Transfer ganz ohne Handbuch – HAND IN
Jürgen Zenkel und Kerstin Kruppa, Work and Box Company, beim open Transfer Camp am 12. Oktober 2013 in München
HAND IN arbeitet intensiv mit straffälligen Jugendlichen. Beim Transfer erweist es sich als große Herausforderung, dass der Ansatz nur schwer standardisierbar ist und die Coaches stark situationsgebunden arbeiten.
Unter dem Motto „Jedem seine Chance“ vermittelt HAND IN seit 2003 in der „Work and Box Company“ jugendliche Straftäter in Ausbildung oder Arbeit und somit in ein straffreies Leben. Grundlage des Trainings bildet eine besondere Mischung aus intensiver Beziehungs- und Familienarbeit, kompetenzschulenden Boxtrainings, Begleitung bei der Aufstellung und Verfolgung individueller Pläne und bei ersten Arbeitseinsätzen in regionalen Unternehmen. Wesentlicher Baustein dieser Arbeit ist ein konfrontativ-akzeptierender Ansatz.
„Im System bleiben“
Einer der wichtigsten Aspekte bei der Arbeit mit gewalttätigen Jugendlichen in der „Work and Box Company“ ist das Boxtraining, erklärt Jürgen Zenkel von HAND IN. Von zentraler Bedeutung ist der Umgang mit Stresssituationen, die das Boxen mit sich bringt. Die Teilnehmer des bis zu vierjährigen Programms sollen eben diese Stress-Situationen beim Boxen erleben und lernen, mit ihnen umzugehen. Für Zenkel ist dies ein wichtiger Baustein des Programms, da die „Work and Box Company“ mit den Jugendlichen im „System“, also in ihrem Umfeld, bleiben möchte, anstatt isoliert mit ihnen zu arbeiten. Denn genau im System entstehen Probleme, die den Teilnehmern täglich begegnen und mit denen sie umgehen lernen müssen.
Konfrontative Pädagogik
Zenkel betont, dass HAND IN immer an den Jugendlichen festhält und sie zur Auseinandersetzung mit sich selbst zwingt. Dabei wird der Ansatz der konfrontativen Pädagogik verfolgt. Es geht dabei um einen sozialpädagogischen Handlungsstil sowie ein methodisches Verfahren, das auf die Förderung von Selbstverantwortung der Jugendlichen zielt. Dahinter steht die Haltung der Betreuer, die eine Störung sozial-kommunikativer Gruppenprozesse oder Verletzungen anderer Personen nicht akzeptiert, sondern die betroffenen Jugendlichen direkt mit ihren Regelverstößen konfrontiert. Gleichzeitig gilt es dabei, die regelverletzende Person innerhalb der pädagogischen Beziehung ernst zu nehmen und zu respektieren.
Methodentransfer in der pädagogischen Arbeit
Dieser Ansatz bedeutet, dass zutiefst individuelle Entscheidungen vom Trainer verlangt werden – sowohl kurzfristig in Alltagssituationen als auch in strategischen Prozessen. Dies wird beim Methodentransfer zur Herausforderung. Zenkel und Kruppa berichteten von ihren Erfahrungen beim Aufbau weiterer Standorte und fragen: Wie vermittelt man schwer zu standardisierende Methoden und Arbeitsweisen? Wie gibt man das Gefühl für eine Entscheidung weiter, die sich situationsspezifisch ganz unterschiedlich auswirken kann? Bei der Verbreitung der „Work and Box Company“ gehören diese Fragen zur größten Herausforderung beim Training von neuen Teams.
Foto: Florian Hammerich