Code Girls Leipzig: Code Literacy & Survival Skills
Natalie Sontopski von den Code Girls Leipzig beim openTransfer CAMP #Digitalisierung am 15.09.2018 in Dresden
Geld abheben am Bankautomaten oder Fahrstuhl fahren – wir sind umgeben von Technologie und hinterlassen permanent Datenspuren. Die Initiative Code Girls zeigt, welche Tools dabei helfen, weniger Daten preiszugeben und mündige Entscheidungen im Netz zu treffen.
Wir haben der Technologie wesentliche Bestandteile unseres Lebens anvertraut, sei es die Filmauswahl durch Netflix oder die Informationsbereitstellung auf Facebook. Aber: Nutzerinnen und Nutzer müssen sich nicht zwangsläufig in ein starres digitales Korsett zwängen lassen, sondern können Schlupflöcher finden und für sich nutzen.
Die Code Girls aus Leipzig helfen dabei, indem sie Workshops und Vorträge rund um die Themen Code, Programmieren und Digitalisierung für Mädchen und Frauen anbieten. Sie wollen Neugier wecken und Ängste nehmen, sensibilisieren und aufklären. Code Literacy bedeutet für sie Selbstständigkeit und die Fähigkeit, sich mündig im Netz zu bewegen.
Programmieren ohne coden
Die Code Girls sind in drei Bereichen aktiv: „Design“, „Hack“ und „Defend“. Im Bereich „Design“ stellte die Sessiongeberin Tools vor, mit denen man auch ohne Code programmieren kann. Scratch etwa ist ein kostenloses Tool, das vom Massachusetts Institute of Technology entwickelt wurde und jungen Leuten ermöglicht, eigene interaktive Geschichten, Spiele und Animationen zu programmieren und Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Dabei werden Elemente des Programmierens genutzt, ohne dass die Nutzerinnen und Nutzer selbst coden müssen. Auch eigene Webseiten können einfach und ohne Programmierkenntnisse erstellt werden. WordPress und Processwire bieten Unterstützung bei der Erstellung von Blogs, Portfolios, Landing Pages und selbst kleinen Onlineshops. Das Schöne daran: Auch mit diesen Tools sammelt man erste Erfahrungen mit HTML, CSS und Hosting.
Hacking – Ein Blick hinter die Kulissen
Auch für den zweiten Bereich, das Hacking, gilt: Trau dich! Über die Funktion „Webentwickler“ kann in Browsern wie Firefox oder Chrome eine Konsole geöffnet werden, in der man sich den gesamten Code einer Webseite anzeigen lassen kann. Diesen Quelltext zu untersuchen und zu analysieren kann auch für Nicht-Programmiererinnen und -Programmierer interessante Erkenntnisse liefern, z. B. über die verwendete Technologie oder Tracker. Über den „Inspector“ lässt sich der Code einer Seite sogar verändern. Dabei handelt es sich um lokale Änderungen auf dem eigenen PC, die nicht gespeichert werden. Perfekt also, um ein bisschen herumzuprobieren.
Digitale Selbstverteidigung
Im dritten Bereich, „Defend“, geht es um digitale Selbstverteidigung. Ein Adblocker ist hier die einfachste Möglichkeit, zu mehr Privatsphäre zu kommen. Privacy Badger kappen die Verbindung zu Werbenetzwerken, die Nutzerinnen und Nutzer über mehrere Seiten verfolgen. Auf Crypto Parties, die es in vielen Städten und Regionen gibt, können die Teilnehmenden mehr über Tracking im Netz oder z. B. das Verschlüsseln von E-Mails erfahren. Außerdem gibt es neben den Code Girls weitere Netzwerke, wie Heart of Code, die Django Girls oder die Rails Girls Berlin.
Datensparsamkeit vs. Komfort
In der Diskussion ging es vor allem um das Thema Daten. Es gibt viele monetär kostenfreie Angebote im Web, für die Nutzerinnen und Nutzer allerdings mit ihren Daten bezahlen. Dies können Informationen über das Alter, Geschlecht, Nationalität oder Wohnort sein, genauso wie über Musikgeschmack, politische Gesinnung, Schulabschluss oder Beziehungsstatus. Aufgrund dieser Daten kann den Usern dann maßgeschneiderte personalisierte Werbung angezeigt werden. Was durchaus auch Vorteile bereithält – so passt Google bei Suchen beispielsweise die Ergebnisse so an, dass man findet, was man auch wirklich sucht oder Amazon bietet eine sehr große Anzahl an Produkten an einem Ort. Dies alles geschieht allerdings auf Kosten der autonomen Entscheidungen der Menschen. Häufig muss die Nutzerin oder der Nutzer eine Abwägung zwischen Datensparsamkeit und Komfort treffen. Wichtig ist es dann, mit Bedacht zu agieren und die Kontrolle über die eigenen Daten zurückzugewinnen.
Auch wurde über Angebote gesprochen, hinter denen kein Geschäftsmodell steht. Als Beispiel wurde das Streamingportal der Berliner Bibliotheken genannt, auf dem Besucherinnen und Besucher Filme abrufen können. Von diesen Pilotprojekten gibt es noch sehr wenige, und sie stehen einer starken Konkurrenz in Gestalt großer kommerzieller Anbieter gegenüber.
Foto: Henning Schacht, www.berlinpressphoto.de, CC BY-NC-SA 2.0