Junge Menschen in Wohnungsnot – Lebenslagen und Rechtslagen

Session-Dokumentation – openTransfer CAMP wohnen

Session von: Martin Kositza (Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, BAG W)

Diese Session thematisierte anhand von Daten zur Wohnungslosigkeit der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), wieso junge Menschen in Wohnungsnot geraten, welche Hürden sie überwinden müssen und wie sie unter Berücksichtigung der Rechtslage und bestehender Hilfesysteme wirksamer unterstützt werden können.

Martin Kositza präsentierte zunächst zentrale Erkenntnisse des BAG W Statistikberichts 2022 sowie Informationen aus dem Dokumentationszentrum zur Wohnungslosigkeit (DzW). Die Teilnehmenden erhielten einen Überblick über die Altersgruppen unter 25 Jahren, die in der Statistik meist in drei Unterkategorien gegliedert werden (unter 14, 14 bis 18 und 18 bis 24). Gleichzeitig wurde betont, dass bis zum 27. Lebensjahr eine verlängerte Zuständigkeit der Jugendhilfe bestehen kann.

Ein großes Thema war das „Sofa-Hopping“. Viele junge Menschen ohne festen Wohnsitz finden vorübergehend bei Freunden und Bekannten Unterschlupf. Dabei läuft viel Organisatorisches und Absprachen über Social Media – oftmals entsteht so eine verdeckte Form der Wohnungslosigkeit. In der Diskussion wurde klar, dass hier mehr Kooperation zwischen Jugendeinrichtungen, Schulen und Hilfsstellen nötig ist, um Betroffene frühzeitig zu erreichen.

Zentrale Forderungen aus der Session

  1. Wohnen als Teil der Persönlichkeitsentwicklung
    In Hilfeplänen von Jugendämtern und Sozialarbeiter:innen sollte das Thema „Wohnen“ stärker berücksichtigt werden. Wohnraum ist eine entscheidende Basis für die Entwicklung junger Menschen.
  2. Präventionsarbeit in Schulen
    Beratungs- und Bildungsangebote in Schulen können dazu beitragen, dass sich Betroffene und ihr Umfeld frühzeitig über Hilfsangebote informieren. Allerdings erfordert dies Expert:innen von außen und ist aufgrund des föderalen Bildungssystems nicht immer einfach umzusetzen.
  3. Durchsetzung des Hilfeanspruchs
    Selbst „schwierige“ oder nicht direkt hilfesuchende Jugendliche haben Anspruch auf Unterstützung. Ziele und Mitwirkungsbereitschaft müssen bei ihnen realistisch angesetzt werden, um überhaupt erste Schritte zur Stabilisierung gehen zu können.
  4. Vernetzung der Rechtskreise
    Die verschiedenen Stellen (Jugendhilfe, Jobcenter, Sozialämter usw.) sollten besser kooperieren und gegebenenfalls zentrale „Bürgerbüros“ schaffen, um die oft sehr ausdifferenzierten Hilfs- und Unterstützungsangebote für die Betroffenen verständlich und zugänglich zu machen.

Offene Fragen und Herausforderungen

  • Pflichten der Eltern: Bis zu welchem Alter müssen Eltern ihre Kinder im Haushalt dulden oder unterstützen? Wie sieht die gesetzliche Lage aus, wenn das Zusammenleben nicht mehr zumutbar ist?
  • Stadt-Land-Gefälle: Gerade Großstädte wie Berlin üben Anziehungskraft aus, da junge Menschen Anonymität und Möglichkeiten suchen. Gleichzeitig verschärft sich das Problem der Unterbringung, da der Bedarf an Hilfsangeboten hoch ist und die Kapazitäten begrenzt sind.
  • Bundes- und Landesgesetze: Die rechtlichen Vorgaben sind meist bundeseinheitlich, die konkrete Umsetzung und Finanzierung obliegt jedoch den Ländern und Kommunen. Entsprechend variieren die Unterstützungsstrukturen vor Ort.

Abschließend wurde deutlich, dass junge Menschen in Wohnungsnot besonderen Risiken ausgesetzt sind, wenn Lücken in der Unterstützungskette entstehen. Der Wunsch nach mehr Vernetzung und abgestimmtem Vorgehen stand daher im Zentrum der Diskussion – mit dem Ziel, Jugendlichen zügig tragfähige Perspektiven zu bieten.uch nach außen (Öffentlichkeit und politische Einflussnahme) wirksam sein können.

Daniel Männlein

Daniel Männlein ist Programmmanager im Programm openTransfer Patenschaften und gestaltet bundesweit Angebote für Patenschafts-, Mentoring- und Tandemprojekte. Er hat Sozialwissenschaften in Augsburg, Spanien und Berlin mit Schwerpunkt auf Stadt- und Migrationsforschung studiert. Vor seiner Tätigkeit bei der Stiftung Bürgermut sammelte er wertvolle Erfahrungen in der Projektförderung bei der Robert Bosch Stiftung, in der Projektarbeit bei zivilgesellschaftlichen Trägern und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

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