melden und ihr einen bewährten Prozess für das gegenseitige „Abklopfen“ habt. Kommen qualifizierte Anfragen jedoch nicht von selbst, ist es nötig, die Akquise planmäßig anzugehen, um passende Partner:innen zu gewinnen. Jennifer Busch von CLIMB Lernferien hat uns beim letzten Festival der Skalierung zusammen mit ihrer Kooperationpartnerin Katja Schöne von der Stadt Kassel genau erläutert, wie sie an die Akquise von Partner:innen herangehen. 

Und wo findet man diese Kandidat:innen? Das Spektrum kann von der direkten Ansprache im eigenen Netzwerk über Social-Media-Kampagnen, die Teilnahme an Wettbewerben (die wiederum auch zu medialer Aufmerksamkeit führt),den Besuch von Fachveranstaltungen, bis hin zur Profilierung in Publikationen oder Verbänden reichen. Überlegt euch, wo passende Partner:innen unterwegs sind und über welche Kanäle ihr am besten ihre Aufmerksamkeit erreichen könnt. 

Auf geht’s!

Ihr wollt die Partner:innensuche angehen? Im E-Book “Wirksam wachsen” findet ihr neben detaillierteren Hinweisen auch Arbeitsblätter, die euch bei der Erstellung des Partner:innenprofils und der Planung konkreter Akquiseschritte unterstützen. Und im Webinar mit Franziska Holfert von der wellcome gGmbH lernt ihr am Praxisbeispiel, wie ihr euch der  Partner:innen-Akquise und -Pflege strategisch nähern könnt.

Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung und Ergänzung mehrerer Kapitel zum Thema Partner:innen für die Skalierung aus dem E-Book „Wirksam wachsen“. Autor:innen der Originaltexte sind Sebastian Bühner, Louise Buscham, Fanny Erdmann, Henrik Flor, Nora Lassahn und Julia Meuter.

Anne Hoppe

Anne Hoppe ist Transfermanagerin beim openTransfer Accelerator. Zuvor arbeitete sie unter anderem im bundesweiten Netzwerk-Programm "Engagierte Stadt". Das Finden von Synergien in Projekten und das Vernetzen von Menschen mit guten Ideen liegen ihr am Herzen.

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