Neue Deutschkurse und Alphabetisierung

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Carolina, Netzwerk Deutschkurse für alle, beim openTransfer CAMP Refugee Helpers am 14.11.2015 in Berlin

Welche Erfahrungen haben die Teilnehmenden in Deutschklassen gesammelt? Was sind die größten Herausforderungen? Wer hat Ideen zur Lösung? Eine intensive Diskussion begann.

 

„Deutschkurse für alle“ ist ein Netzwerk verschiedener Berliner Initiativen, die kostenlose Deutschkurse für Geflüchtete und Migranten anbieten. Die Kurse führen Ehrenamtliche durch. Das Angebot umfasst Kurse bis zum Sprachniveau B1. Ein Hauptanliegen des Netzwerkes ist methodische und didaktische Vielfalt.

Die Session hat vor allem eines gezeigt: Es gibt viele Initiativen, die Deutschkurse anbieten. Sie alle verfolgen dabei sehr unterschiedliche Konzepte. In einem Ziel waren sich jedoch alle Anwesenden einig: Damit die Kurse nachhaltig erfolgreich sind, braucht es gut geschulte Ehrenamtliche. Ein weiterer entscheidender Faktor, den allen Teilnehmende der Session betonten, ist Kontinuität. Diese könne nur in enger Zusammenarbeit mit der Leitung der jeweiligen Flüchtlingsheime erreicht werden. Der dritte Diskussionspunkt konzentrierte sich darauf, die eigenen Erwartungen an die Teilnehmenden von Deutsch- und Alphabetisierungskursen zu hinterfragen: Bei allem, was die Helfenden tun, bleiben sie immer selbst Lernende. Ein gemeinsamer Wunsch, der am Ende der Session formuliert wurde, war die Entwicklung einer neuen Lern- und Beziehungskultur, in deren Zentrum kulturelle und generationale Diversität steht.

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Die Fragen, die in der Session aufkamen, waren vielfältig:

– Mit welchen Methoden können Ehrenamtliche geschult werden?
– Welche Erwartungen an Teilnehmende von Deutschkursen sind realistisch?
– Viele Initiativen, viele Konzepte – was funktioniert am besten?
– Wie genau soll eine Definition von Alphabetisierung aussehen?

Die Antworten der Sessionteilnehmenden sprachen dafür, dass es keine einheitliche Lösung geben kann und die Herausforderungen sehr stark von den spezifischen Situationen vor Ort geprägt sind:

– Es gibt viele Anfragen von Freiwilligen, die Kapazitäten in den Initiativen sind aber weitestgehend erschöpft. Neben der Durchführung der Deutschkurse verschiebt sich der Fokus der Initiativen mehr und mehr auf die Organisation der eigenen Strukturen, die stetig wachsen.

– Alphabetisierung wird oft vernachlässigt und ist zudem sehr komplex. Handelt es sich beispielsweise um vollständigen Analphabetismus oder können die Flüchtlinge sich nur nicht im lateinischen Alphabet sicher bewegen? Viele Lehrende trauen sich Alphabetisierung nicht zu. Hier wäre es vielleicht sinnvoll, Ehrenamtliche und Profis zusammenzubringen.

– Insgesamt sprachen sich alle für reguläre Schulungen aus, beispielsweise in Form von vierstündigen Workshops.

– Eine weitere Idee war die vermehrte Mobilisierung von Lehramtsstudierenden und Lehrenden. Nicht nur, damit sie selbst Deutschkurse geben, sondern vor allem, um Ehrenamtliche zu schulen.

– Neben der Schulung von Freiwilligen rückten auch Strukturen für Team Building in den Vordergrund. Beispielsweise wäre es denkbar, wöchentliche Sprechstunden für Freiwillige einzurichten, in denen sie ihre Erfahrungen mitteilen und Rat erfragen können.

– Im Hinblick auf die Teilnehmenden der Deutschkurse sei es wichtig, sich stets vor Augen zu halten, dass es sich um eine besondere Gruppe handelt. Am bedeutsamsten sei es, Vertrauen aufzubauen. Dies wachse am ehesten, wenn die Schülerinnen und Schüler eine Bezugsperson haben, die regelmäßig da ist. Dies kann eine Lehrerin oder ein Lehrer als Teil eines Teams sein, die einmal wöchentlich da ist, auch wenn die anderen Freiwilligen sich abwechseln.

– Bei allem müssten sich Ehrenamtliche darüber im Klaren sein, dass die Bedürfnisse und Prioritäten von Flüchtlingen nicht immer den Deutschunterricht einschließen können. Frustration, Termine beim Sozialamt oder andere Verpflichtungen können verhindern, dass Flüchtlinge jedes Mal beim Unterricht erscheinen.

http://www.netzwerk-deutschkurse-fuer-alle.de/wer-wir-sind

Wer sich für das Netzwerk Deutschkurse für alle engagieren möchte, kann sich an folgende Adresse wenden: deutschkurse-jsh@neukoellnhilft.de

Foto: #otc15 (CC BY SA) / www.eventfotografie-klant.de

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Katharina Stökl

Katharina Stökl hat einen Bachelor in Sozialwissenschaften und Master in Migration Studies. Seit Oktober 2016 koordiniert die gebürtige Hamburgerin das Willkommensbüro InteraXion, das in Berlin Treptow-Köpenick Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung beim Ankommen im Bezirk unterstützt. In ihrer Masterarbeit hat sie Mitglieder des Zahnräder Netzwerks interviewt, um ihre Perspektive zu muslimischen Leben in Deutschland zu erfahren.

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