#keinwiderspruch: Es geht um Menschen, nicht die Behinderung

Symbol für Dokumentationen

Johannes Mairhofer von #keinwiderspruch beim openTransfer CAMP Inklusion am 21.o3.2105

 

Johannes Mairhofer ist ein Münchner Fotograf. Für das Fotoprojekt #keinwiderspruch hat er 30 Menschen fotografiert und diese gebeten Texte über sich selbst und ihr Leben in Bezug auf alltägliche Widersprüche zu schreiben. Finanziert durch eine Crowdfunding-Kampagne soll nun ein Buch mit allen Bildern und Texten entstehen.

Einige der Menschen, die Johannes bereits fotografiert hat, waren auf dem „OpenTransfer Camp Inklusion“ in Dortmund dabei. So entstand spontan die Idee anstelle einer bloßen Präsentation, eine Lesung aus der geplanten Session zu machen. Die Grundidee hinter dem Projekt ist, auch die positiven Aspekte einer Behinderung darzustellen und zu zeigen, dass es auch ein Vorteil sein kann.

openTransfer CAMP #Inklusion

Für die 30 Aufnahmen ist Johannes durch ganz Deutschland gereist. Vorab musste dieser Roadtrip gut geplant werden: Rechtliche Aspekte für eine spätere Verwendung mussten geklärt werden. Ein einheitlicher Bildstil wurde entwickelt, sodass die Wiederholbarkeit der meistens draußen stattfindenden Shootings gegeben war.
Auf dem OTC15 lasen fünf der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Texte vor.  Aleksander (@Querdenker) schrieb über die vermeintlich widerspruchsvolle Rolle eines Autisten, der als Referent tätig ist. Er beschreibt seine Sichtweise und Wahrnehmung jedoch als Bereicherung in dem er die Stärken, von denen er in seinen Vorträgen berichtet, selbst lebt.
Auch Anastasia (@anastasiaUmrik) beschreibt ihren Alltag, in dem die Hamburgerin oft mit mehr oder weniger dummen, gar grenzüberschreitenden Fragen konfrontiert wird. Um sich dieses Phänomen der Neugierde zu erklären hinterfragt sie die Ansichten der vorrangig nicht-behinderten Menschen. Mit ihren Projekten anderStark (Fotoprojekt) und inkluWAS (inklusives Modelabel) setzt sie sich gegen den Trend der Medien mit unrealistischen Schönheitsidealen ein und möchte mit ihrer Mode zeigen, dass es erst wenn jede und jeder so sein kann, wie sie oder er ist, interessant und spannend für uns alle wird.

Der Rollstuhlskater David (@dat_lebbe) schrieb in seinem Text über seine Erfahrungen, die er in vielen Skateparks und -hallen gesammelt hat – selbst wenn er dort auch mal rausgeschmissen wurde. Durch seine eigenes Engagement mit den Rollikids, denen er seine Sportart näher bringt, erhält er aber viel positives Feedback. David setzt sich für wirklich gelebte Inklusion ein, die nicht nach der letzten Schulstunde aufhört.
Lisa (@simonsschwester), Psychologiestudentin, hat über den Wunsch  – oft auch der anderen – geschrieben, dass Menschen mit Behinderung so „normal“ wie möglich leben können sollen. „Normal“ orientiert sich hier an der von außen betrachtet nicht-behinderten Gruppe von Menschen und bedeutet wohl nichts anderes als angepasst. Für Lisa hieß das, dass sie sich ziemlich lange zwang so viel wie möglich zu Laufen (mit und ohne Gehilfen), auch wenn das gar nicht besonders gut für ihren Körper war. Nun nutzt sie einen Rollstuhl und hat diesen als Ersatz für das Laufen angenommen, was ein schwieriger Prozess war. Sie möchte anderen mit auf den Weg geben, dass sie sich nicht einschränken sollen um näher an der vermeintlichen Norm zu sein.

Für Tanja (@Rollifräulein) war es ein besonderes Ereignis als sie vor den Zuhörenden ihren Text vorlas. Das ist nämlich aufgrund einer Sprachbehinderung ziemlich anstrengend für sie. Sie setzte sich in ihrem Text mit den widersprüchlichen Aspekten ihres Lebens auseinander: Sie selbst sah sich oft anders als die Menschen um sie herum, die vorrangig die Frau im Rollstuhl wahrnahmen. So begriff Tanja aber ihre Handicap auch als Vorteil – sie ist frei vom gesellschaftlichen Erwartungsdruck und fühlt sich im „Anderssein“ zu Hause. Dabei provoziert sie gerne und fällt durch ihre bunten Klamotten und Haare sofort auf. Da wird schnell klar, dass Behinderung und Lebensfreude keine Widersprüche sind und Tanja fordert: “Hört auf, welche daraus zu machen!“

Wer nach diesen Beiträgen Lust zum Weiterlesen hat, findet die Texte auf #keinwiderspruch. Demnächst soll außerdem eine Ausstellung organisiert werden. Alle Fotos und Texte sollen in einem Buch veröffentlicht werden, wofür bald eine Crowdfunding –Kampagne startet.

Foto: Andi Weiland

Johanna Voll

Johanna Voll studierte Interkulturelle Europa- und Amerikastudien in Halle (Saale) sowie Soziokulturelle Studien an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), wo sie mittlerweile als akademische Mitarbeiterin tätig ist. Zuvor hat sie u.a. in der Onlineredaktion vom BBE (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement) die Social Media-Kanäle betreut. An der Viadrina beschäftigt sie sich nun mit der Reorganisation von Erwerbsarbeit in der Wissensgsellschaft und untersucht das Phänomen Coworking und seine Räume. Besonders spannend findet sie auch die Schnittstellen von Social Media und Wissenschaft und versucht genau das den Studierenden zu vermitteln.

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