Tagebuch Projekt Zuverdienst
22. Oktober 2014, Mehr als nur hübsche Bilder
In den letzten Monaten haben wir viel Energie in die Konzeption eines einfachen Corporate Designs gesteckt. Wir trafen Entscheidungen für ein einheitliches Font, ansprechende Farben, ein elegantes Logo, graphische Elemente und Regeln zur Verwendung von Sprache. Es mag unnütz erscheinen, sich so ausführlich mit diesen Themen zu beschäftigen – hat das Projekt ja zuforderst die Aufgabe, eine positive Wirkung auf die Zielgruppe zu schaffen. Wieso sollte da Ästhetik relevant sein?
Das Projekt Zuverdienst fördert die Skalierung der Schaffung von mehr Zuverdienstangeboten für Mensch mit psychischen Erkrankungen. Wir schaffen diese neuen Angebote jedoch nicht selbst, sondern befähigen potentielle Anbieter, diese zu entwickeln. Konkret bedeutet dies, dass wir in Gegenden mit hohem Bedarf Informationsveranstaltungen anbieten, auf denen wir interessierten Organisationsvertretern relevante Informationen und Materialien an die Hand geben, damit sie mit ihrem neuen Angebot starten können. Stetige Kommunikation durch Einladungen, Flyer, Informationsbroschüren und Onlinemarketing ist dabei sehr wichtig. Um unseren Wiedererkennungswert für uns und unsere Projektpartner zu steigern, haben wir uns entschlossen, uns eingiebig mit dem Thema Corporate Design auseinander zu setzen.
Als zentrale Kommunikationsplattform entschieden wir uns schon früh für eine eigene Projektwebseite. Auf dieser werden in Zukunft alle Kommunikations- und Infomaterialien versammelt sein. Auf der Webseite wird jede Ansprechgruppe etwas für sich finden: Leistungsanbieter laden sich Musterverträge herunter, Leistungsträger informieren sich über Umsetzungsbeispiele in anderen Bundesländern und Leistungsnutzer erfahren über ihre eigenen Anstellungsmöglichkeiten. Darüber hinaus gibt ein Imagefilm, Kartenmaterial und Texte Einblicke in die Hintergründe von Zuverdienst und in seine Bedeutung für das Thema Inklusion in Deutschland.
Im nächsten Update: Lobbyismus – Segen oder Übel?
31. Juli 2014, Äußere Einflüsse und Experten
Der letzte Monat sah viele Ereignisse: Der bisherige Geschäftsführer der bag-if verabschiedete sich und die vakante Stelle musste besetzt werden. Die Mitgliederversammlung und Jahrestagung mussten geplant, durchgeführt und nachbereitet werden. Politische Veränderungen – wie die Auswirkung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf Integrationsfirmen – mussten adäquat behandelt werden.
Äußere Einflüsse können starke Auswirkungen auf ein Projekt haben. Insbesondere wenn klare strategische Entscheidungen benötigt werden und dadurch operationelle Fragestellungen in den Hintergrund rücken, können die Aufgaben in einem Projekt leicht ins Hintertreffen geraten. Hier gilt es unermüdlich die täglich anfallenden Arbeitspakete gewissenhaft ab zu arbeiten. Trotz dass die Ereignisse viele Ressourcen beanspruchten, wurde das Projekt Zuverdienst glücklicherweise nicht allzu stark in Mitleidenschaft gezogen.
Die wichtigsten Arbeitspakete des letzten Monats im Projekt Zuverdienst waren die detaillierte Ausgestaltung eines Projektstrukturplans, die subsequente Abstimmung mit den Projektpartnern, und die Vorbereitung und Durchführung des Expertentreffens. Letzteres war ein wichtiger Meilenstein in unserem Projekt.
Auf dem Expertentreffen waren einschlägige Experten aus dem Themenbereich Zuverdienst versammelt, die uns mit ihrer Expertise im Projekt beratend unterstützen. Sie decken die notwendigen Themen ab: In unserem Expertengremium sitzt der Geschäftsführer eines Unternehmens, welches Zuverdienst anbietet, ein Vertreter für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen mit weitreichenden Vernetzungen im Sektor, eine Referentin eines Sozialamts, die die Ebene des Trägers gut kennt und eine Person, die sich in der Förderung durch Aktion Mensch und weiteren Stiftungen auskennt. Gemeinsam decken sie den Themenbereich Zuverdienst angemessen ab. Im Expertengespräch beschäftigten wir uns mit strategischen Fragen für das Projekt. Wir besprachen gemeinsam, auf welche Weise der Zuverdienst bisher in Deutschland umgesetzt wurde, welche Möglichkeiten für die Zukunft bestehen und welche Aktionen unternommen werden können, um das Thema Zuverdienst weiter in der Politik zu verankern.
Das Expertentreffen rüstete meinen Projektkollegen Christian Gredig und mich mit dem notwendigen Informationen aus, um die weiteren Schritte im Detail zu planen.
17. Juni 2014, Wir sind schlauer als zuvor
Wir befinden uns im zweiten Monat des Projekts Zuverdienst. Mein Kollege Christian Gredig (Mitarbeiter der FAF gGmbH) und ich arbeiten unermüdlich an dessen Grundzügen. Denn je mehr wir nun in die Konzeption und Planung des Projektes stecken, desto besser wird es später seine Wirkung entfalten können – das hat die Erfahrung gezeigt. Vor allem haben wir uns eingehender mit unserer Zielgruppe befasst. Die leitende Frage ist für uns hierbei: Wo in Deutschland sollen wir die 14 geplanten Impulstage stattfinden lassen?
Unsere Suche nach verwendbaren Daten zum Zuverdienst hat uns auf REHADAT geleitet. REHADAT ist eine Datenbank zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Die Informationen sind öffentlich zugänglich und waren für uns ein hilfreicher Segen. Dort fanden wir geographische Daten zu Zuverdienstangeboten in Deutschland, die unsere eigenen Daten passend komplettierten. Das Rheinland-Pfälzer Statistische Bundesamt versorgte uns überdies mit Daten zur Anzahl Menschen mit psychischen Beeinträchtigung pro Kreis in ganz Deutschland.
Leider sind beide Datensätze nur Annäherungen an die Realität. Weit nicht alle Zuverdienstangeboten in Deutschland sind bei REHADAT gemeldet und eingetragen. Somit sind die Datenpunkte, die wir erhalten haben, nur eine Auswahl aller existierender Angebote. Gleichzeitig geben auch nicht alle Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ihre Beeinträchtigung als Behinderung an (was die fortwährende Stigmatisierung von psychischen Krankheiten bezeugt). Auch hier ist zu erwarten, dass die wirkliche Zahl weit höher liegt. Auch wenn beide Datensätze nicht die erhoffte Qualität aufweisen, geben sie doch einen Anhaltspunkt für unser Projekt. Wir verwenden lieber die wenigen Daten, die wir zur Verfügung haben, als das Projekt ganz ohne Datengrundlage aufzusetzen.
Mit den Daten unserer Untersuchung konnten wir uns einen groben Überblick über die Bedürfnisse in Deutschland beschaffen: In den Regionen, in denen die meisten Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen per Einwohner und die wenigsten Zuverdienstangebote zu finden sind, ist die Notwendigkeit für die Wirkung unseres Projekts am höchsten. Dort sollten wir hin. Das Ergebnis seht ihr links in der Karte. Zur Zeit untersuchen wir weiter, welche der auffälligen Regionen in Deutschland für unsere Impulstage geeignet ist. Hier ziehen wir weitere Faktoren zu Rate, um eine Entscheidung treffen zu können: Welche rechtlichen Rahmenbedingungen herrschen in den Regionen? Welche Ballungszentren befinden sich dort? Wie groß ist das Einzugsgebiet der Region? Wo haben wir bereits potentielle Projektpartner?
1. Mai 2014, Projektstart
Viel Arbeit wurde bereits im Vorfeld geleistet, und am 1. Mai startete es offiziell: Das Projekt Zuverdienst – ein Beitrag zur Inklusion von Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen ins Arbeitsleben.
Projekt Zuverdienst
Das Projekt Zuverdienst – ein Beitrag zur Inklusion von Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen ins Arbeitsleben ist ein Skalierungsprojekt. Seine Aufgabe ist es, den Zuverdienst als wirkungsvolle soziale Innovation in weitere Regionen Deutschlands zu bringen. Um die Verbreitung des Zuverdienst weiter voran zu treiben, zielt die bag-if darauf ab,
- • Wissen über den Zuverdienst bei relevanten Akteuren zu verbreiten,
- • Schaffung neuer Zuverdienstangebote anzuregen,
- • den Zuverdienst als Teilhabemodell weiterzuentwickeln,
- • Vorbehalte gegenüber dem Zuverdienst abzubauen und
- • Leistungskunden in die Weiterentwicklung des Zuverdienst einzubinden.
Das besondere am Projekt Zuverdienst ist, dass hier nicht ein Anbieter, sondern ein Verband die Skalierung vorantreibt: Die bag-if bereitet den Projekttransfer vor und spricht potentielle Leistungsanbieter an.
Seit Oktober 2013 laufen die Motoren in der bag-if bereits auf Hochtouren, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Dabei benötigte bisher der Förderantrag bei der Aktion Mensch die meisten Zeitressourcen. Doch es hat sich gelohnt: Durch Förderung der Aktion Mensch und der Freudenberg Stiftung sind wir nun gut für drei Jahre ausgestattet, um den Zuverdienst in Deutschland weiter zu entwickeln und zu verbreiten.
Was ist unser Plan? Auf 14 Impulstagen in Deutschland werden interessierten Leistungsanbietern und -trägern all die Information an die Hand gegeben, die sie brauchen, um selbst neue Zuverdienstangebote zu schaffen. Auf einer dedizierten Webseite erhalten sie darüber hinaus Arbeitshilfen und Praxisbeispiele.
20. Mai 2014, Die erste Herausforderung: Wissen
„Was wissen wir eigentlich über unsere Zielgruppe?“ Diese Frage sorgt schnell für Unbehagen, denn sie deckt viele der falschen Annahmen auf, mit denen man in ein Projekt geht. Die Frage ist sehr wichtig, denn um die Wirkung erreichen zu können, die man sich für sein Projekt vorstellt, muss man oft kritisch mit sich in Gericht gehen. Diese Frage leitet auch die Suche nach fehlenden Informationen ein. Doch nicht immer findet man auch das, nach was man sucht. Fehlende Informationen sind ein herausforderndes Problem in jedem Projekt – besonders zu Beginn.
Die bag-if und ihre Tochterfirma, die FAF gGmbH befasst sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Zuverdienst. In der Vergangenheit hat sie Fachtagungen ausgerichtet und Arbeitshilfen erstellt, um den Zuverdienst weiter zu entwickeln. Dadurch weiß die bag-if auch: In Deutschland gibt es bereits einige Zuverdienstangebote, die zeigen, dass der Zuverdienst auf die Zielgruppe positiv wirkt und generell geringere Kosten verursacht als vergleichbare Angebote. Auf dieses Wissen haben wir im Projektteam Zugang.
Was wir jedoch nicht wissen: Wie viele Zuverdienstangebote gibt es bereits und wo werden weitere am meisten benötigt? Im Projekt Zuverdienst benötigen wir dringend Informationen, um festzulegen,
- • an welchen Orten weitere Zuverdienstangebote entstehen sollten,
- • wie wir potentielle Leistungsanbieter davon überzeugen, Zuverdienstangebote aufzubauen und
- • wie wir potentielle Leistungsträger motivieren können, Zuverdienstangebote zu finanzieren.
Ohne diese Informationen würden wir mit unseren Projektaktivitäten wirkungslos bleiben. Schnell wurde uns klar, dass wir die Informationslücke schließen mussten. Doch wie?