Coworking: bewusste analoge Vernetzung in einer digitalisierten Welt?

Das Icon, das für Session-Dokumentationen steht.Johanna Voll, German Coworking Federation e.V. / Europa-Universität Viadrina, beim openTransfer CAMP #Digitalisierung am 22. Juni 2017 in Berlin

 
Die Sessiongeberin stellte verschiedene Coworking-Modelle vor und diskutierte mit den Teilnehmenden über neue Arbeitsformen, Community Building und analoge Vernetzung.

Johanna Voll berichtete: Coworking (von engl. „zusammen arbeiten“) ist eine Entwicklung im Bereich neue Arbeitsformen. Freiberufler, Kreative, kleinere Start-ups oder digitale Nomaden arbeiten gemeinsam in meist größeren, offenen Räumen. Sie können zusammen Projekte verwirklichen, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter finden oder unabhängig voneinander agieren. Die „Coworking Spaces“ stellen ihnen Arbeitsplätze und Infrastruktur zeitlich befristet zur Verfügung. Sie ermöglichen die Bildung einer Gemeinschaft („Community“), welche mittels gemeinsamer Veranstaltungen, Workshops und weiterer Aktivitäten gestärkt werden kann. So lauten die fünf Coworking-Werte: Offenheit, Kollaboration, Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Zugänglichkeit.
Die Arbeitsform Coworking wird immer beliebter, vor allem in urbanen Ballungsräumen. Aber auch im ländlichen Raum entwickelt sich das Modell zum Trend, was viele Chancen eröffnet. So sparen Sharing-Ansätze viel Geld. Einzig die Erreichbarkeit ist häufig problematisch.

Mehrere Menschen sitzen in einem Stuhlkreis und reden.
Desweiteren findet eine Ausdifferenzierung des Modells statt, z.B. in Coworkation (Coworking + Urlaub), Coplaying (Coworking mit Kinderbetreuung) oder Fablabs/Makerspaces. Außerdem gibt es Start-up-Programme und das Corporate Coworking, bei dem Unternehmen eigene Spaces und Innovation Labs eröffnen.

Auch Unternehmen nutzen das Modell
Das Thema Coworking, so ein Teilnehmer, ist auch deshalb spannend, weil sich Menschen als Menschen begegnen, auf professioneller Ebene, aber ohne besonderen Fokus auf ihre Positionen. Interessant ist auch, dass etwa zwei Drittel der Coworking Spaces gar nicht profitabel arbeiten – viele haben dies auch gar nicht zum Ziel. Stattdessen nutzen zum Beispiel Firmen Spaces als Recruiting Gelegenheit für Menschen und Ideen oder als CSR-Tool. Das Potenzial von Coworking für die Generierung neuer Inputs und Ideen könnte auch die Zunahme von Corporate Coworking erklären, bei dem den Mitarbeitenden wechselnde Arbeitsplätze angeboten werden. Ein großes Hindernis für viele Unternehmen ist das Thema Datenschutz, die Angst vor alternativen Arbeitsmodellen und mangelndes Vertrauen.

Arbeit und Vergemeinschaftung
Vor allem die Frage, wie das Community Building besser unterstützt werden kann, beschäftigte die Gruppe. Denn Studien zeigen, dass die Attraktivität der Coworking Space vor allem in den Vernetzungsmöglichkeiten der Nutzerinnen und Nutzer liegt. Aber, da war sich die Gruppe einig, das Ziel der Vernetzung ist nicht unbedingt Community Building. Ohnehin stellte sich die Frage, was der Begriff „Community“ umfasse: eine Gemeinschaft oder ein funktionales Netzwerk mit ausgewogenen Kompetenzen. Für erstere reichen möglicherweise gemeinsame Veranstaltungen und Kaffeepausen, für letztere braucht es weitere (auch digitale) Formate und Tools, in denen man andere beispielsweise nach Kernkompetenzen filtern kann.
Zum Schluss berichtet die Sessiongeberin, dass sie zurzeit am Aufbau einer Coworking Library arbeitet, einer offenen, interdisziplinären Onlinedatenbank zum Thema Coworking. Wer mitwirken möchte, kann sich gerne an Johanna Voll wenden: voll@europa-uni.de

Foto: Milos Djuric

Louise Buscham

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