Sozial-räumliche Integration in Städten – Herausforderungen aus der Praxis

Dajana Davidovic, Innovationsplattform Zukunftsstadt, beim openTransfer CAMP #Ankommen am 14. Oktober 2017 in Düsseldorf

In der Session wurden Vorschläge und Ideen für erfolgreiche Projekte mit Geflüchteten im urbanen Raum gesammelt und von den Teilnehmenden diskutiert. Ziel war es, diese Inputs in die Arbeit der Innovationsplattform Zukunftsstadt (IPZ) einfließen zu lassen und die Forderungen der Initiativen vor Ort an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger weiterzuleiten.

Dajana Davidovic stellte zunächst die Innovationsplattform Zukunftsstadt (IPZ) vor, ein gemeinsames Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Kurz gefasst ist das Ziel der Plattform, gute Ideen schneller in den Alltag der Städte zu bringen. Projekte, die ihren Fokus auf Geflüchtete setzen, bilden dabei nur einen Teilbereich der Innovationsplattform Zukunftsstadt.
Viele Teilnehmende der Session wollten ihre Einschätzung teilen, dass mitunter verschiedene marginalisierte Gruppen gegeneinander ausgespielt würden. Durch den Fokus auf Geflüchtete hätten andere Gruppen das Gefühl bekommen, weniger Aufmerksamkeit zu erhalten – dies führte zu Konflikten. Daher ist es wichtig, den Integrationsbegriff weit zu fassen und bei Projekten und Förderlinien stets das gesamte Quartier oder die gesamte Region mit seinen und ihren ganz unterschiedlichen Gruppen im Blick zu behalten. Die Teilnehmenden waren sich auch einig, dass Geflüchtete spezielle Bedarfe haben, die nur sie betreffen, z.B. Sprachangebote.

Eine junge Frau spricht vor einer Gruppe Menschen.

Best Practices
Eine Teilnehmerin aus Wuppertal berichtet von einem „Unternehmungscafé“, das zwei Mal im Monat gemeinsame Aktivitäten organisiert. Dabei geht es in erster Linie darum, die Stadt aktiv kennenzulernen. Wanderungen, Sportangebote im öffentlichen Raum, Besuche von Galerien und eine aktive Facebookseite zur Ankündigung der Events funktionieren dort effektiver als starre „Begegnungscafés.“ Eine andere Teilnehmerin widersprach und meinte, dass Begegnungscafés besonders für Mütter mit kleineren Kinder ein wichtiges Angebot sind. Diese haben woanders oft das Gefühl, dass ihre Kinder jemanden stören.
Ein weiteres gut funktionierendes Beispiel ist der „sprachraum“ in Köln, der an die Stadtbibliothek angegliedert ist, aber von Ehrenamtlichen getragen wird. Er ist für jedermann offen und bietet PCs und Lernmaterialien, vor allem zur Sprachförderung, sowie regelmäßige Gesprächskreise zum Festigen der deutschen Sprache.
Außerdem wurde von einem „Waschcafé“ in der Nähe von Köln berichtet. Hier steht nicht so sehr das kostenlose Waschangebot im Vordergrund, sondern der Austausch, der beim Warten entsteht. Es braucht eben immer auch einen guten Grund, Orte zur Vernetzung aufzusuchen.

Problem: Viele Aufgaben auf den Schultern der Ehrenamtlichen
Ein zentraler Diskussionspunkt war die Einschätzung, dass das ehrenamtliche Engagement weiterhin viele Projekte stemme und sich nach der euphorischen Anfangsphase vielerorts Ernüchterung einstellt. Zur Verstetigung der Angebote sollten Anreize für die Freiwilligen geschaffen werden. Das Projekt „Zeitvorsorge“ bietet hier eine Lösung auf der Basis gegenseitiger Nachbarschaftshilfe. Auch könnte die Anerkennungskultur stärker gefördert werden. Hier verwiesen die Teilnehmenden darauf, dass es für Studierende oft die Möglichkeit gäbe, ECTS-Punkte für ein Engagement zu erhalten oder in vielen Kommunen Freiwillige mit der Ehrenamtskarte versorgt werden.
Letztendlich sind jene Projekte am erfolgreichsten – sowohl für Neuankommende oder Engagement-Interessierte –, die einen spannenden Ansatz und niedrigschwellige Angebote haben. Von Vorteil sind (bereits etablierte) Strukturen etwa von Vereinen sowie eine konsequente Vernetzung im Kiez. Das könne u.a. durch Stadtteilkonferenzen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik, mit Geflüchteten, Gewerbetreibenden und den unterschiedlichen Hilfsorganisationen sowie Vereinen passieren.

https://www.fona.de/de/innovationsplattform-zukunftsstadt-20752.html

Foto: Thilo Schmülgen / opentransfer.de

Johanna Voll

Johanna Voll studierte Interkulturelle Europa- und Amerikastudien in Halle (Saale) sowie Soziokulturelle Studien an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), wo sie mittlerweile als akademische Mitarbeiterin tätig ist. Zuvor hat sie u.a. in der Onlineredaktion vom BBE (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement) die Social Media-Kanäle betreut. An der Viadrina beschäftigt sie sich nun mit der Reorganisation von Erwerbsarbeit in der Wissensgsellschaft und untersucht das Phänomen Coworking und seine Räume. Besonders spannend findet sie auch die Schnittstellen von Social Media und Wissenschaft und versucht genau das den Studierenden zu vermitteln.

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