Ableismus in Kinderbüchern

Session-Dokumentation – openTransfer CAMP #VielfaltStärken

Session von: Adrian Belke-Ramos (Leseförderung „Lies mit mir!“ Wiesbaden)

Fotocredit: Jasmin Valcarcel | openTransfer CAMP #VielfaltStärken

Die Session von Adrian Belke-Ramos von der Leseförderung „Lies mit mir!“ Wiesbaden bot einen umfassenden Überblick über die Darstellung und Repräsentation von Behinderungen in der Kinderliteratur. Ziel war es, die Teilnehmer:innen für die systematische Benachteiligung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Literatur zu sensibilisieren.

Zu Beginn wurde Ableismus definiert: Ableismus bezeichnet die systematische Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen, basierend auf der verinnerlichten Norm einer nichtbehinderten Gesellschaft. Ein problematischer Aspekt, der hierbei diskutiert wurde, ist die weit verbreitete Haltung, dass Behinderung etwas ist, das „uns alle betrifft“, was jedoch die spezifischen Herausforderungen und Diskriminierungen, denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind, verkennt.

Es folgte ein Überblick über die historische Darstellung von Menschen mit Behinderungen in der Literatur. Traditionell wurden sie oft als passive, hilflose oder gar bedrohliche Figuren dargestellt, was stereotype und schädliche Vorstellungen verfestigte. Solche Darstellungen haben langfristig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung und das Selbstverständnis von Kindern mit und ohne Behinderungen.

Anhand ausgewählter Kinderbücher analysierten die Teilnehmer:innen gängige ableistische Darstellungen. Identifiziert wurden stereotype Charakterisierungen, mangelnde differenzierte Darstellungen und das Fehlen von Inklusion. Dabei wurde diskutiert, wie diese Darstellungen zur Ausgrenzung und zum geringen Selbstwertgefühl von Kindern beitragen können.

Die psychologischen und sozialen Auswirkungen von ableistischen Darstellungen wurden erörtert. Es wurde aufgezeigt, dass solche Darstellungen nicht nur Kinder mit Behinderungen negativ beeinflussen, sondern auch bei nichtbehinderten Kindern zu falschen und schädlichen Vorstellungen führen können.

Die Session stellte positive Beispiele von Kinderbüchern vor, die behinderte Charaktere auf realistische und respektvolle Weise darstellen. Best Practices für inklusive und nicht-diskriminierende Kinderliteratur wurden geteilt. Dazu gehören Bücher, die Vielfalt und Inklusion fördern, ohne Behinderungen zu exotisieren oder stereotyp darzustellen.

Zum Abschluss erhielten die Teilnehmer:innen eine Liste mit Ressourcen, darunter Buchempfehlungen, Artikel und Organisationen, die sich mit dem Thema Ableismus in der Literatur beschäftigen. Handlungsempfehlungen für Autor:innen, Verlage und Pädagog:innen wurden ebenfalls diskutiert. Diese Empfehlungen beinhalten die Notwendigkeit, Fachkräfte zu schulen, inklusive Geschichten zu fördern und Netzwerke für betroffene Familien zu schaffen.

Die Diskussion beleuchtete auch konkrete Praxisbeispiele und Herausforderungen. Ein Beispiel war die Notwendigkeit, Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen Sicherheit und Zugehörigkeit zu bieten, anstatt sie aus Gruppen zu isolieren. Die Teilnehmenden tauschten sich über eigene Momente des Eingeschränkt Seins aus und betonten die Bedeutung wertschätzender Sprache.

Ein besonders problematisches Thema war die scheinbare Inklusion in manchen Büchern, die oft zur Exotisierung führt. Beispiele dafür sind Geschichten, in denen Charaktere ihre „fehlenden“ Eigenschaften durch andere Talente kompensieren müssen. Dies wurde als unzureichend und nicht wirklich inklusiv kritisiert.

Empfehlungen für inklusive Kinderliteratur: Die Stiftung Aktion Mensch und der Ipäd Verein wurden als wertvolle Ressourcen für intersektionale Listen empfohlen. Bücher wie „Der Schal wird immer enger“ vom Beltz Verlag und „Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor“ sowie „Papas Seele hat Schnupfen“ wurden als positive Beispiele für inklusivere Kinderliteratur hervorgehoben. 

Die Session unterstrich die Notwendigkeit einer inklusiveren und respektvollen Darstellung von Behinderungen in der Kinderliteratur, um Vorurteile abzubauen und ein positives Selbstbild bei allen Kindern zu fördern.

Daniel Männlein

Daniel Männlein ist Programmmanager im Programm openTransfer Patenschaften und gestaltet bundesweit Angebote für Patenschafts-, Mentoring- und Tandemprojekte. Er hat Sozialwissenschaften in Augsburg, Spanien und Berlin mit Schwerpunkt auf Stadt- und Migrationsforschung studiert. Vor seiner Tätigkeit bei der Stiftung Bürgermut sammelte er wertvolle Erfahrungen in der Projektförderung bei der Robert Bosch Stiftung, in der Projektarbeit bei zivilgesellschaftlichen Trägern und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

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