Chancen und Herausforderungen von Erstakademiker:innen im Studium

Session-Dokumentation – openTransfer CAMP #VielfaltStärken

Session von: Daniela Keil & Jasmin Friese (Arbeiterkind.de)

Fotocredit: Jasmin Valcarcel | openTransfer CAMP #VielfaltStärken

In der Session wurde das Thema der Bildungsbenachteiligung von Erstakademiker:innen eingehend diskutiert. Statistiken zeigen, dass 79% der Kinder aus akademischen Haushalten ein Hochschulstudium aufnehmen, während dies bei Kindern aus nicht-akademischen Haushalten nur 27% tun. Die Referent:innen Daniel Keil und Jasmin Friese von Arbeiterkind.de teilten ihre langjährigen Erfahrungen und Best Practices, um zu reflektieren, wie diese Benachteiligungen erlebt werden und welche Handlungsmöglichkeiten zur Sichtbarmachung, Wertschätzung und Stärkung von Studierenden der ersten Generation existieren.

Arbeiterkind.de wurde 2008 von Katja Urbatsch während ihrer Promotion gegründet. Heute ist es das größte Netzwerk für Erstakademiker:innen in Deutschland, mit mehreren tausend engagierten Mitgliedern. Die Organisation besucht Schulen, um über Bildungsbiografien zu sprechen, ohne den Anspruch, dass alle Schüler:innen ein Studium aufnehmen sollen. Stattdessen geht es darum, Möglichkeiten aufzuzeigen und Unterstützung zu bieten.

Arbeiterkind.de unterstützt Studierende während ihres Studiums und beim Berufseinstieg. Eine wichtige Erkenntnis aus der Diskussion war, dass Arbeiter:innenkinder, die den akademischen Weg einschlagen, prozentual häufig höhere Abschlüsse erreichen als ihre Mitstudierenden aus Akadermiker:innen Familien. Trotzdem begegnen sie zahlreichen Hindernissen.

Ein großes Hindernis sind die Lehrkräfte, die oft skeptisch gegenüber den Fähigkeiten von Arbeiter:innenkindern sind und ihnen wenig zutrauen. Auch finanzielle Mittel sind ein großes Problem: Viele müssen BaFög in Anspruch nehmen oder haben nach einer Ausbildung keinen Anspruch mehr auf Unterstützung. Selbst mit guten Abschlüssen leiden viele Erstakademiker:innen unter geringem Selbstwertgefühl, bedingt durch Zuschreibungen.

Arbeiterkind.de führt verschiedene Aktionen durch, um das Bewusstsein für die Herausforderungen von Erstakademiker:innen zu schärfen. Eine solche Aktion ist die Staffelpulli-Übergabe „Erste an der Uni“ auf LinkedIn, die darauf abzielt, die erste Generation an Universitäten sichtbarer zu machen. Es gibt jedoch auch eine Image-Angst unter einigen Studierenden, die ungern über ihre soziale Herkunft sprechen.

In Workshops erhalten die Referent:innen gemischte Rückmeldungen von Schüler:innen: von Interesse und Desinteresse bis hin zu Aha-Effekten, wenn Schüler:innen erkennen, dass auch sie die Möglichkeit haben, eine weiterführende Schule zu besuchen. Eine weitere Herausforderung ist es, bereits während des Studiums eigenes Geld zu verdienen.

Alles in allem verdeutlichte die Session die Notwendigkeit, die besonderen Herausforderungen von Erstakademiker:innen anzuerkennen und gezielt Maßnahmen zur Unterstützung zu entwickeln. Dies umfasst sowohl finanzielle Unterstützung als auch die Förderung des Selbstwertgefühls und der akademischen Ambitionen. Netzwerke wie Arbeiterkind.de spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie Betroffene miteinander vernetzen und durch Vorbilder zeigen, dass ein akademischer Weg auch für Kinder aus nicht-akademischen Haushalten möglich und lohnend ist.

Daniel Männlein

Daniel Männlein ist Programmmanager im Programm openTransfer Patenschaften und gestaltet bundesweit Angebote für Patenschafts-, Mentoring- und Tandemprojekte. Er hat Sozialwissenschaften in Augsburg, Spanien und Berlin mit Schwerpunkt auf Stadt- und Migrationsforschung studiert. Vor seiner Tätigkeit bei der Stiftung Bürgermut sammelte er wertvolle Erfahrungen in der Projektförderung bei der Robert Bosch Stiftung, in der Projektarbeit bei zivilgesellschaftlichen Trägern und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

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