Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa): Qualifizierung für das Ehrenamt/Mentoring

Bernd Schüler von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa) beim openTransfer CAMP #Patenschaften am 24.08.2019 in Bremen

Um in das Thema „Qualifizierung und Mentoring“ einzuführen, begann Bernd Schüler die Diskussion mit einigen aktuellen Studienergebnissen. Viele Studien und Expert:innenmeinungen zeigen, dass Qualifizierung und Qualitätssicherung beim Mentoring besonders wichtig sind.

Andi Weiland | openTransfer.de (CC by nc)

Dazu zählen:

  • European Mentoring Summit: Jean Rhodes warb dort in der Keynote für eine Semi-Professionalisierung von Mentor:innen. Das bedeutet: Menschen ohne pädagogische Ausbildung werden systematisch auf die Anforderungen als Mentor:innen vorbereitet und so für den Einsatz in der Praxis bestmöglich geschult.
  • In der Studie: Elements for Effective Practice of Mentoring (https://www.mentoring.org/program-resources/elements-of-effective-practice-for-mentoring/) wurden einige Standards für die Qualifizierung von Mentor:innen und Ehrenamtlichen formuliert.
  • Bernd Schüler erwähnte zudem Studien aus der Psychologie, die zeigen, dass Semi-Professionelle Mitarbeiter:innen genauso wirksam sein können, wie ausgebildete Professionelle – zum Beispiel Psycholog:innen oder Pädagog:innen.


Es gibt zwei Philosophien wie und wann man Menor:innen qualifizieren kann: Entweder vor dem Matching oder – umso enger begleitet – während das Mentoring bereits läuft. Während des Mentorings können zum Beispiel regelmäßige Fortbildungen helfen. Viele Organisationen arbeiten zudem mit begleitenden Tagebüchern, in denen Mentor:innen die Zusammenarbeit reflektieren, Herausforderungen teilen und so Unterstützung erhalten können. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Balu und Du“. Eine Anmerkung aus dem Plenum: Die Mentor:innen bei „Balu und Du“ sind häufig Studierende und befinden sich daher ohnehin in einer Lernphase. Daher bietet sich hier eine begleitende Qualifizierung an.

Ein anderes Projekt berichtete von deren Schwerpunkten der Qualifizierungen: Am Anfang enthielten die Workshops einen großen Theorieteil zum Hintergrund des Trägers, einer Stiftung. Dieser Part wurde nun durch praxisorientierte Übungen (Rollenspiele, Training von Situationen, interkulturelle Kompetenzen) ersetzt. Thematische Schwerpunkte sind nun:

  • die eigenen Grenzen erkennen lernen,
  • ein klares Rollenverständnis als Mentor:in entwickeln,
  • Informationen zum Kinderschutz,
  • Ideen für Aktivitäten mit Kindern
  • und (da es ein deutsch-türkisches Projekt ist) eine „Einführung“ in die türkische Kultur.


Ein Träger für Kinderpatenschaften zwischen Senior:innen und Kindern berichtete, einer seiner Schwerpunkte betreffe das Thema „Kindheit heute“. Mentor:innen Ü50 hätten häufig einen starken Vergangenheitsbezug („Früher war alles besser.“ „Kinder waren draußen und hatten keine Smartphones.“). Hier leistet die Vorbereitung Aufklärung darüber, wie der Alltag eines Kindes heute aussieht. Ihr Mantra: Heute ist vieles anders als früher, aber nicht unbedingt schlechter. Es geht nicht darum, die Kindheit des Mentees zu ändern, sondern „nur“ um eine gute gemeinsame Zeit. Außerdem wurden weitere Fragen diskutiert:

Andi Weiland | openTransfer.de (CC by nc)

Ist je nach Mentoring-Projekt eine andere Qualifizierung notwendig? Gibt es „Basics“, die alle wissen müssen?

  • Es empfiehlt sich immer, biographisch vorzugehen und aus der jeweiligen Situation heraus – Menschen lernen das, was sie interessiert und betrifft.
  • Thematische Fortbildungen (z.B. bei Lesepaten zu Spracherwerb, Lesekompetenzen, „Lernen lernen“ etc.) sind sinnvoll und haben sich in vielen Projekten bewährt.
  • Ein weiteres Projekt ergänzte den Aspekt der Beziehungsgestaltung: Als „erwachsene Person“ ist man primär für die Beziehung zu seinem Mentee zuständig. „Ich bin erwachsen und kann reflektieren und auch Abstand nehmen.“ Das ist dem Kind nicht immer möglich. Motto: Atmen, Lächeln, Innehalten. Und das Mantra: „Es geht um das Kind, um das Kind und um das Kind.“


Finden fachliche Schulungen vor dem Mentoring statt oder im Verlauf? Sollte man auch hier nach Art des Projektes unterscheiden?

  • Ein Projekt führt die Schulungen von Schülerpat:innen aus pragmatischen Gründen (Schüler:innen werden freigestellt etc.) an einem Tag durch. Aber: Sicherlich wird hier viel Wissen parallel vermitteln, das zu unterschiedlichen Zeiträumen des Mentorings wichtig sein könnte. Ideal wäre deshalb eine Mischung aus Vorbereitung und Begleitung.
  • Ein weiteres Projekt ergänzte, dass sie am liebsten situationsbedingt weiterhelfen, wenn ein Problem auf den Tisch kommt. Sonst ist die Vorbereitung zu spekulativ und kann auch überfordern und Ängste hervorrufen.


Bei welchen Themen denken die Teilnehmer:innen im Nachhinein, dass sie sie besser früher hätten ansprechen sollen?

  • Kulturelle Unterschiede. Für sie zu sensibilisieren, sie offen ansprechen und eine kurze Einführung in die Kultur des „anderen“ zu geben, hat sich in einem interkulturellen Mentoring-Programm bewährt.
  • Ein weiterer erwähnter Punkt ist das Ende einer Mentoringschaft. Es kann sein, dass sich eine der Parteien das Mentoring (überraschend) beenden möchte oder muss. Sowohl Mentor:innen als auch Mentees sollten zu Beginn darüber im Klaren sein, dass eine Mentor:innen-Beziehung auch abrupt enden kann.

https://www.bagfa.de

Franziska Zölzer

Franziska Zölzer ist in der Stiftung Bürgermut als Redakteurin und Community Managerin für das Projekt D3 mitverantwortlich. Nach ihrem Studium der Neueren Deutschen Literatur in Hamburg, London und Berlin (Abschluss: Master of Arts) war sie auf Agenturseite als Redakteurin, Social Media Managerin und PR-Beraterin im Bereich der politischen Kommunikation tätig.

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