Digitales Training: Ask our lawyer!

In dem interaktiven Training geht es um datenschutzrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Mentoringprogrammen. Das Training besteht aus zwei Teilen: In einer Einführung erklärt uns unsere Referentin Diana zunächst Rechtsgrundlagen, Informationspflichten und weitere Betroffenenrechte sowie sonstige Verpflichtungen, die sich aus der DSGVO ergeben. Anschließend gibt es in einem „ASK me anything“ viel Zeit für eure Fragen.

Referentin

Als Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht mit besonderer Expertise im Datenschutzrecht verbindet Dr. Diana Ettig die Rechtsgebiete, die für Mandant:innen durch die Digitalisierung des Arbeits- und Wirtschaftslebens von herausragender Bedeutung sind. 


Dokumentation

02. September 2024 I Ask Our Lawyer! 

In diesem Digitalen Training stand die Bedeutung des Datenschutzes und eine diesbezügliche Schulung aller Teilnehmenden im Mittelpunkt. Referentin Dr. Diana Ettig erläuterte den Begriff der Einwilligung im Kontext des Datenschutzes. Sie hob die Bedeutung der spezifischen Einwilligung, der Einwilligung nach Aufklärung und der Möglichkeit hervor, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen. Diana sprach auch über das Thema Führungszeugnis und die Rolle von Auftragsverarbeiter:innen beim Umgang mit Daten. Das Gespräch endete mit einer Diskussion über den Widerspruch zwischen dem Recht auf Löschung von Daten und der Frage des Urheberrechts.

Was sind eigentlich personenbezogene Daten?

In Beratungen hört Dr. Diana Ettig oftmals den Satz “wir arbeiten nicht mit personenbezogenen Daten”. Oftmals fehlt hier aber einfach das Wissen, was alles zu diesem Begriff gezählt wird. Nicht nur Vor- und Nachnamen, sondern auch Adresse, E-Mail-Adresse, Steuer-ID, Standortdaten, Geburtsdatum, Social Media Handles, Standortdaten, IP-Adressen, Cookie-IDs, Steuer-IDs, Werbe-IDs des Handys, Ableitungen aus Daten („wahrscheinlich aus Bayern“) und Pseudonyme Daten („Zimmer 17“) gehören dazu.

Was sind personenbezogene Daten in Mentoring-Programmen? 

  • Daten der Programm-Teilnehmenden (Mentees, Eltern der Kinder, Mentor:innen, Projektkoordinator:innen, sonstige Teilnehmende)
  • Website, Social-Media-Kanäle
  • Dienstleister:innen / Vertragspartner:innen
  • Mitarbeitende

Was zählt zu sensiblen Daten?

  • Art. 9 DSGVO – ist eine Verordnung, die direkt in der EU umgesetzt wird. Sie schützt insbesondere Daten über:
  • “ethnische Herkunft”
  • politische Meinung
  • Daten in Bezug auf Gesundheit, sexuelle Orientierung, Sexualleben etc.
  • religiöse Hintergründe / weltanschauliche Überzeugungen
  • biometrische Daten
  • Art. 10 DSGVO – schützt Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten / damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln

Was sind sensible Daten in Mentoring Programmen?

  • Gesundheitsdaten (z.B. Allergien, Förderbedarf / Behinderung)
  • Religiöse Überzeugungen (indirekt über Ernährungsangaben: kein Schweinefleisch essen etc.)
  • Ethnische Herkunft (Geburtsland/ Staatsbürgerschaft, gesprochene Sprachen)

Zu all diesen sensiblen Daten gilt folgende Grundregel: Wir dürfen keine sensiblen Daten verarbeiten, es sei denn, wir haben die Erlaubnis / passende Rechtsgrundlage dafür. Natürlich stellt sich diesbezüglich auch die Frage, ob die oben genannten sensiblen Daten wirklich für die Arbeit von Mentoring-Organisationen benötigt werden?

→ Was kann eine Rechtsgrundlage dafür darstellen?

  1. Ein Vertrag (dabei kann es sich um einen Mentoring-Vertrag handeln, ein Formular zur Anmeldung o.ä.), oder ein Gesetz (das die Verarbeitung erfordert)
  2. Lebenswichtige Interessen (Bsp: Es handelt sich um einen Notfall. Ein Mentee ist verschwunden. In diesem Falle dürfen persönliche Daten an die Polizei weitergegeben werden.)
  3. Überwiegendes berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung besteht (dieser Begriff wird oft ausgenutzt oder falsch eingesetzt. Ein valides Beispiel stellt hier das Online-Marketing dar, welches berechtigtes Interesse darstellt.
  4. Eine Einwilligung (Eine Einwilligung muss immer freiwillig sein, was im Arbeitsumfeld Schwierigkeiten mit sich bringen kann, da die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann (–> ähnlich wie bei einem E-Mail Newsletter).

Was bedeutet “Einwilligung”?

“Echte” Einwilligungen sind schwierig zu erhalten. Um rechtlich anerkannt werden zu können, müssen Einwilligungen die folgenden Charakteristika aufweisen: 

  • spezifisch
  • informiert
  • für einen genau bezeichneten Zweck
  • freiwillig
  • unmissverständlich
  • widerruflich
  • nachprüfbar
  • Erziehungsberechtigte für ihre Kinder

Rechtsgrundlagen in Mentoring-Programmen

  • Vertragsanbahnung / und -Durchführung
  • Stammdaten von allen Programm-Teilnehmenden
  • Programmdaten (Beispiel Tagebuch)
  • Einwilligung in besondere Kategorien (bspw. Allergien, Förderbedarf etc.). Hier muss eine Einwilligung erfolgen, da es rechtlich bis dato keine andere Lösung gibt. 
  • Einen Sonderfall stellen Führungszeugnisse von Mentor:innen dar: Führungszeugnisse dürfen nicht abgespeichert werden, sondern nur (mit Angabe des Datums) eingesehen werden. Auch sollten sie, wenn möglich, nicht per Mail versendet werden. Sollte dies doch passieren, muss die Mail im Nachgang direkt gelöscht werden.
  • Sonstige Einwilligungen: Foto- und Videonutzung, Cookies auf Websites

Wer bin ich im rechtlichen Sinne?

Hierbei gibt es drei Optionen:
1.) Verantwortliche:r
2.) Gemeinsame:r Verantwortliche:r / Joint Controller
3.) Auftragsverarbeiter:in (ähnlich einem verlängerten Arm)

Notwendige Grundinformationen bei Datenverarbeitungen

  • Identität und Kontaktdaten
  • Zwecke und Rechtsgrundlagen
  • Art der Daten
  • Empfänger / Kategorien
  • Drittstaaten-Transfer
  • Speicherdauer
  • Betroffenenrechte / Widerruf

Beantwortung von Betroffenen-Anfragen

  • Auskunft
  • Berichtigung
  • Widerspruch
  • Löschung

Exkurs: Personenbildnisse

  • Videos sind personenbezogene Daten. Datenschutz und das Recht am eigenen Bild überlagern sich. 
  • Es existieren viele Grauzonen & diesbezügliche Probleme wurden noch nicht gelöst. Die beste Variante hierbei stellt eine jederzeit widerrufbare Einwilligung oder ein Model-Release-Vertrag dar.
  • Ausnahmeregelungen existieren für: Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Beiwerk neben einer Landschaft / Örtlichkeit, Versammlungen, oder höheres Interesse der Kunst.
  • Die diesbezügliche Rechtsprechung befindet sich noch im Prozess, hier gibt es noch keine weiteren Auskünfte. Zu diesem Themenfeld existieren sehr viele Unwahrheiten im Internet. 

Weitere Themen/ Fragen die sich im Laufe des Trainings ergaben:

Frage: Wie geht man rechtlich gesehen vor, wenn man ein Teamfoto von 50 Personen im Internet veröffentlichen will?

→ Wenn es sich hierbei um Erwachsene handelt, ist klar, dass nur Personen auf dem Foto zu sehen sein dürfen, die sich dafür entschieden haben, abgelichtet zu werden. Aber: Man braucht die Nachweispflicht. Es könnte hier mit Zeug:innen gearbeitet werden. Wenn sich jemand im Nachhinein beschwert, muss das Foto direkt von der Internetseite genommen werden.

Frage: Braucht man wirklich Fotos von echten Mentees/ Kindern? Will man wirklich, dass ein zukünftiger Bürgermeister auf seine Mentee-Vergangenheit zurückgeführt werden kann?

→ Besser wäre, Mentees selbst nicht abzubilden. Eine Alternative wären beispielsweise Stock-Fotos. (Bsp. Unsplash)

→ Auch KI könnte eine gute Lösung darstellen. Man könnte sich auch auf Kinderhände (o.Ä.) beschränken, der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. 

Frage: Wie gehe ich mit dem Thema Schweigepflicht von Mentor:innen/ Mentees um?

→ Idealerweise erklärt man Mentor:innen, dass keine Fotos auf Social Media erstellt werden dürfen. Es muss deutlich werden, dass Datenschutz und Vertraulichkeit zwei Themen sind. Es sollte zudem eine vertragliche Vereinbarung zu Datenschutz/ Vertraulichkeit mit den Mentor:innen eingeholt werden. Eine Ausnahme stellen private/ familiäre Zwecke dar. Hier dürfen Fotos gemacht werden, diese dürfen allerdings nicht im Internet veröffentlicht werden. 

Die Referentin ging auch auf die rechtlichen Auswirkungen des Fotografierens von Personen, insbesondere Kindern, und die Notwendigkeit einer Einwilligung ein. Sie erklärte, dass es nach der Datenschutz-Grundverordnung eine Beweispflicht gibt und dass Einzelpersonen ohne Beweise nicht vor Gericht gehen können. Sie erwähnte auch, dass Anwälte gesetzlich verpflichtet sind, den Nachweis der Einwilligung vorzulegen. Das Gespräch berührte auch die Wichtigkeit des Verständnisses der Urheberrechtsgesetze und die potenziellen Risiken der Verwendung urheberrechtlich geschützter Materialien ohne Erlaubnis.

Frage: Wie sieht es mit der KI und der Nutzung von Bildern aus?

→ Fotos durch KI: Hier muss man darauf achten, dass die Nutzungsrechte vorliegen. Eine KI kann diese Rechte nicht geben, sie kann nur Input verarbeiten. Generell kann die KI kein Urheberrecht zu einem Foto besitzen. Das, was die KI schafft, kann daher nicht urheberrechtlich geschützt werden. ABER: Das, was als Input angegeben wird, kann urheberrechtlich geschützt sein. Es gibt noch keine Technologie dahinter – daher befinden wir uns hier rechtlich gesehen noch in einer Grauzone.

Weiterführende Informationen:

Gut aufbereitete Materialien vom Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg:

Materialien vom Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen

Die Teilnehmenden diskutierten die Bedeutung von Datenschutz, Einwilligung und die rechtlichen Auswirkungen des Fotografierens von Personen, insbesondere von Kindern. Sie berührten auch das Konzept des Führungszeugnisses, die Rolle von Auftragsverarbeitern beim Umgang mit Daten und den Widerspruch zwischen dem Recht auf Löschung von Daten und dem Urheberrecht. Abschließend tauschten sie ihre jüngsten Erfahrungen und bevorstehenden Veranstaltungen aus, diskutierten einen Honorarvertrag und die Einbeziehung der Umsatzsteuer in eine Pauschalsumme.


Die Digitale Trainingsreihe findet im Rahmen des Programms openTransfer Patenschaften statt. openTransfer Patenschaften fördert die Vernetzung, den Wissenstransfer und die Verbreitung von Patenschafts-, Tandem, und Mentoring-Initiativen bundesweit. Alle Angebote des Programms sind kostenfrei. Mehr Informationen unter http://opentransfer.de/projekte/patenschaften/.

openTransfer Patenschaften ist ein Programm der Stiftung Bürgermut, gefördert durch das Bundesprogramm “Menschen stärken Menschen” des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

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Bea Hasse

Bea Hasse unterstützt bei der Stiftung Bürgermut als Projektleiterin das Projekt openTransfer Patenschaften. Darüber hinaus unterstützt sie bei der Organisation der verschiedenen Veranstaltungsformate der Stiftung. Nach ihrem Studium der Ethnologie (MA Europäische Ethnologie) an der Humboldt Universität Berlin, arbeitete sie bei einem Berliner Verein als Projektleiterin und sammelte erste Erfahrungen im dritten Sektor.