IDEENKANAL – das Open-Franchise-System

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Christof Brockhoff vom IDEENKANAL beim openTransfer CAMP in Frankfurt am 08.11.14

 

„Ideen gibt es genug, man muss sie nur kanalisieren und gezielt fördern“. Den Ideen Flügeln wachsen lassen, dieser Aufgabe haben sich die Gründer vom IDEENKANAL verschrieben. Dass diese Idee nun selbst Flügel bekommen hat, hat der IDEENKANAL neben dem guten Konzept auch der Wahl der Verbreitungsmethode zu verdanken, dem „Open Franchise“.

 

Der IDEENKANAL ist ein ganzheitlicher Prozess zur Förderung von Menschen mit Ideen,  zur Lösung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und/oder ökologischer Herausforderungen. Die Ideen müssen dabei nicht völlig ausgereift sein. Eine kurze Darstellung genügt. Denn, da sind sich die Gründer einig, „eine gute Idee passt auf einen Bierdeckel“. Damit eine Idee vom Kopf auf die Füße gestellt werden kann, bedarf es aber neben der Idee auch der Expertise erfahrener Mentoren und einer soliden Finanzierung, die die nachhaltige Umsetzung garantieren. Drei Erfolgsfaktoren (Idee–Expertise–Finanzierung), die durch den IDEENKANAL abgedeckt werden sollen.

Wie funktioniert der IDEENKANAL

In einer Mischung aus Online- und Offline-Events sollen sinnvolle Bürgerideen gebündelt werden und mithilfe eines Mentorennetzwerk und der Community nachhaltig umgesetzt werden. In einem ersten Schritt wird über die eingereichten Ideen online abgestimmt. Später werden die Ideen in einer Jury Sitzung ausgewählt und in einem Offline-Event Förderern und Mentoren vorgestellt. Kann eine Idee überzeugen, werden Ideengeber und Mentoren zusammengebracht und die Umsetzung später über Crowdfunding und Crowddonating durch der Community finanziert.

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Das Konzept ist 2010 von Christof Brockhoff und Stephan Schweiger in Liechtenstein entwickelt worden. Anfangs nur lokal umgesetzt, hat sich der IDEENKANAL inzwischen an fünf weitere Standorte länderübergreifend übertragen. Dabei handelt es sich neben Liechtenstein um Standorte in der Schweiz und in Österreich und, wer weiß, vielleicht auch bald in Deutschland. Als Methode der Verbreitung haben sich die beiden für eine Mischform aus offener Verbreitung und Social Franchise entschieden, sie nennen diese Verbreitungsform: „Open Franchise“.

Open Franchise – das etwas andere Social Franchise

Wie auch in klassischen Social-Franchise-Systemen kann man beim IDEENKANAL einen Franchise-Geber und einen Franchise-Nehmer ausmachen. Der Franchise-Geber ist Inhaber des Konzeptes und schützt sich durch den Eintrag der Marke vor potenziellem Missbrauch des Konzeptes. Er ist zuständig für die nötigen Schulungen zur Umsetzung des Konzeptes an anderen Standorten, die mediale Begleitung aller geförderten Ideen sowie sämtliche die Web-Plattform betreffende Aktivitäten (Inhalt, Einreich-Formular, Online-Voting, Crowdfunding).

Der Franchise-Nehmer wird verpflichtet, einem vorgegebenen Ablauf zu folgen. Dieser Rahmen stellt die Kern-Prozesse dar, die für die erfolgreiche Umsetzung des IDEENKANALs von Nöten sind. Im Konkreten bedeutet das, dass dem Online-Voting eine Jurysitzung und mehrere Offline-Events folgen müssen, in dem die ausgewählten Ideengeber vor Experten und dem Publikum ihren Plan vorstellen und diese anschliessend gemeinsam weiter ausarbeiten. Dazwischen muss Raum geschaffen werden für Vorbereitungsveranstaltung und Kennenlernrunden sowohl für Ideengeber als auch für Mentoren.

Auch bei der Finanzierung des Netzwerkes lassen sich klassische Merkmale des Social Franchise ausmachen. Franchise-Gebühren für die Übernahme des Konzeptes sind nicht vorgesehen. Das würde eine zu hohe Barriere darstellen und den Verbreitungsprozess deutlich verlangsamen. Damit sowohl Franchise-Nehmer als auch Franchise-Geber unbekümmert ihrem Tagesgeschäft nachgehen können bedarf es also einer anderen Finanzierungsstrategie. Der Franchisegeber aus Liechtenstein bedient sich da eines trisektoralen Finanzierungsmixes. Neben sektorenübergreifender Finanzierungen, mithilfe von Stiftungen, dem Land sowie Corporate Volunteering soll auch das Franchise-System an den Entwicklungskosten beteiligt werden. Beratungen und lokale Anpassungen werden direkt vom Franchise-Geber auf Stundenbasis abgerechnet, und ein gemeinsamer Entwicklungsfond fördert die ständige Weiterentwicklung des Systems. Die Franchise-Nehmer sind hingegen für die Finanzierung ihres IDEENKANALs selbst zuständig. Durch den Austausch innerhalb des Netzwerkes kann man sich dabei an Finanzierungsmodellen der anderen Standorte orientieren.

Der Unterschied zu klassischem Social Franchise

Soweit so Franchise. Aber was soll man sich nun unter dem Begriff „open Franchise“ vorstellen? Die Besonderheiten liegen hier im Detail. Das Spezielle an der Verbreitungsstrategie des IDEENKANALs ist, dass sowohl die Rechte als auch die Pflichten auf beiden Seiten recht offen angelegt sind. Rahmenbedingungen werden zwar vorgegeben, bei der inhaltlichen Ausgestaltung und lokalen Anpassung wird den jeweiligen Standorten jedoch freie Hand gelassen. So wird z.B. vorgegeben, dass nach dem Online-Voting eine Experten-Jury über die eingereichten Ideen entscheiden muss, wie der Kriterien-Katalog der Jury-Mitglieder jedoch im konkreten aussieht, ist dem Franchise-Nehmer frei überlassen.

Creative Commons als Kennzeichen des Open Franchise

Auch bei der Rolle des Franchise-Gebers sieht man Abweichungen von klassischen Social-Franchise-Systemen. Es gibt zwar einen Entwicklungsfond und auch den Auftrag des Franchise-Gebers, das System stetig weiterzuentwickeln und Materialien & Co. lokal anzupassen, jedoch sind auch hier Ausnahmen möglich. Der Franchise-Geber ermöglicht dem Franchise-Nehmer, die Materialen unter besonderen Bedingungen selbst anzupassen. Zudem stehen die gesamten Materialien, die in dem System entstehen, unter einer Creative Commons Lizenz (SA – NC – BY). Das bedeutet, dass alle Materialien unter denselben Lizenz-Bedingungen weitergegeben werden müssen. Die nicht-kommerzielle Nutzung sichert, dass diese offene Verbreitung der Materialien nicht ausgenutzt wird, und die Namensnennung dient der Nachvollziehbarkeit, wer das Material ursprünglich entwickelt hat. Das Ergebnis: ein dynamisches Netzwerk mit einer großen Anzahl neu entstehender von jedem zur Verwendung offen stehender Materialien.

Herausforderungen des Open Franchise

Eine solche offene Herangehensweise unter Bezugnahme relativ neuer noch teilweise wenig bekannter Instrumente führt jedoch auch zu neuen Herausforderungen. Gerade die in weiten Teilen noch unbekannten Creative Commons und ihre Verwendung haben dem System am Anfang Kopfschmerzen bereitet. Es war hier einiges an Kommunikationsleistung nötig, um die Akzeptanz unter den Franchise-Nehmern herzustellen.

Neben Creative Commons ist aber vor allem der hohe Aufwand, der in die Durchführung eines lokalen IDEENKANALS bedeutet, eine große Herausforderung für dessen Verbreitung. Franchise-Partner müssen mindestens mit 600 Arbeitsstunden rechnen, was die Kapazität vieler Organisationen und Verwaltungen überschreitet. Die daraus resultierenden Umsetzungen und die entstehenden Innovationen, die aus einer anfänglichen Idee entstehen, sprechen jedoch für das Gesamtkonzept. Darüber hinaus ist die Finanzierung der einzelnen Franchise-Nehmer eine Herausforderung. In Liechtenstein wird der IDEENKANAL von Privatperson getragen, welche sowohl die Politik, Unternehmen und Stiftungen einspannen. In Österreich erfolgt die Förderung hauptsächlich über die Regionen und Länder. An diesem Punkt stellte sich die Frage, ob das Modell auch ohne Träger der öffentlichen Verwaltung funktionieren würde. Eine klare Antwort konnte aufgrund des Erfahrungsmangels nicht gegeben werden. Vorstellen könne man sich das schon, nur würde es einiges an Schwierigkeiten mit sich bringen. Den Vorteil, den die Gründer in einer solchen Verbindung sehen, ist pragmatischer Natur. Die öffentliche Verwaltung verfügt über fixe Werbekontingente im staatlichen Fernsehen sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln, die genutzt werden können. Eine solche Werbekraft würden wirtschaftlichen Akteuren kaum finanzieren wollen.

Foto: Andi Weiland

Matthias Drabsch

Matthias Drabsch ist Vorstandsreferent bei der Stiftung Bürgermut und neben der Unterstützung des Vorstandes für die Betreuung der Weltbeweger Plattform zuständig. Nach seinem Studium in München zog es ihn nach Berlin und sehr bald auch zur Stiftung Bürgermut, bei der er ehrenamtlich begann und nun hauptamtlich das Team verstärkt. Der studierte Philsoph (M.A.) und Wirtschaftswissenschaftler (M.Sc.) kann so Theorie und Praxis vereinen und sich intensiv mit Fragen der Organisationsentwicklung und der Verwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente für die Ziele gemeinnütziger Organisationen beschäftigen. Telefon: 030-30881668 Mail: matthias.drabsch(at)buergermut.de

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