„Unter einem Dach“ – Leben in einer WG mit wohnungslosen und suchtkranken Menschen

Session-Dokumentation – openTransfer CAMP wohnen

Session von: Sebastian Banzhaf (Diakonie Pfalz)

In dieser Session berichtete Sebastian Banzhaf von seiner seit 2019 bestehenden „Clean WG“ für wohnungslose und suchtkranke Menschen, die er gemeinsam mit seiner Familie betreibt, und diskutierte mit den Teilnehmenden darüber, wie eine familiäre Wohnform Betroffene unterstützen und welche Herausforderungen dabei entstehen können.

Sebastian Banzhaf schilderte sein WG-Konzept, das er gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern in einem ehemals gemieteten Freizeitheim umsetzt. Ziel ist es, wohnungslosen und süchtigen Menschen einen unbürokratischen und schnellen Zugang zu Wohnraum sowie eine Tagesstruktur zu bieten. Die Bewohner:innen kochen untereinander, kümmern sich um den Garten und die Tiere auf dem Grundstück und sollen schrittweise Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen.

Besondere Herausforderungen

  • Persönlicher Einsatz und Nähe: Banzhaf und seine Familie leben im gleichen Haus und sind dadurch nahezu rund um die Uhr erreichbar. Obwohl dies ein hohes Vertrauensverhältnis schafft, führt es zu starker Beanspruchung für ihn und seine Familie.
  • Finanzierung und Organisation: Die WG finanziert sich über Spenden und Untermietverträge, die (teilweise) vom Jobcenter übernommen werden. Lange Zeit arbeitete Banzhaf ehrenamtlich in Vollzeit, was er rückblickend als Fehler bezeichnet, da es auf Dauer Überlastung mit sich bringt.
  • Klare Regeln: Um ein Zusammenleben mit der Familie zu ermöglichen, müssen die Bewohner:innen entgiftet sein und sich an die Hausordnung (keine Gewalt, keinen Drogenkonsum) halten. Einmal musste einem Bewohner gekündigt werden, nachdem es zu einem Vorfall kam.

Chancen und Wirkungen

  • Stabilisierung durch Alltagsstruktur: Einfache Routinen wie gemeinsames Kochen, Tierpflege und Gartenarbeit helfen, Verantwortung zu üben und regelmäßig Teil einer Gemeinschaft zu sein.
  • Vertrauensaufbau: Das familiäre Setting kann Hemmschwellen abbauen und ermöglicht intensive Begleitung bei Rückfällen, psychischen Krisen oder Konflikten.
  • Option auf Weiterentwicklung: Einige Menschen schafften den Sprung in ein eigenständiges Leben; andere lebten mehrere Jahre in der WG, um sich zu stabilisieren.

Diskussion und Erfahrungen anderer Teilnehmender
In der Session tauschten sich 21 Personen über ähnliche Wohnformen aus. Mehrere Teilnehmende hatten selbst Wohnprojekte mit (ehemals) Obdachlosen initiiert und berichteten von vergleichbaren Lernerfahrungen: Der Spagat zwischen Nähe und professioneller Distanz ist herausfordernd, die Übernahme ehrenamtlicher Vollzeitaufgaben führt häufig zu Überlastung, und Kinder im Haushalt können einerseits eine familiäre Atmosphäre schaffen, andererseits aber auch geschützt werden müssen.

Fazit
Das WG-Modell von Sebastian Banzhaf zeigt, wie familiäre Nähe, klare Regeln und gegenseitige Unterstützung wohnungslose und suchtkranke Menschen stabilisieren können – jedoch nur unter sorgfältiger Abwägung von Ressourcen, professioneller Unterstützung und persönlichen Grenzen. Obwohl das Projekt aus persönlichen Gründen bald beendet wird, betonte der Sessiongebende die Wirksamkeit dieser Wohnform und ermutigte Interessierte, ähnliche Konzepte weiterzuentwickeln.ssion – mit dem Ziel, Jugendlichen zügig tragfähige Perspektiven zu bieten.uch nach außen (Öffentlichkeit und politische Einflussnahme) wirksam sein können.

Daniel Männlein

Daniel Männlein ist Programmmanager im Programm openTransfer Patenschaften und gestaltet bundesweit Angebote für Patenschafts-, Mentoring- und Tandemprojekte. Er hat Sozialwissenschaften in Augsburg, Spanien und Berlin mit Schwerpunkt auf Stadt- und Migrationsforschung studiert. Vor seiner Tätigkeit bei der Stiftung Bürgermut sammelte er wertvolle Erfahrungen in der Projektförderung bei der Robert Bosch Stiftung, in der Projektarbeit bei zivilgesellschaftlichen Trägern und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

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