Fairnopoly – Wenn das Projekt durch die Decke geht

Fairnopoly, das nachhaltige eBay, hat mit überschaubarem Aufwand jede Menge Aufsehen für seinen Online-Marktplatz erreicht. Wie man sich ins Gespräch bringt und den Hype richtig managt, erklärt Ulrike Pehlgrimm, die für die Öffentlichkeitsarbeit bei Fairnopoly verantwortlich ist.

 

Fairnopoly will etwas anders machen. Auf dem digitalen Marktplatz kann jeder – ganz wie bei eBay – Artikel anbieten. Der kleine Unterschied, der langfristig einen großen Effekt haben soll: Bei Fairnopoly werden nur fair gehandelte und gebrauchte Produkte angeboten, 1 Prozent des Erlöses geht automatisch an Transparency International.

Das Kreuzberger Start-up-Unternehmen setzte Anfang 2013 eine große Crowdfunding-Kampagne auf. Statt der anvisierten 50.000 Euro spielte diese rekordverdächtige 210.000 Euro ein. Ulrike Pehlgrimms Job war es, während der Kampagne für die maximale Aufmerksamkeit zu sorgen. Dabei war es für die Studentin nur ein Nebenjob – glücklicherweise fiel die Kampagne genau in die Semesterferien.

Sie begann also, einschlägige Blogger anzusprechen, die über die Themen „Nachhaltigkeit“, „Transparenz“, “Fairen Konsum und Handel“ schreiben. Die Idee dahinter: Erreicht man erst einmal die Nischen-Multiplikatoren, ziehen auch die großen Medien nach. Und genau so kam es: Nachdem die ersten Blogs über die Crowdfunding-Kampagne berichteten, wurden auch die großen Medien aufmerksam. Besonders viele Besucher und Unterstützer bescherte – kaum überraschend – die taz dem Projekt.

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Foto: Das Fairnopoly-Team beim Launch des Marktplatzes

Alle Presseanfragen landeten zuerst bei Ulrike Pehlgrimm. Sie organisierte Interviewtermine mit dem Geschäftsführer Felix Weth, holte O-Töne ein, stellte das Informationsmaterial zusammen, verschickte Fotos, pflegt den Unternehmensblog. Pehlgrimm: „Je länger die Kampagne lief, desto größer wurde der Ansturm. Interviews mussten teilweise innerhalb einer Stunde organisiert werden. Oft habe ich von der Uni aus Termine koordiniert, das Team im Büro instruiert …“ In dieser Zeit waren diverse Nachtschichten fällig, Interviews wurden autorisiert, spezielle Fotomotive recherchiert und natürlich die Kampagne am Laufen gehalten. „Wir arbeiten hier in einem Start-up, da sind Nebenjobs etwas ganz Normales. Die Arbeit um seine anderen Verpflichtungen herumzustricken, ist nicht immer ganz leicht.“

Zusätzlich hatte es der Crowdfunding-Kampagne geholfen, dass zeitgleich die öffentliche Empörung über die Arbeitsbedingungen beim Online-Kaufhaus Amazon ihren Höhepunkt erreichte. Pehlgrimm erklärt: „Wir haben bewusst nicht explizit gesagt: ‚Amazon lässt unter unfairen Bedingungen arbeiten, und wir sind die Guten‘. Wir haben in der Kommunikation lediglich beschrieben, wie wir arbeiten. Daraus konnte dann jeder seine Schlüsse ziehen.“

Gerade läuft die zweite Crowdfunding-Kampagne von Fairnopoly. Das ehrgeizige Ziel: mindestens 150.000 Euro, gern aber bis zu 500.000 Euro einzuspielen, um die Plattform weiterzuentwickeln und es vor allem Anbietern noch einfacher zu machen, Artikel einzustellen. Bei der zweiten Kampagne kann Pehlgrimm an die guten Kontakte aus der ersten anknüpfen: „Man kennt schon viele Blogger, kann sich auf die Berichterstattung Anfang des Jahres berufen. Das macht den Einstieg leichter.“ Die Strategie bleibt jedenfalls die gleiche: über die Kleinen an die ganz Großen herankommen. Und wenn die Kampagne erfolgreich läuft, ist sicherlich auch der Etat für die Öffentlichkeitsarbeit demnächst etwas üppiger.

 

Tipps für eine erfolgreiche Start-up-Kommunikation:

Die Blogosphäre ernst nehmen. Ein positiver Artikel über Fairnopoly auf „Berlin Valley“ bescherte der Kampagne viele Besucher und Unterstützer. Den Blog kannte zuvor niemand bei Fairnopoly. Viele Blogs werden aufmerksam von Journalisten gelesen, die dort Themen finden. Netzstimmen also genauso wichtig nehmen wie Leitmedien!

Schneeballeffekt nutzen. Ein Artikel über Fairnopoly konnte bei der Computer Bild untergebracht werden. Dadurch berichteten auch andere Medien des Springer-Verlags: Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Bild online, …

Offen mit Kritik umgehen. Kein kritischer Kommentar beispielsweise unter einem Online-Artikel darf unbeantwortet bleiben. Wichtig ist es, die Leute ernst zu nehmen, sich zu kümmern, zu antworten, die eigene Position noch einmal zu erklären. Statt auszusitzen, lieber schnell und offen antworten – das schafft Transparenz.

Jeden Artikel lesen. Die gesamte Berichterstattung muss verfolgt werden. Haben sich sachliche Fehler eingeschlichen, können diese in Digitalmedien zügig korrigiert werden. Die meisten Blogger sind hier sehr offen.

Kontakte pflegen. Hat man einmal Kontakt zu einem Journalisten oder Blogger gehabt, sollte dieser gepflegt werden. Kleine Blogs profitieren zum Beispiel stark davon, wenn ihr Post über Fairnopoly auf dessen Facebook-Page geteilt wird.

 

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Henrik Flor

Diplom-Politologe, absolvierte nach dem Studium ein Verlagsvolontariat und betreute danach für eine Kommunikations-Agentur verschiedene Kunden aus der Buchbranche. Er leitete bis 2021 den Bereich Redaktion & Konzeption bei der Stiftung Bürgermut, baute dort das digitale Engagement-Magazin Enter auf und war von Anfang an bei der Entwicklung von opentransfer.de dabei. Nach einer Station bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, leitet er die Kommunikation bei der Stiftung Bürgermut.

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