Beim Wachstum helfen – „Wir zünden das Feuer an“

Der Verein Heldenrat berät kleine Organisationen pro bono. Vereinsvorstand Dr. Tom Leppert verrät, wie Projekte selbst die Lösungen für ihre Probleme finden und warum er sich gern als „Brandstifter“ betätigt.

openTransfer Camp 2013 Berlin-NACHMITTAG

 

„Beratung für soziale Bewegungen“ heißt es in Ihrem Claim. Wen genau unterstützt Heldenrat?

Wir sind mit der Idee gestartet, dass wir Menschen helfen wollen, die sich fürs Gemeinwohl engagieren, die aber keinen direkten Zugang zu Beratung haben. Wir kümmern uns also nicht vorrangig um die großen Organisationen, die meist genügend Ressourcen haben, um sich Beratung einzukaufen. Unser Herz schlägt eher für die Kleinen – das können gern bereits etablierte Projekte sein oder auch Gründer von Projekten, denen wir helfen wollen, vom Sofa aufzustehen und loszulegen.

Woher kam der Impuls, Heldenrat zu gründen?

Der Ausgangspunkt war der Wettbewerb startsocial, bei dem man Beratungsstipendien gewinnen kann. Wir dachten: Das muss es das ganze Jahr geben, und zwar möglichst niedrigschwellig und kostenlos. Damals, 2005, gab es niemanden, der das machte. Erfreulicherweise wächst dieses Biotop inzwischen, und es gibt immer mehr Räume und Mittlerorganisationen für diese Form der niedrigschwelligen Unterstützung: Pro-bono-Beratung.

Wie kann man sich Ihre Arbeit konkret vorstellen?

Unser Kernprodukt ist die Beratung, die in drei verschiedenen Formaten stattfinden kann. Häufig passiert es, dass uns eine Organisation anspricht, die eine ganz konkrete Fragestellung hat. Wir gucken dann, wer von uns infrage kommt, um ein Tandem mit der Organisation zu bilden. Die Beratung selbst besteht aus drei bis vier Abendsitzungen. Fragestellungen können zum Beispiel sein: Wie kann unsere Öffentlichkeitsarbeit besser werden? Wir sind schnell gewachsen – wie können wir uns stabilisieren? Oder auch: Wie stellen wir unser Fundraising strategisch auf? Im Grunde begleiten wir alle klassischen Managementthemen.

Das zweite Format sind Qualifizierungsworkshops. Davon finden zwei bis drei im Jahr statt – zu Themen wie Social Business Plan oder Fehlermanagement. Dazu laden wir 15 bis 20 Teilnehmer aus unterschiedlichen Organisationen ein. Sie erfahren dort, wie man die eigene Situation systematisch durchdenkt und danach selbstständig an Veränderungen arbeitet.

Dann gibt es noch die Kurzberatung für diejenigen, denen wir kein Tandem anbieten können. Mit diesen treffen wir uns zumindest auf einen Kaffee oder skypen. Gerade für Gründer ist das ein wichtiges Angebot.

Welche Philosophie steht hinter Ihrem Beratungsangebot?

Was wir nicht machen: eine klassische Expertenberatung, bei der der Fachmann der Organisation erzählt, wie man es richtig macht. Heldenrat hat eine moderierende Rolle und geht davon aus, dass das Wissen zum Lösen von Problemen meist schon in der Organisation vorhanden ist. Wir helfen also Gruppen dabei, selbst Antworten auf ihre Fragen zu erarbeiten. Wir zünden sozusagen das Feuer an, um das sich die Leute versammeln, um miteinander zu reden.

Wer steckt hinter Heldenrat? Welchen Hintergrund haben die Mitglieder?

Wir sind ein ziemlich bunter Haufen. Wir haben zum Beispiel einen Jongleur dabei, eine Führungskräfteentwicklerin, die in einer Bank arbeitet, jemanden aus der Öffentlichkeitsarbeit eines Sozialunternehmens, Projektmanager und auch hauptberufliche Coaches. Wer neu dazukommt, wird „on board“ fit gemacht.

Wie helfen Sie Projekten, die skalieren?

Wir haben beispielsweise in Köln ein Projekt beraten, das sich erst 2013 gegründet hatte und jetzt schon enormen Zulauf hat. Das Kernteam bemerkte Probleme, wusste aber nicht genau, wo man ansetzen kann. Es gab dann ein Kennenlerngespräch mit den Vorständen und in der Folge den ersten Workshop mit Mitgliedern. Wir sammelten, wo der Schuh drückte, priorisierten und clusterten. Im zweiten Workshop haben wir dann einen Punkt herausgegriffen. Kleingruppen erarbeiteten daraufhin erste Lösungsszenarien. Davon wiederum wurden in der nächsten Sitzungen zwei bis drei Lösungen ausgewählt und diskutiert. Am Ende stand ein Lösungsansatz, der von allen Mitgliedern gemeinsam umgesetzt wurde. Nun ist unsere Arbeit erst einmal erledigt. Wir promoten nicht unsere eigene Meinung, sondern lassen die Leute machen. Nach einem halben Jahr holen wir dann ein Feedback ab, wie es gelaufen ist.

Was hat sich Heldenrat für 2014 vorgenommen?

Wir haben in Berlin, Kiel, Bremen und Köln neue Standorte aufgebaut. 2014 steht im Zeichen der Konsolidierung. Wir müssen jetzt erst einmal zeigen, dass wir stabil aufgestellt sind. Wir machen das, was wir auch anderen empfehlen: Wir gucken auf uns selber und nicht so sehr nach außen.

 

Heldenrat fördert bürgerschaftliches Engagement und sozialen Gründergeist durch Qualifizierung und Beratung. Der Blog gehört für viele NGOs zur Pflichtlektüre.

 

CC Lizenz

Dieser Text steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht Kommerziell-Keine Bearbeitung 3.0 Unported Lizenz.
Thomas Leppert

Dr. Thomas Leppert berät und qualifiziert als Organisationsberater bei Heldenrat in Hamburg soziale Projekte und (Sozial-)Unternehmen. Als Jury- und Beiratsmitglied unterstützt er verschiedene soziale Projekte wie zum Beispiel startsocial oder heimspiel – für Bildung. Nach seinem Studium war er von 1999 bis 2012 als Projekt-, Prozess- und Qualitätsmanager in verschiedenen Unternehmen tätig. Er hat zu Social Entrepreneurship in Deutschland promoviert (Dr. rer. pol.).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert