Wie man Angebote für Geflüchtete aufbaut

Icon__btn_Dokumentation_grossLuise Schulte von der AWO Essen-Frintrop beim Barcamp Kleine Helden am 04. Dezember 2015 in Essen

 

Will man Projekte mit Geflüchteten aufziehen, bewegt man sich in einem komplexen System aus unterschiedlichen Beteiligten und ihren Interessen. In der Session wurden Erfahrungen geteilt und Erfolgsfaktoren für Flüchtlingsprojekte zusammengetragen.

 
In der Session zum Thema Angebote für Geflüchtete stellte Luise Schulte von der AWO kurz den Offenen Treff für Mütter mit Säuglingen in Essen-Frintrop vor. Der Schwerpunkt der Session lag jedoch auf dem allgemeinen Austausch über die unterschiedlichen Anforderungen bei der Zusammenarbeit mit Geflüchteten.

Die Komplexität der Thematik speist sich nicht zuletzt aus den vielen verschiedenen Beteiligten, deren Bedürfnisse und Perspektiven gleichberechtigt Berücksichtigung finden sollen.

Eine Frau sitzt in einem Stuhlkreis und hält eine Mappe in der Hand.

Auch befänden sich geflüchtete Kinder in ganz unterschiedlichen Situationen. Manche sind bereits Schulkinder, andere sind noch im Kindergartenalter. Einige leben in Gemeinschaftsunterkünften, andere in Not- oder Mutter-Kind-Einrichtungen. Andere sind minderjährige unbegleitete Geflüchtete. Die Situation der letzten Gruppe sei besonders in großen Unterkünften oft ungeklärt.

Viele Fragen am Anfang

Eine zentrale Frage, die sich viele in der Runde stellen, war, wie es gelingt, ehrenamtliches Engagement zum Nutzen aller einzubinden. Welche Angebote können auf langfristiger Basis aufgebaut werden? Wie kommunizieren Initiative am besten mit den Eltern oder, falls am Prozess beteiligt, Jugendämtern und anderen staatlichen Stellen? Es zeigte sich bei den Anwesenden, dass der Zugang zu Notunterkünfte im Vergleich zu Gemeinschaftsunterkünften oft auf das Minimum reduziert ist. Dies liegt zum einen daran, dass der Schutz der Geflüchteten gewährleistet werden soll. Zum anderen liegt es aber auch an oftmals sehr engen Räumlichkeiten. Entsprechend sei es hilfreich, Angebote in die nahe Nachbarschaft auszulagern und die Geflüchteten vor Ort in den Heimen dahin einzuladen. Hierbei müsste sich jede Initiative an die lokalen Gegebenheiten anpassen. Infrastrukturen seien mitunter sehr unterschiedlich in den verschiedenen Städten und Kommunen. Zu weit entfernte Angebote kommen daher für Geflüchtete nicht infrage.

Faktor Zeit

Eine wichtige Erkenntnis, die viele über die Zeit machten, war, dass Beziehungen und Vertrauen in Initiativen mit der Zeit wachsen und entsprechend Kontinuität im Angebot brauchten. Der regelmäßige Austausch mit den Heimen sei besonders wichtig. Genauso aber auch der Kontakt zu Geflüchteten, die bei Verwandten und Freunden wohnen. Diese würden oft nicht berücksichtigt, weil sie nicht so einfach zu erreichen sind. Damit fallen sie jedoch leider in vielen Fällen aus dem System.

Bei Notunterkünften sei es hingegen schwierig, langfristige Projekte aufzubauen. Hier seien kurzfristig gedachte Projekte sehr viel effektiver. Dies können zum Beispiel kleine Kunstaktionen oder gemeinsames Musikmachen sein. Entscheidend sei hier die Niedrigschwelligkeit der Angebote, was auch bedeutet, dass diese in den Unterkünften selbst stattfinden. Etwas, in dem sich viele der Anwesenden einig waren, ist der Fokus auf Schulkindern. Sehr kleine Kinder seien bislang eher übersehen worden. Hier sahen einige besonderen Handlungsbedarf.

Bei allen Angeboten sei es darüber hinaus von Bedeutung, die positiven Momente für die Kinder herauszustellen, um ihre Situation erträglicher zu machen. Doch auch auf Ehrenamtliche und Unterstützer müsste geachtet werden: Sind die Ressourcen ausreichend? Fühlen sich alle Involvierten gut aufgehoben und betreut? Der persönliche Kontakt und die Offenheit für Kritik und Veränderung seien unabdingbar an dieser Stelle.

Der Plattform-Gedanke

Der am meisten betonte Aspekt war die Bündelung von Ressourcen und der Aufbau eines Netzwerks mit einer eigenen Plattform. Etablierte Angeboten müssten ausgeweitet werden, ein Überblick über bereits Existierendes geschaffen werden, um zu verhindern, dass alle Initiativen die gleichen Anfangsschwierigkeiten überwinden müssen.

Nicht zuletzt müssten sich Angebote an den Erfahrungen und Wünschen der Geflüchteten ausrichten. Diese verändern sich über die Zeit. Entsprechend müssen sie immer wieder neu erfragt und Angeboten angepasst werden.

http://www.awo-essen.de/ehrenamt/ortsverein/ortsverein-frintrop

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/themen/fluechtlingskinder.html

Foto: #otc15 (CC BY SA) / Jennifer Braun

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Katharina Stökl

Katharina Stökl hat einen Bachelor in Sozialwissenschaften und Master in Migration Studies. Seit Oktober 2016 koordiniert die gebürtige Hamburgerin das Willkommensbüro InteraXion, das in Berlin Treptow-Köpenick Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung beim Ankommen im Bezirk unterstützt. In ihrer Masterarbeit hat sie Mitglieder des Zahnräder Netzwerks interviewt, um ihre Perspektive zu muslimischen Leben in Deutschland zu erfahren.

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