AWO Landesverband Sachsen: wenn Flüchtlingshelfer Gewalt erfahren

Das Icon, das für Session-Dokumentationen steht.Sven Scheidemantel von der AWO Sachsen beim openTransfer CAMP #Patenschaften am 25.03.2017 in Schwerin

Sven Scheidemantel teilte in der Session seine Erfahrungen mit rechter Gewalt, die er in seinen Rollen als Projektkoordinator Integration der AWO, Kreisrat der SPD und Engagierter machen musste und gab den Teilnehmenden praktische Tipps.

Der Sessiongeber berichtete, dass er als SPD-Kreisrat in Bautzen und als Engagierter beim Bündnis „Bautzen bleibt bunt“ seit 2012 einer derjenigen ist, der sein Gesicht zeigt, wenn es darum geht, rassistischen Meinungen zu begegnen. In seiner Heimatstadt ist der Ausländerhass permanent spürbar, auch für die Engagierten in der Flüchtlingshilfe. Dies reicht von offenen Drohungen („Wir wissen wo du wohnst!“) bis hin zu offenen Morddrohungen und Tätlichkeiten. In dieser Situation ist es schwierig, Patinnen und Paten zu gewinnen, daher werden nun vermehrt versteckte Patenschaften angeboten.

Jemand hat ein Notizbuch auf dem Schoß liegen und schreibt etwas hinein.

Formen von Gewalt
Dem Sessiongeber zufolge gibt es drei Formen von Gewalterfahrung: verbal, nonverbal und real. Wenn man bedroht wird, so Scheidemantel, stellt sich immer die Frage, wie man am besten reagiert: Besser verschweigen oder an die Öffentlichkeit gehen? Seine Meinung: „Keine Drohung und kein Angriff ist so unwichtig, dass es nicht zumindest statistisch registriert werden sollte.“ Wenn dies nicht an offizieller Stelle möglich ist, so wenigstens bei inoffiziellen Stellen wie einer Opferberatung.

Methoden für den Umgang mit rechter Gewalt
Argumentativ, so der Sessiongeber, kann man gewaltbereiten Personen leider nicht begegnen. Stattdessen gilt:

  • Netzwerke aufbauen und nutzen
  • Bündnisarbeit: Mitstreiterinnen und Mitstreiter suchen, mit Schulen kooperieren, Behörden und Sozialarbeit informieren
  • Kommunikation: Eine klare Sprache verwenden, aufpassen, was man sagt, wie man sich ausdrückt und dass man nicht selbst pauschalisiert.
  • Öffentlichkeit suchen: Übergriffe nicht für sich behalten und die Presse kontaktieren.
  • Keine Gegengewalt: Auch verbale und nonverbale Gewalt vermeiden, jede Form von Gegengewalt treibt die Gewaltspirale nach oben.
  • Immer Polizei, Staatsschutz oder Justiz einschalten. Jede Form von Angriff sollte registriert werden.
  • Die eigene Haltung soll Vorbild für andere sein.
  • Reale Einschätzung der Gefährdung: Hier helfen Gespräche mit der Opferberatung, die sich in den Netzwerken auskennen, und so die Gefährdungslage realistischer einschätzen können.
  • Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, regelmäßig austauschen, damit nicht immer die gleichen Engagierten im Fokus sind.

 

Präventionsarbeit vor Ort
Eine Ursache für den Zulauf zu rechtsradikalen Gruppierungen und die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Region, berichtete Scheidemantel, ist die Jugendarbeitslosigkeit und sind die Kürzungen bei der präventiven Sozialarbeit. Gerade bei letzterer, da waren sich die Teilnehmenden einig, darf nicht gespart werden, denn „das zahle man hinterher vielfach drauf“. Deshalb muss man Angebote für Jugendliche schaffen und verstärkt mit Schulen zusammenarbeiten.

Die Zusammenarbeit der Integrationsinitiativen im Landkreis ist allerdings oft schwierig. Die kleinen Teams an den verschiedenen Standorten sind häufig mehr mit der Organisation als mit der eigentlichen Arbeit beschäftigt, u.a. wegen der langen Fahrtwege. Trotz der Schwierigkeiten sind die Engagierten vor Ort aber nicht bereit, aufzugeben. Unterstützung bietet das Förderprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“. Hilfreich ist auch die Gründung des „House of Resources“ zur Verbesserung ehrenamtlicher Integrationsarbeit in der Region, das eine große Unterstützung für die Stadt Bautzen ist. Eine Methode, um vor allem die Mitte der Gesellschaft zu aktivieren, ist die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit mit anderen Trägern. Im Rahmen der Demokratiewoche hat man verschiedene Themen zu Demokratie und Flüchtlingsarbeit bearbeiten können. Außerdem fanden bereits Workshops an Schulen statt. Wichtig ist zudem, Bürgersprechstunden in den Wohngebieten abzuhalten.

http://www.bautzenbleibtbunt.de/
Foto: Andi Weiland

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Louise Buscham

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