Beitrag zur NPO-Blogparade: Machen wir endlich ernst

Teilen und tauschen – dieser Trend wurde gerade vom Wirtschaftsmagazin BrandEins zur „Entwicklung von gewaltiger Dimension“ geadelt. Künftige zähle nicht der klassische Besitz, sondern der Zugriff auf Produkte, Dienstleistungen und Ideen. Soweit die Einschätzung für das künftige Wirtschaften. Und der Nonprofit-Bereich? Klar, ist das Thema Sharing auch hier angekommen: Wir treffen uns auf Klamottentausch-Partys, spenden Bücher oder finden im Netz Bekannte zum gemeinsamen Kochen. Doch was, wenn es um mehr geht, um den eigentlichen Rohstoff von Innovation und Engagement: den guten Ideen, einschlägigen Erfahrungen und solidem Wissen? Dann ist leider häufig Schluss mit Transparenz und Offenheit.

Dabei dürfte den meisten klar sein, dass nicht das eigene kleine Ding die größte Wirkung erreicht, sondern die Verbreitung eines erprobten Projekts. Was liegt näher, als eine erfolgreiche Idee an vielen Orten umzusetzen? Was es dafür braucht, ist auf Initiatorenseite der Mut, falsche Ängste und Vorbehalte über Bord zu werfen. Die Angst, die Zügel aus der Hand zu geben. Die Angst vor Trittbrettfahrern. Die Angst vor Konkurrenz um die begehrten Fördertöpfe. Schließlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass das eigene Projekt mit klar definierten Standards an anderen Standorten umgesetzt wird. Diejenigen, die ein erfolgreiches Projekt übernehmen, machen sich frei von dem Druck, eine originär bei ihnen entwickelte Idee umzusetzen. Dafür bekommen Sie den Bauplan für ein erprobtes Konzept, sparen jede Menge Zeit und Energie und entfalten effektiv soziale Wirkung. Worum sonst kann es Nonprofits gehen?

Eine der größten Hindernisse bei der Verbreitung von Ideen und Projekten ist die hiesige Förderlogik. Viel zu oft wird Innovation belohnt, weniger das Potenzial in Sachen Verbreitung. Es ist ein System, dass zwar innovationsfreundlich, aber alles andere als nachhaltig ist. Ist der Förderzeitraum vorbei, wird all zu oft auch das Projekt selbst beerdigt. Einige Hoffnungszeichen gibt es aber inzwischen. Vor allem private Förderer – seien es vorwärts gewandte Stiftungen oder aufgeweckte CSR-Abteilungen – haben das Verbreitungspotenzial als Förderkriterium erkannt. Sie setzen eine neuen Standard, der zur Initialzündung werden könnte für eine neue Kultur des Teilens von guten Ideen, denen eine möglichst große Verbreitung zu wünschen ist.

Was hat openTransfer.de damit zu tun?

Die Plattform opentransfer.de will einen ersten Schritt machen und stellt Erfahrungswissen für diejenigen zur Verfügung, die ein Projekt verbreiten und sich entschlossen haben, ihr Wissen nicht zu horten und für sich zu behalten, sondern mit anderen zu teilen. Es ist eine Plattform von Projektmachern für Projektmacher, die voneinander lernen und sich austauschen wollen. Die Website und die Veranstaltungen sollen einen Beitrag dazu leisten, dass der Nonprofit-Sektor Thema „teilen“ nicht ausgerechnet von der klassischen Marktwirtschaft rechts überholt wird. Machen wir endlich ernst und teilen nicht nur Klamotten, Platten und Bücher, sondern auch die Ideen, die wirklich etwas bewegen können.

Henrik Flor

Diplom-Politologe, absolvierte nach dem Studium ein Verlagsvolontariat und betreute danach für eine Kommunikations-Agentur verschiedene Kunden aus der Buchbranche. Er leitete bis 2021 den Bereich Redaktion & Konzeption bei der Stiftung Bürgermut, baute dort das digitale Engagement-Magazin Enter auf und war von Anfang an bei der Entwicklung von opentransfer.de dabei. Henrik Flor ist Gründungsmitglied des Vereins Netzdemokraten, der Partizipationsmöglichkeiten im Internet auslotet.

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